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Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )

Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )

Titel: Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Wagner
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mich ja wirklich nicht in alles Mögliche einmischen,    aber du musst verstehen, dass ich mir Sorgen mache, wenn du auf einmal so verändert bist.“
    Meine Mutter hatte sich beruhigt und saß rauchend und trinkend im Wohnzimmer.
    Für einen Moment dachte ich, meine Mutter wäre zur Alkoholikerin geworden.
    Wer trinkt schon nachmittags Whisky? Aber da kam es mir wieder: Ich hatte den halben Tag verschlafen und es war schon halb neun.
    „Ist alles o.k., glaub mir. Aber ich muss mal wegen etwas anderem mit dir sprechen.“
    Sie nickte.
    „Tust du mir den einen Gefallen und lässt Lara nie wieder hier rein, ohne dass ich das will.“
    „Ja, wenn die auf den Stufen sitzt und du ihr Klingeln nicht hörst, weil du schläfst ...“
    „Trotzdem, ich kann sie im Moment nicht um mich gebrauchen, kapier das einfach.“ Ich konnte ihr doch wirklich nicht mehr sagen.
    „Kann es sein, dass du in einer depressiven Phase bist?“
    Ich konnte meiner Mutter die Fragen, für die ich anderen die Fresse poliert hätte, einfach nicht übel nehmen.
    „Nein, nicht wirklich. Also pass auf, wenn ich sie gleich rausschmeiße, kommt sie nur wieder rein, wenn ich ausdrücklich darum bitte, o.k.?
    „Sieh an, jetzt braucht selbst die eigene Freundin eine Audienz beim gnädigen Herrn.“
    Ironie ist bei meiner Mutter immer ein gutes Zeichen. Dann hat sie das Wesentliche verstanden.
       
     
    „Lara, bitte geh jetzt!“ Dieses Mal hatte ich keine Lust, sie so sanft wie möglich loszuwerden.
    „Geh einfach, vielleicht erklär` ich dir das mal, aber jetzt kann ich das nicht. Also, hau ab!“
    Sie nahm ihre Jacke und wandte sich zum Gehen. Ich ging bis zur Tür mit, denn das hatte ich immer gemacht.
    „Bis morgen“, waren ihre Abschiedsworte.
    „Ja, tschüss.“
       
     
    „Geh doch ein bisschen freundlicher mit den Leuten um, die dir was bedeuten. Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus. Das weißt du doch.“
    Ich bedankte mich bei meiner Mutter für den Ratschlag und verschwand auf mein Zimmer.
       
     
    Wie nach meinem konfusen Traum, in dem ich Henning geküsst hatte, saß ich wieder völlig plan- und orientierungslos vor dem PC.
    Ich surfte auf verschiedenen Internetseiten rum und schließlich fand ich eine Seite, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie jemals in meinem Leben in Anspruch nehmen würde.
    Es war die Seite einer Kummerkasten-Tante.
    Ich nahm mir ein wenig Zeit und blätterte die veröffentlichten Briefe und Antworten durch. Ich stand alleine da. Bisher war noch niemand da, der unsterblich verliebt war und zugleich ein dickes Fragezeichen hinter seine sexuelle Orientierung setzen musste.
    Allerdings amüsierte ich mich über Zwölfjährige, die völlig unbegründet Angst haben, von ihrem Stiefvater vergewaltigt zu werden, über Zwanzigjährige, die ihre pädophile Ader entdeckt haben und sich entsprechend schämen, Eltern, die Sorge haben, ihr Sohn würde zum Alkoholiker werden und über frühreife Zehnjährige, die detaillierte Anwendungstipps für Kondome forderten.
    All diese großen Probleme und kleinen Problemchen hatte die Kummerkasten-Tante brav beantwortet.
    Ich kopierte mir ihre E-Mail-Adresse, öffnete meinen Free-Mail-Account, fing an zu schreiben, löschte das Geschriebene wieder, fing von vorne an, löschte, schrieb, löschte, schrieb, dachte nach, löschte und schrieb wieder.
       
     
    „Willst du was essen, ich mach nachher 'ne Scheibe Brot“, rief meine fürsorgliche Mutter aus der Küche zu mir hinauf.
    „Ich komm gleich.“
    Mein Brief an die Kummerkasten-Tante Frau Dr. Hürtel sah im Ergebnis so aus:
    Liebe Frau Dr. Hürtel,
    ich finde es super, wie Sie den Leuten, die Ihnen geschrieben haben, mit ihren Ratschlägen zu helfen versuchen. Ich hoffe, Sie haben auch für mein - äußerst seltenes - Problem Tipps auf Lager.
    Seit ein paar Tagen kenne ich einen Jungen von unserer Schule. Er ist zwei Klassen unter mir und wir haben uns mittlerweile angefreundet. Das Blöde ist, dass ich mich in ihn verliebt habe. Ich habe noch nie in meinem Leben daran gedacht, schwul zu sein. Dieser Gedanke war für mich immer so absurd, wie kein anderer.
    Ich habe noch eine Freundin und als wir ein Paar wurden, habe ich sie wirklich geliebt.
    Aber irgendwann gab es irgendetwas, was mir fehlte.
    Dann hab ich mich in diesen Jungen verliebt. Dass es so ist, ist mir klar, aber wo das herkommt, weiß ich nicht.
    Wissen Sie, was es für Gründe dafür geben kann, dass ein Junge, der sich

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