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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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Frau gemeinsam in einer Dusche stehen, muss ich enttäuschen. Erstens behielt mein Peiniger die ganze Zeit seine Kleidung an. (Nebenbei registrierte ich, dass es nicht mehr dieselben Sachen waren wie in der Nacht zuvor, also jene, die er sich im Hohen Venn verdreckt hatte, sondern frische Jeans, ein frisches Poloshirt und eine frische Jeansjacke.) Und zweitens hatte mein Peiniger an den erotischen Phantasien, denen sich die meisten normalen Menschen hingeben, keinerlei Interesse. Ein Mädchen, das sich die Haare wäscht, erregte ihn nicht mehr als ein alter Autoreifen.
    Zum Problem wurde die Frage, was ich anziehen sollte. Meine eigenen Kleider schieden - zumindest ungewaschen - aus. Zum Scherz hielt mir mein Peiniger eine seiner Radlerhosen hin. Kaum hatte ich mich jedoch in dieses obszöne Stück - dessen hosenträgerartiges Oberteil definitiv nicht für den weiblichen Körper gemacht war - hineingezwängt, herrschte er mich an, dass ich es sofort wieder ausziehen solle. Ich kann nicht sagen, was ihn so plötzlich wütend gemacht hat. Vielleicht hatte ihn mein Anblick an jene Zeiten erinnert, in denen er noch in diesen Hosen trainiert hatte, vielleicht fand er, dass ich sie entweihte. Ich jedenfalls war froh, aus dieser Plastikpelle schnell wieder herauszukommen. (Es ist mir ein Rätsel, wie Männer so etwas freiwillig tragen können. Mich erinnerte das Polster zwischen den Beinen an den Anfang meiner Pubertät, als meine »feministische« Mutter mich in den grellsten Tönen davor gewarnt hatte, Tampons zu benutzen, vor allem nachts, und mir deshalb eine Packung extradicke Binden ins Bad gestellt hatte.)
    Einen Moment befürchtete ich, mein Peiniger würde einen richtigen Wutanfall bekommen und mich bestrafen - zumal ich ihn zu seiner Sporttasche gehen sah. Umso erleichterter war ich festzustellen, dass er lediglich eine Jeans und ein T-Shirt herausholte. Die Sachen waren mir natürlich zu groß, und Unterwäsche für mich gab es auch keine, dennoch fühlte ich mich beinahe wohl , als ich frisch geduscht und mit sauberen Kleidern im Wohnwagen saß.
    Wobei ich an dieser Stelle keine falsche Romantik aufkommen lassen möchte. Bei Lichte besehen war dieser » Comfortcaravan « - als wir den Campingplatz verließen, entdeckte ich, dass der Betreiber die Blechcontainer als solche anpries -, bei Lichte besehen war dieser » Comfortcaravan « nichts als eine Schrottbude. Die Vorhänge, die rundherum zugezogen waren, sahen aus, als ob sie nie gewaschen worden wären. (Als ich die toten Fliegen bemerkte, die darin hingen, wandte ich den Blick schnell ab.) Auf dem Boden lag eine Art Kunststoffflickenteppich, die Kochnische, in der ein Plastiksieb, der Spaghettitopf und die fast leere Ketchupflasche standen, schaute ich mir lieber nicht genauer an, vom Bettgestell blätterte der Lack, und auf der Matratze war ein Steppschlafsack mit kindischem Bärenmuster ausgebreitet.
    Verstohlen betrachtete ich meinen Peiniger, wie er in seinem hellblauen Poloshirt mir gegenüber am Sperrholztisch saß und abermals in seiner Sporttasche wühlte, und verstand nicht, wie ein Mann, der offenbar so großen Wert auf sein Äußeres legte, in derartigen Löchern hausen konnte. Doch selbst wenn ich mich getraut hätte, diese Frage zu stellen, wäre sie mir irgendwo zwischen Kehlkopf und Zungenwurzel stecken geblieben. Denn plötzlich hatte er eine Pistole in der Hand.

Die Drohung
    Was ist verwerflicher: Einen Menschen zu töten? Oder nicht zu verhindern, dass ein Mensch getötet wird, obwohl es in der eigenen Macht stünde?
    Sicher haben Sie von dem Schulmassaker in Erfurt gehört. (Und wie mir meine Mutter heute Morgen am Handy erzählt hat, hat es vor wenigen Tagen schon wieder eins gegeben, diesmal in Emsdetten - aber ich schaue ja kein Fernsehen mehr.) Immer wieder ist darüber spekuliert worden, ob Robert Steinhäuser einen Mitwisser hatte. Ich frage Sie nun: Hat sich dieser Mitwisser - so es ihn denn gibt - nicht ebenso schuldig gemacht wie Robert Steinhäuser selbst? Hat er im Grunde nicht noch verwerflicher gehandelt als dieser, wenn er nicht alles versucht hat, um seinen Kumpel davon abzubringen, sechzehn unschuldige Menschen zu erschießen? Robert Steinhäuser selbst war wenigstens bereit, für seineTat zu sterben. Wohingegen der Mitwisser wahrscheinlich noch immer in irgendeinem Zimmer in Erfurt oder sonst wo an seinem Computer hockt, Half-Life spielt und Erdnussflips in sich hineinstopft. (Im letzten Jahr hatten wir über das Thema

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