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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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Erröten.
    »Also das ist dein leuchtendes Ziel?« versetzte Nora langsam und gedankenvoll, »Meine Erna, möchtest du dein Glück darin finden! ich muß gestehen, dein Wunsch erschreckt mich fast.«
    »Warum das? O Nora, kann es etwas Höheres, Beglückenderes geben, als das, was unsere Seele mächtig bewegt, ausströmen zu lassen, die Gedanken und Bilder, die uns vorschweben, in eine schöne Form zu bringen, andere dadurch zu bilden und zu erheben, ihre Herzen für alles Große und Edle zu begeistern?«
    »Es ist in der That eine herrliche Aufgabe, aber es gehört viel dazu, nicht nur Talent und Studium, sondern auch eine reiche Erfahrung, und ich fürchte, es wachsen auf diesem Wege neben den duftenden Rosen auch scharfe Dornen, die unsäglich verwunden können. – Hast du über diese Pläne schon mit andern gesprochen?«
    »Mit Mama natürlich, vor ihr habe ich überhaupt kein Geheimnis, sonst bist du die erste und einzige, die davon erfährt.«
    »Deiner Freundin sagst du nichts davon?«
    »Meiner Freundin? ich habe keine, außer dir.«
    »Ich dachte, du hättest dich mit der Tochter des Pfarrers befreundet.«
    »Ach, die gute Marie«, sagte Erna etwas reuevoll, »nein, mit der spreche ich nie über solche Dinge, die würde auch kein Verständnis dafür haben.«
    »Wovon sprecht ihr denn?«
    »Von unsern kleinen Erlebnissen; sie erzählt mir viel von ihrem Leben, ihrer Sonntagsschule oder auch von ihrer wirtschaftlichen Thätigkeit.«
    »Ein tüchtiges, verständiges Mädchen, wie mir scheint; ich wünschte, du könntest mir auch recht viel von solchen Dingen berichten.«
    »Du giebst dir den Anschein, beste Nora, als ob du ›solche Dinge‹ hoch über alle geistigen Interessen und Bestrebungen stelltest; aber auch du mußt zugeben, daß es etwas Höheres ist, ein Buch zu schreiben, als zu nähen oder zu kochen.«
    »Ich wollte, ich könnte ein Gesetz geben, daß keine Frau ein Buch schreiben dürfte, die nicht nachweisen kann, daß sie einen Strumpf zu stricken und eine gute Suppe zu kochen versteht«, versetzte Nora halb scherzend. »Doch horch, da kommt dein Papa nach Hause; laß uns eilen, ihn zu begrüßen!«
    Das angeregte Thema wurde nicht wieder aufgenommen, doch klang es in Nora noch lange nach und ließ sie abends nicht zur Ruhe kommen. Sie hatte Erna vor zehn Jahren mit zärtlicher Liebe in ihr Herz geschlossen und war mit warmer Teilnahme ihrer Entwickelung gefolgt. Kein Jahr war vergangen, in dem sie nicht einige Wochen mit ihr zusammen verlebt hätte, wenn sie als lieber, hochgeschätzter Gast imWestheimschen Hause einkehrte. Diesmal war eine längere Pause eingetreten, welche aber durch einen lebhaften Briefwechsel ausgefüllt wurde; dennoch überraschte sie die Wendung, welche Ernas Neigungen genommen hatten. Mit Freude, ja mit Stolz hatte sie die reichen geistigen Anlagen des Kindes sich entfalten sehen, aber heute konnte sie sich nicht freuen; heute fühlte sie den Wunsch in sich aufsteigen, ihre junge Freundin möchte alltäglicher geartet sein, möchte nicht so hochfliegende Pläne in sich tragen, sondern mehr Sinn für das wirkliche Leben zeigen und sich an dem gewöhnlichen Mädchenlose genügen lassen. Würde sie glücklich werden auf ihrem selbsterwählten Wege? –
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    Frau v. Westheim hatte, als sich die Notwendigkeit einer Badereise für sie herausstellte, den dringenden Wunsch gehabt, Erna möchte diese Zeit auf dem Lande zubringen, und Nora hatte zu diesem Zwecke das ihr verwandte Haus eines Herrn Klingemann vorgeschlagen, in welchem man öfter junge Mädchen, die sich erholen oder mit der Wirtschaft bekannt machen sollten, in Pension nahm. Es traf sich gut, daß Nora sich gerade jetzt von ihrem Elternhause losmachen und Erna bei ihren Verwandten einführen konnte, welche einige Meilen von M. auf einem schön gelegenen Gute wohnten. In der Frühe des nächsten Morgens stand der Wagen vor der Thür, der beide an ihren Bestimmungsortführen sollte. Erna nahm einen wehmütigen Abschied von ihrem Vater und erklärte, es käme ihr vor, als sollte sie nach Sibirien verbannt werden; der einzige Trost läge in der Person des Transporteurs. »Wenn ich nicht mehrere Dienstreisen vorhätte«, meinte Herr v. Westheim, »so hätte ich dich gern zu Hause behalten, mein Töchterchen, obgleich ich fürchte, ich hätte unter deiner Wirtschaftsführung zuweilen nur ein schönes Gedicht oder einen geistvollen Artikel zu Mittag erhalten.«
    Der Morgen war so köstlich und taufrisch, die Lerchen

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