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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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schiefen Lächeln. »Ich habe mich über sie informiert. Die Frau war ein halbes Jahr karenziert und in New York. Erst seit vorgestern ist sie wieder in Wien. Die muss sich wieder an die hiesigen Verhältnisse gewöhnen, bevor sie eine heiße Spur hat.«
    »Ein halbes Jahr in New York«, murmelte Schegula nachdenklich.
    »Offiziell zur Weiterbildung bei den amerikanischen Kollegen. Aber eben nicht nur. Es hat auch private Gründe gegeben.«
    »Woher weißt du das?«
    »Wer in der Politik überleben will, muss gut informiert sein«, sagte Stotz emotionslos. »Mit welchen Methoden auch immer. Meine Quellen sind zuverlässig. Lily Horn war aus verschmähter Liebe in New York. Um irgendeinem Mann nachzurennen, stell dir das einmal vor. Wenn eine Frau sowas macht, hat sie einen labilen Charakter.«
    »Immerhin hat sie es geschafft, den Irren zu schnappen, der damals …«
    »Ja, diesen Salusek. Aber im Wesentlichen war das nach einigen Tagen vorbei. Ab heute steht sie im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Und niemand wird sie schonen, denn vor dem Mörder haben alle Angst. Das wird über ihre Kräfte gehen.«
    »Bist du sicher?«, fragte Schegula mit skeptischem Unterton.
    »Die bisherigen Ermittlungsergebnisse sind äußerst dünn. Es gibt nichts Konkretes. Außer haufenweise Spekulationen in den Medien.«
    »Es heißt doch immer, dass Belonoz ein hervorragender Ermittler ist.«
    »Belonoz ist ein Genie. Aber er und seine Truppe tappen im Dunkeln. Wenn dann noch die hypersensible Frau Doktor Horn hinzukommt, wird das Chaos perfekt sein. Denn Belonoz ist ein schwieriger Typ. Eine Staatsanwältin mit Liebeskummer wird ihm verhasst sein. Und umgekehrt ist Belonoz bei Frauen nicht allzu beliebt, weil sie ihn für einen überheblichen Zyniker halten.«
    »Und du hoffst, dass Marina Lohner …«
    »Ich hoffe gar nichts«, stellte Stotz hämisch lächelnd fest. »Ich bin sicher . Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Polizei werden nur schleppend vorankommen. Und die Behauptung unserer lieben Freundin Marina, dass Wien eine sichere Stadt ist, wird zum Running Gag verkommen. Marinas Karriere wird versanden. Und damit auch ihr Plan, mich zu beerben. Dann ist der Weg frei für dich.«
    Nun täuschte Schegula Bescheidenheit vor, zugleich lächelte er geschmeichelt. »Berti, ich bin dir dankbar, dass du …«
    »Diese blöden Weiber können mir gestohlen bleiben«, unterbrach ihn Stotz mit wegwerfender Handbewegung. »Es ist in Ordnung, wenn sie irgendwelche untergeordnete Posten bekommen oder sich vor Journalisten mit ihren Einfällen wichtig machen können. Aber letztlich kommt es darauf an, wer wirklich die Macht hat. Wer an den Schalthebeln sitzt. Und eine Marina Lohner darf das ganz sicher nicht sein.«
    »Du machst also die Pressekonferenz und wirst …«
    »Aber selbstverständlich. Marina kann dann an ihren roten Fingernägeln knabbern.«
    Stotz grinste siegesgewiss. Doch über Schegulas Gesicht zog ein plötzlicher Schatten des Zweifels.
    »Was ist, wenn die Morde weitergehen?«, erkundigte er sich vorsichtig. »Und wenn eine schwache Staatsanwältin den Fall bearbeitet und es nur deshalb neue Opfer gibt …?«
    Stotz blieb ruhig und nickte verständnisvoll.
    »Weißt du, Michael, wir müssen uns mit der Realität auseinandersetzen«, sagte er. »Und es ist eine Tatsache, dass diese bedauerliche Mordserie für uns auch nützliche Aspekte hat. Letztlich wird sich weisen, dass es ohne uns Männer der Praxis nicht geht. Die Emanzen und Dilettantinnen sollen einpacken. Egal, ob es sich um eine Vizebürgermeisterin handelt oder um eine Staatsanwältin.«
    Der Bürgermeister erhob sich plötzlich. Beschwingt ging er zu einem Schrank hinter seinem Schreibtisch und entnahm ihm zwei Gläser.
    »So, mein lieber Michael, jetzt genehmigen wir uns einen«, sagte Stotz begeistert und fischte aus einer Schublade eine Flasche Wodka, die ihm vom Moskauer Bürgermeister geschenkt worden war. »Wir stoßen natürlich auf Marina an.«
    Die Aussicht, schon am Vormittag harten Alkohol trinken zu müssen, widerte Schegula an. Für Sekundenbruchteile verzog er angeekelt den Mund. Stotz bemerkte das nicht. Er war, sichtlich voller Vorfreude, mit dem Einschenken beschäftigt.
    *
    Die Sekretärin hatte den Kaffee serviert und den Raum wieder verlassen.
    »Also, Oliver, sag mir, was los ist. Welche Tipps kannst du mir geben? Ich will möglichst keine Zeit verlieren.«
    Lily Horn saß mit Oliver Seiler in dessen Büro. Papiere,

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