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Maedchenfaenger #4

Titel: Maedchenfaenger #4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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Unangemessen war noch untertrieben. Also biss er sich auf die Innenseite der Wangen, bis er Blut schmeckte. Es tat nicht sehr weh, aber er wusste, dass er sich das Lächeln jetzt erst recht verkneifen musste. Ein blutiges Vampirgrinsen würde bestimmt für Blicke und hochgezogene Brauen sorgen.
    Endlich bekam er Beachtung. Endlich stand er im Rampen­licht. Und es fühlte sich gut an, obwohl damit die Gefahr stieg, entdeckt zu werden, obwohl er nun offiziell aus der Gesell­schaft ausgegrenzt war. Doch er war zu lange allein mit seinen seltsamen Gedanken gewesen, hatte Dinge getan, die ihm selbst manchmal ... nicht richtig vorkamen. Der Entschluss, der Welt zu zeigen, wer er war und wozu er in der Lage war, war selt­sam befreiend. Und die Gefahr, die damit einherging - selbst hier, in dieser Bar mit all den Fremden, mit ihnen dem Bericht zu lauschen, dabei zu sein, wenn sie erfuhren, zu welchen Grau­samkeiten er imstande war ... es war, na ja, es war berauschend. Er war nicht schwul, aber er konnte sich vorstellen, dass sich das Outing gegebenenfalls ähnlich anfühlte. Zumindest der Entschluss dazu. Vor allem als, zum Beispiel, berühmter Baseballspieler oder Rockstar, der so eng in sein hübsches, maskulines, kommerzielles Korsett verpackt war, dass es ihm die Luft abschnürte - allein der Entschluss, dazu zu stehen, wer man wirklich war, ohne Rück­sicht auf die Konsequenzen, musste sich anfühlen ... wie eine Katharsis. Selbst wenn man am Ende doch nicht aus dem Schrank kam und hinaustrat in die neue tuntige rosa Welt - allein mit dem Entschluss warf man eine schwere Bürde ab.
    Der Barkeeper stellte ihm wortlos mehr Erdnüsse hin. Er liebte das Dave & Busters. Das Essen war gut, aber es war vor allem das Konzept, das ihm gefiel. Ein bunt gemischtes, familien­freundliches Großraumlokal mit angeschlossener Spielhalle, in der es Billardtische, Basketballkörbe, Baseballkäfige, Karaokegeräte und Sportsimulatoren gab. Egal welcher Spielautomat - von PacMan zu Ghost Squad -, hier fand man ihn. Und es gab nicht nur Kinderunterhaltung. In der Mitte befand sich eine bestens ausgestattete Bar mit allen möglichen lustigen Getränken wie dem Melontini und dem Snow Cone. Er ließ den Blick über die halbleere Bar schweifen. Die Mädchen, die blaue Cocktails mit Schirmchen und Ananasstücken schlürften. Sie wurden von ih­ren Dates mit Blue Curacao und Bacardi Limon abgefüllt, bevor sie sich auf dem Rücksitz im Auto vernaschen ließen, ohne zu merken, wie stark das süße blaue Zeug war, bis sie am nächsten Morgen ohne Höschen und mit dem T-Shirt linksrum aufwach­ten.
    Er entdeckte sie am anderen Ende der Skeeball-Bahnen, ge­nau wie sie sich in ihrem Blog angekündigt hatte. Lange neonrosa Locken umrahmten ihr blasses Gesicht, ansonsten war ihr Haar glatt und rabenschwarz. Groß und, wie seine Mutter höflich sa­gen würde, mit schweren Knochen - was ein Euphemismus für mollig war. Eine Amazone. Nicht seine übliche Zielgruppe, doch manchmal variierte er, damit die Sache interessant blieb. Er hatte eindeutig eine Schwäche für Blondinen, deshalb war jetzt wieder eine Brünette dran. Und auch wenn Shelley keine Wespentaille hatte, bot sie andere Vorzüge. Er würde sich eine ganze Reihe neuer Spielchen einfallen lassen, nur für sie. Mit Lainey konn­te sie es natürlich nicht aufnehmen, das stand fest. Aber Lainey war auch etwas Besonderes. Sie war anders, also musste er erst gar keine Vergleiche anstellen. Shelleys Ohrmuschel war vom Läppchen aufwärts von vielen kleinen Ringen durchbohrt; ihre Unterlippe war gepierct. Das Steißgeweih war quer durch den halben Raum zu sehen, ein leuchtend bunter Schmetterling über dem Hintern, der unter dem T-Shirt und in der zu engen Jeans verschwand. Alles an Shelley schrie: «Beachte mich!», und genau das tat er. Seine Hand zitterte, und er verschüttete Whiskey auf seinen Daumen. Mit einem Blick auf die Uhr leckte er ihn ab. Ein bisschen verspätet, aber immerhin war sie gekommen. Genau wie sie es angekündigt hatte.
    Sie sah genauso aus wie auf ihrem Profilfoto. Was nicht son­derlich überraschend war - mit sechzehn oder siebzehn hatte man noch nicht viel zu verbergen, keine raue Vergangenheit, die verzweifelt vertuscht werden musste. Deswegen stand er so auf dieses Alter: Es war so überaus ehrlich. Wenn sie älter war, würde Shelley Longo vermutlich vor ihren Piercings und Tätowierungen und ihrem Ruf, den sie sich wahrscheinlich zu Recht erwerben würde,

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