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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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Schultern hängen und setzte sich mit einem verhaltenen Seufzer an ihren kleinen Sekretär. Erneut nahm sie das Flugblatt aus dem Damenstift Säckingen in die Hand, das sie bei ihrer Rückkehr — statt eines erhofften Briefes von Gregor — in ihrem Korrespondenzfach vorgefunden hatte:
    AUFRUF
    zum ZUSAMMENSCHLUSS aller Stiftsdamen,
Konvente und deren Bediensteten GEGEN die drohende
AUFLÖSUNG DER STIFTE UND KLÖSTER.
    Kein weltlicher Fürst hat das Recht, unsere geistlichen
Besitztümer zu verschlingen!
Wir sind kein lebloser Ersatz für die erlittenen
Gebietsverluste am linken Rheinufer!
Wir haben den Krieg nicht geführt!
WEHRET EUCH!
Tretet gemeinsam vor die Reichsdeputation,
es geht um
EURE EXISTENZ!
Lasset euch nicht tatenlos eurer Stifte und Klöster,
eurer Heimat, eurer Zukunft —
ja, EURES DASEINS berauben!
Ihr seid auf eure Stifte angewiesen,
die Pfründen sind eure einzige Versorgung!
Die Klöster sind EUER LEBEN!
Nirgendwo sonst seid Ihr erwünscht,
nirgendwo sonst gibt es einen Platz für euch!
Eine UNGEWISSE ZUKUNFT liegt vor euch!
Verriegelt Türen und Tore,
tretet zusammen vor euren Schutzbefohlenen
und flehet um seine Hilfe!
TUET ETWAS, bevor man euch ETWAS ANTUT!!!

    Sie ließ das Blatt sinken. Gregor. Wenn er doch nur zurückkäme. Er würde sich um sie kümmern.
    Aurelia erschrak, als es plötzlich an ihrer Tür klopfte. Ihr Atem ging schneller. Waren ihre Gebete erhört worden? Sie raffte ihr rotseidenes Kleid und überprüfte den Sitz ihres Mieders. Mit klopfendem Herzen nahm sie auf dem Bettrand eine Position ein, die der einer Gräfin geziemte.
    »Herein?«
    Zögernd öffnete sich die Tür. Der Stiftskanzler erschien im Rahmen. »Sie ließen nach mir rufen, werte Gräfin von Hohenstein?«
    Aurelia sackte in sich zusammen, bemühte sich jedoch sofort wieder um Haltung. »Ja, treten Sie ein.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie auf der Fahrt nach München etwas … etwas über den Verbleib des Grafen von Herberstein erfahren haben. Er sagte, seine Truppe solle im Oberschwäbischen Feldschlachten führen. Gibt es irgendwelche Nachrichten?«
    Innerlich zitternd wartete sie auf eine Antwort, die sie vielleicht gar nicht hören wollte.
    »Es tut mir leid, werte Gräfin, mir ist bedauerlicherweise nichts zu Ohren gekommen. Aber er wird bestimmt zurückkehren, Sie müssen nur fleißig beten.«
    »Beten! Was soll denn das noch helfen?«, stieß Aurelia hervor und streckte ihm das Flugblatt entgegen. »Hier! Lesen Sie!«
    Von Moltzer trat an ihr Bett und nahm das Papier mit versteinerter Miene entgegen. »Ich kenne dieses Schreiben aus Säckingen und kann den Wahrheitsgehalt und die Ernsthaftigkeit dieses Aufrufes auch nicht leugnen. Unser
Stift ist tatsächlich in Gefahr, von der preußischen Königskrone als Entschädigung für die linksrheinischen Gebiets verluste annektiert zu werden. Ich habe geahnt, dass es soweit kommen würde! Und ich weiß nicht, was aus uns allen werden soll. In jedem Fall müssen Sie sich dringlichst um Ihre offizielle Aufnahme ins Stift bei der Fürstäbtissin bemühen, ohne diese können Sie nicht einmal eine Pension vom Königshaus erwarten, sollte uns diese gnädigst gewährt werden. Ihren Stammbaum haben Sie zur Überprüfung mitgebracht, wie ich sehe, damit wäre ein Teil der Voraussetzungen erfüllt, Sie sind katholischer Religion und führen einen sittlichen Lebenswandel ohne Fehl und Tadel, also steht dem Versprechen nichts mehr im Wege, dem Stift und der Fürstäbtissin zu Lebzeiten gänzlich zugetan zu sein.«
    »Aber es kommt keiner Aufnahme in ein Kloster gleich?«, versicherte sich Aurelia nicht zum ersten Mal. »Ich kann jederzeit austreten und heiraten?«
    Der Stiftskanzler nickte geduldig. »Gewiss. Sie dürfen weiter nach Ihren Gewohnheiten leben, Kleidung und Putz nach Ihrer Façon tragen und Besuch empfangen. Es ist Ihnen nur nicht gestattet, das Stift für Spaziergänge und dergleichen zu verlassen. Sollten Sie etwas aus der Stadt benötigen, so lassen Sie es mich wissen.« Er hielt inne. »Warum liegt überhaupt das Messer auf Ihrem Bett? Gräfin! Um Gottes willen! Kommen Sie, stehen Sie auf.« Er reichte ihr seine Hand und nahm das Messer an sich. Aurelia merkte, dass sie zu schnell aufgestanden war. In ihrem Kopf rauschte es, und sie musste sich an dem Stiftskanzler festhalten.
    »Ich werde bei der Fürstäbtissin für Ihre baldige Bemäntelung Fürsprache halten. Das wäre Ihre einzige Rettung.
Hoffen und beten wir,

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