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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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bald wieder vollständig zu sich! Heute Morgen, als sie mich in der Küche mit ihren verschleierten Augen angeschaut hat, wäre ich am liebsten aus dem Fenster gesprungen, so schuldig habe ich mich gefühlt. Aber dann habe ich ihr erklärt, dass ich gestern keine andere Wahl gehabt hatte, und da hat sie mich angelächelt und meine Hand geleckt. Sie ist der klügste, beste Hund der Welt.
     
     
    Je länger ich darüber nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass die Geschichte mit dem Radfahrer ein schlechtes Omen gewesen ist.
    Tu nicht so, als ob Du nicht genau wüsstest, wovon ich spreche. Es geht um jenen schwarz gekleideten Radler, der auf dem Col von Luchon nach Spanien hinüber so plötzlich vor uns aus den Wolken aufgetaucht ist, den Du von der Straße gedrängt hast und der tief in eine Schlucht gestürzt sein muss. Ich kann einfach nicht glauben, dass es ein Unfall gewesen sein soll. Und weißt Du auch, warum nicht? Weil ich schon am Vortag, bei unserer Fahrt über die vielen Pyrenäenpässe ein paarmal befürchtet hatte, Du würdest einen der keuchenden Hobbyradler umfahren. Und weil mir der schlimme Streit, den wir an jenem Montagmorgen im Auto hatten, noch in den Ohren klingt.
    Natürlich konntest Du nichts dafür, dass den französischen Zeitungen der » double meurtre brutal et obscène en Camargue « mehr Zeilen wert gewesen ist als der fünfte Jahrestag der Anschläge vom 11. September. Aber Deine Bemerkung, dass man gar nicht in zwei »blöde Türme« fliegen müsse, um auf die Titelseiten zu kommen, hättest Du Dir sparen können. Und Du hättest mir auch keinen Vortrag darüber halten müssen, dass ich mir meinen »Mitleidsscheiß« sparen solle, weil die Terroristen in den Flugzeugen zwar sicher »Arschlöcher« gewesen seien, aber immerhin »Arschlöcher mit einem Ziel im Leben«, während die dreitausend »Büroheinis und Tippsen« vollkommen überflüssige Existenzen gewesen seien, für die sich alles nur darum gedreht hätte, dass sie und ihre »fetten Bälger« genug »zum Fressen« bekommen hätten.
    Wie hätte ich an dieser Stelle schweigen sollen? Schließlich werde ich jenen Tag, an dem ich bis spät in die Nacht vor dem Fernseher gesessen und das erste Mal in meinem Leben stundenlang geheult habe, nie vergessen.
    Ich musste Dich einfach daran erinnern, dass auch Du unausstehlich wurdest, wenn Du nur drei Stunden nichts zu essen bekamst, und ich finde es nach wie vor ungerecht, dass Du mich daraufhin angebrüllt hast, ich solle den Mund halten, weil ich Abifotze nicht die geringste Ahnung hätte, was körperliche Auszehrung, was Schmerz wirklich bedeute.
    Keine Angst, ich fange den Streit nicht noch einmal an. Ich will nur wissen: Bist Du wenigstens jetzt bereit zuzugeben, dass Du nicht aus Versehen, sondern mit voller Absicht aufs Gaspedal getreten bist, als jener schwarze Rücken vor uns aus den Wolken auftauchte?

Lieber David!
    Es tut mir leid, dass ich Dich vorhin so angeschnauzt habe. Aber die Sorge um Tinka bringt mich völlig aus dem Gleichgewicht. (Sie liegt noch immer in der Küche und will nicht einmal fressen.)
    Außerdem hatte diese Geschichte vom Col du Portillon noch ein unheimliches Nachspiel. Gleich wirst Du begreifen, warum mich jener Radfahrer so beschäftigt, obwohl er ja wahrlich weder der erste Tote auf unserer Reise gewesen ist, noch derjenige, der am grausamsten zu Tode gekommen wäre.
    Irgendwann Anfang Dezember bin ich mit Tinka spazieren gewesen, es war schon spät, ein bisschen neblig war es auch, und viele Leute waren nicht mehr unterwegs, als plötzlich ein von Kopf bis Fuß schwarz gekleideter Fahrradkurier aus einer Seitenstraße angeschossen kam. Tinka war direkt neben mir, sie hatte keinerlei Anstalten gemacht, ihm in den Weg zu springen, trotzdem hat er uns mit einer Wut angebrüllt, wie ich sie bislang selbst auf den Berliner Straßen nicht erlebt hatte. Bevor ich verstehen konnte, was er brüllte, war er auch schon hinter der nächsten Ecke verschwunden. Ich habe nur noch gesehen, wie er eine schwarz behandschuhte Hand vom Lenker nahm, zur Faust ballte und in unsere Richtung schüttelte. Das alles hat mich so verwirrt und erschreckt, dass ich minutenlang gezittert habe und unfähig war, einen einzigen Schritt weiter zu gehen. Ich hatte das Gesicht unter dem schwarzen Helm nicht erkennen können - so wie ich das Gesicht jenes französischen oder spanischen Radfahrers nicht hatte erkennen können -, und je länger ich auf dem kalten Gehweg stand und

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