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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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Frau Neßler verhältnismäßig gut geht.«
    »Wer ist Frau Neßler?«
    »Die Frau, die Sie mit so edler Aufopferung gerettet haben! sie bleibt bei uns im Hause bis zu ihrer Genesung. Ob der Mann schon von seinem Unglück unterrichtet ist?«
    »Ich weiß nicht.«
    »O, ich dachte, Sie würden sich für die Leute interessieren, für die Sie so Großes gethan haben.«
    »Ich habe nur Herrn Klingemanns Auftrag erfüllt, bei dem Feuer an seiner Stelle nach dem Rechten zu sehen.«
    Es lag eine so herbe Abwehr in seinem Ton, daß ich Rose, die schon wieder den Mund öffnete, energisch am Ärmel zupfte. Sie sah mich mit komischer Verzweiflung an, gedachte ihres Versprechens und schwieg.
    In der Stadt angekommen, verabredeten wir mit unserm Begleiter, uns nach zwei Stunden an einer bestimmten Stelle zu treffen. Wir eilten an unsere Besorgungen, und wieder mußte ich Rose bewundern, die alles so umsichtig einzurichten wußte, an alles dachte und für geringes Geld ganze Berge von Sachen einkaufte. Als wir an den Platz unsres Rendezvous kamen, war Rothenburg noch nicht da; Rose beschloß daher, noch einige vergessene Kleinigkeiten zu holen; ich wartete dort, damit man uns nicht vergebens suche. Nach einigen Minuten kam unser Kavalier, der ganz verändert aussah; offenbar hatte er Haare und Bart stark verkürzen lassen, auch trug er einen andern, weniger verschattenden Hut. Ich bat ihn, die Verzögerung zu entschuldigen, Rose müsse gleich kommen.
    »Ich fürchte, gnädiges Fräulein, Sie haben oft sehr unter Fräulein Grunds Zungenfertigkeit zu leiden,« sagte er, »Sie sind so viel mit ihr zusammen.«
    »Sie verkennen meine Freundin, Herr v. Rothenburg,« sagte ich ernst, »sie hat ein so liebes, warmes Herz, daß man ihr niemals böse sein kann. Ich begreife, daß es Ihnen widerstrebt, von den gestrigen Erlebnissen zu sprechen, aber wenn Rose danach fragte, geschah es sicher nicht aus bloßer Neugierde, sondern aus aufrichtiger, herzlicher Teilnahme für alles Gute und Edle.«
    »Aber warum zeigt sie diese Teilnahme nicht lieber durch ein beredtes Schweigen, wie – andere Leute? es ist so viel wohlthuender.«
    »Sie können nicht verlangen, daß wir alle nach einerSchablone handeln sollen; sie ist eben eine lebhafte Natur, und das Herz fließt ihr über.«
    »Wie schön Sie zu verteidigen wissen, gnädiges Fräulein, Sie haben mich beinahe überzeugt.«
    »Nur beinah? das ist sehr wenig – doch da kommt Rose.«
    Seitdem ist Herr v. Rothenburg viel zugänglicher, als früher; schon auf der Rückfahrt zeigte er sich recht liebenswürdig und erzählte sogar einiges vom Feuer. Rose benahm sich aber sehr zart dabei und hielt ihre Bewunderung zurück, so daß wir in bestem Einvernehmen zu Haus ankamen.
    Nun begann eine große Thätigkeit; mit Fräulein Lietzners Hilfe schnitten wir Wäsche, zwei Kleider und einige Schürzen zu und gingen mit Eifer an die Arbeit. Nur die Nähmaschine baten wir uns aus, jede weitere Hilfe wurde abgelehnt, wir wollten ganz selbständig für Lieschen sorgen. Ich allein hätte freilich keinen Rat gewußt, aber unter Rosens Anleitung fördere ich allmählich ganz brauchbare Dinge zu Tage. Rose hat Lieschen ganz unter ihre Obhut genommen, das Kind schläft bei ihr und sitzt wohl dabei, während wir nähen, und wir haben bei unserer Arbeit oft lange Unterhaltungen mit ihr. Für ihre sechs Jahre ist sie in vielen Stücken merkwürdig klug, doch hat sie noch nichts gelernt, und ich will sie in die ersten Anfänge des Lesens und Schreibens einführen. Rose wird sie nähen und stricken lehren, damit sie von ihren »Müttern« einen bleibenden Nutzen empfängt.
    Heute trat ich um 6 Uhr in Rosens Zimmer – Dusiehst, wir machen frühen Tag, – Lieschen schlief noch, sie selbst aber saß schon mit der Arbeit am offenen Fenster.
    »Ich habe einen Gedanken, Erna«, sagte sie, als wir uns fleißig nähend gegenüber saßen; da unser erstes Kompaniegeschäft so gut ausfällt, wollen wir noch ein zweites unternehmen. Du hast offenbar sehr viel gelernt, ich leider ziemlich wenig, kannst du mir nicht von deiner Gelehrsamkeit etwas abgeben?«
    Ich war ganz entzückt von dieser Idee, und wir verabredeten, die Stunden zwischen Mittag und Vesper dem gemeinsamen Studium zu widmen. O liebe Mama, wie glücklich würde ich sein, wenn ich Rose dadurch wesentlich nützen könnte! Es wäre der erste Anfang einer wirklichen Leistung, nicht wahr?
    Den 27. Juni.
    Gestern, am Sonntag, kleideten wir unser Kind in seine neuen Sachen

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