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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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kann ihn nirgends entdecken. Vielleicht ist er zu Hause geblieben, weil er nicht mit anschauen wollte, wie sein Kunstwerk vernichtet wird. (» Fauve « bedeutet übrigens »Raubtier«, so dass sich der Spruch am besten als »Raubtier der Liebe, Wahrheit im Schwert« übersetzen lässt. Was uns der Künstler damit sagen will, muss ich Ihrer eigenen Imagination überlassen.))
    Hinter den Reitern kommen Männer in die Arena gestapft, die aussehen wie Kölner, wenn sie im Karneval als »Knecht« gehen, und hinter diesen wiederum kommen Männer, die aussehen wie Düsseldorfer, wenn sie sich als »Torero« verkleiden. (Nein, das ist unfair. Ich glaube nicht, dass es einen einzigen Düsseldorfer gibt, der so dünn ist, dass er in eins der bunten Glitzerkostüme passen würde, die dort unten hereinstolzieren.)
    Das rothaarige Püppchen, das nie zuvor einen Stierkampf gesehen hat - seine Eltern waren vor vielen Jahren just hier in Arles bei einem gewesen, aber damals hat es sich noch weigern dürfen mitzugehen und war die ganze Zeit auf dem Parkplatz geblieben -, das rothaarige Püppchen also fragt das Jeansjackenpüppchen, warum es so viele Toreros sind, es würde doch nicht etwa jeder einen Stier töten. Das Jeansjackenpüppchen lacht das rothaarige Püppchen aus und erklärt ihm, dass es drei Teams seien, die sich dort unten auf sechs Kämpfe vorbereiten. Auch wenn sie zum Aufwärmen jetzt alle die gleichen pink leuchtenden Umhänge durch den Sand zögen und alle nahezu gleich prächtige Trikots trügen, gäbe es unter ihnen nur drei Matadore, hätten somit nur drei von ihnen das Recht, am Schluss dem Stier ganz allein gegenüberzutreten, um ihn mit rotem Tuch und Degen zu töten.
    Jetzt bitte ich Sie, sich gut an meinem Stamm festzuhalten, denn schon kommt der erste Stier in die Arena gedonnert. Es ist ein gewaltiges schwarzes Tier. Einen Moment schaut er sich um - offensichtlich kann er nicht begreifen, wohin er geraten ist -, dann senkt er die Hörner und rennt mit voller Kraft gegen eine der ochsenblutrot gestrichenen Holzverkleidungen. (Die Farbe ist tatsächlich »Ochsenblut«. »Stierblut« ist - zumindest in frischem Zustand - heller und röter, wie Sie gleich selbst feststellen werden.)
    Vier Holzverkleidungen gibt es, und hinter jeder hat sich ein Torero verschanzt. Das Spiel gleicht dem, was Sie an jedem Wochenende in jeder beliebigen Teenagerdisco beobachten können: Gestalten in glitzernden Hosen, engen Bolerojacken, flamingofarbenen Seidenstrümpfen und dunklen Ballerinaschühchen locken mit aufreizenden Gesten ein schwerfälliges, deutlich testosterongesteuertes Wesen an, und wenn das Wesen zum Angriff übergeht, bringen sie sich kreischend und lachend in Sicherheit. Natürlich lachen und kreischen die Toreros dort unten nicht, schließlich sind sie keine Mädchen. Doch der Vorgang ist prinzipiell derselbe.
    (Sollte sich der eine oder andere » Aficionado « in meine Baumkrone verirrt haben, mag er sich gern an den Abstieg machen.)
    Der Stier dürfte mittlerweile eine Gehirnerschütterung haben, so oft ist er sinnlos gegen die Balustraden gerannt, deshalb werden die Toreros jetzt etwas mutiger und trauen sich weiter hinaus. Einer trumpft besonders auf, es ist ein Junge in schneeweißem Kostüm, er kann nicht älter als achtzehn sein, und dennoch scheint er bereits Matador zu sein. Er wirbelt Tuch und Stier um sich herum, als spiele er im Sandkasten. Plötzlich ertönen Fanfaren, zwei Männer kommen in die Arena geritten, aber es sind nicht die vom Anfang mit ihren wippenden Federhüten, sondern diese hier sehen aus wie Don Quijote und Sancho Pansa. Der Stier ist verwirrt, es scheint, als ob er weiter dem Tuch folgen wollte, doch dann senkt er die Hörner, stürmt los und verbohrt sich in einem der Pferde. Der Reiter versucht, den Stier abzuwehren, indem er ihm seine Lanze in den Nacken sticht, doch der Stier lässt sich nicht abschütteln, es gelingt ihm, Pferd und Reiter gegen die Balustraden zu drücken, und das Publikum beginnt zu pfeifen.
    (Sie dürfen sich aussuchen, wem Sie in diesem Kampf die Daumen drücken. Falls Sie es von hier oben nicht erkennen, darf ich Ihnen zur Beruhigung mitteilen, dass das Pferd dicke Matten um Bauch und Flanken gebunden hat und auch seine Augen verbunden sind. (Wobei ich zu bedenken gebe, dass Blindheit in dieser Situation kein Geschenk sein muss.))
    Endlich ertönt die nächste Fanfare, drei Toreros braucht es, um den Stier mit lauten Rufen und zuckendem Pink vom Pferd

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