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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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Maus« und dergleichen; doch fühlte ich mich bald ermüdet und zog mich auf ein halb verstecktes Plätzchen hinter einem blühenden Dornbusch zurück, von wo aus ich das bunte Treiben übersehen konnte.
    »Sie lieben es nicht, sich unter eine so lebhafte Menge zu mischen, gnädiges Fräulein?« sagte plötzlich eine Stimme neben mir – es war Herr v. Rothenburg.
    »Ich liebe es, dem wilden Lauf der Welt, wie von dem Ufer ruhig zuzusehen,« erwiderte ich unwillkürlich.
    »Das habe ich gleich bemerkt, daß Sie einen Zug der Prinzessin Leonore in sich tragen. Ich kann es immer in Ihren Augen lesen, wie etwas Sie berührt, diese Sterne reden eine sehr verständliche Sprache.«
    Ich fühlte, daß ich errötete, und ärgerte mich darüber. »Wenn Sie dieselbe nur nicht mißverstanden hätten! Jetzt eben z. B. steht darin geschrieben, daß es viel tapferer wäre, dort unten den Dritten abzuschlagen, als hier vor der Zeit auf Ihren Lorbeeren zu ruhen.«
    »Seien Sie doch nicht so grausam, gnädiges Fräulein«, sagte er bittend und machte es sich noch behaglicher auf seinem grünen Sitz, »dies Plätzchen ist wirklich zu schön, um es wieder aufzugeben.«
    »Ja,« versetzte ich, »ich bin auch täglich aufs neue von der Lieblichkeit der Gegend überrascht und entzückt.«
    »Sie ist mir bisher noch gar nicht so anziehend erschienen, ich messe die Schönheit einer Umgebung am liebsten an dem Wiederschein, den sie auf ein empfängliches Auge, ein anmutiges Antlitz wirft.«
    »Dann müssen Sie in Fräulein Rosas sonnigem Gesicht schon lange ein reizendes Spiegelbild gefunden haben.«
    »Ach, der ewige Sonnenschein ermüdet; ich liebe einen Himmel, der mit Wolken umzogen ist, aus denen in einzelnen Augenblicken die Sonne um so siegender hervorbricht.«
    Schilt mich nicht thöricht, liebe Mama, weil ich diese Unterhaltung so sorgfältig aufzeichne, sie soll Dir nurein Pröbchen von Herren v. Rothenburgs Art und Weise geben. Natürlich spricht er in dieser Manier zu allen jungen Mädchen und sieht sie mit eben solchen Blicken aus seinen schönen ernsten Augen an; das erklärt den Zauber, den er allgemein ausüben soll. Für den Augenblick klingt es sehr schmeichelhaft, aber es ist nichts dahinter, und ich will mich nicht so leicht durch ein paar Schmeicheleien fangen lassen, wie die andern.
    Inzwischen hatte sich die Gesellschaft auf der Wiese in einzelne Gruppen aufgelöst, die Knaben trieben Turnkünste, die kleinen Mädchen spielten Reifen, die Erwachsenen lustwandelten und kehrten allmählich zum Plateau zurück. Ich nahm meinen Platz neben Bruno ein, dessen Augen noch größer und lebendiger zu sein schienen, als sonst, und plauderte vergnügt mit ihm und Dr. Kron, der mein sehr guter Freund ist. Er beschäftigt sich viel mit polnischer Sprache und Litteratur und hat mir schon manchmal recht Interessantes davon erzählt. Jetzt klagte er, daß ihm jede poetische Ader versagt wäre, er würde sonst gern einige polnische Gesänge und Balladen, die viel Eigenartiges hätten, in deutsche Verse übersetzen. Ich bot ihm meine Hilfe an, er möge mir nur eine genaue Übersetzung liefern, ich wollte dann versuchen, sie in eine poetische Form zu gießen. Er nahm es mit Freuden an, und ich bin recht begierig, ob es mir gelingen wird.
    Die mächtigen Körbe hatten sich von neuem geöffnet – es ist erstaunlich, wieviel man auf einer Landpartie zu seines Lebens Nahrung gebraucht – und nachdem sichalle erfrischt hatten, wurde der Wunsch nach Gesang laut. Die musikalischen Kräfte waren zahlreich vertreten; Quartette und zweistimmige Lieder, Chorgesänge und einzelne Stimmen ertönten und klangen wunderlieblich durch die reine balsamische Luft, während das Echo von den gegenüberliegenden Hügeln leise, leise nachhallte. Wir wurden nicht müde, zu singen und zu lauschen, bis Herr Klingemann energisch zum Aufbruch mahnte. Auf der Rückfahrt waren wir viel ruhiger, als auf dem Hinweg, aber mir war innerlich so recht froh und befriedigt zu Mute. Nach dem Abendessen ging ich noch lange mit Nora im Garten spazieren; der Mond warf zauberische Lichter über die Wege, tief unten am Mühlenteich schlug eine Nachtigall ihre elegischen Weisen. Ich hatte viel zu erzählen, manches zu beichten, und Noras eingehendes Verständnis, ihre milde Art, die so fern von jeder Weichlichkeit ist, bildete einen harmonischen Schlußaccord zu diesem schönen, inhaltreichen Tage, der neben aller Heiterkeit mir so manche Lehre ans Herz gelegt hat, die ich

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