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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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wird: Der 2. 9., der Tag, an dem wir uns begegnet sind. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie ich in jenen Sekunden gelitten habe, in denen ich auf den weißen Kugelblitz starrte, in denen ich hörte, wie das Ratt-ratt-ratt , das selbst das Blutstampfen in meinen Ohren übertönte, langsamer wurde - ratt--ratt---ratt - in denen ich die Fingernägel in meine Handflächen bohren musste, weil ich nicht mehr hingucken konnte - ratt----ratt-----ratt - in denen mir die Bilder vom Mittag durch den Kopf schossen - ratt------ratt-------ratt - das weiße Fleisch, das rote Blut, das lila Blümchen - ratt--------ratt---------ratt - in denen ich wusste, dass es um viel mehr ging als um Geld - ratt- ---------ratt-----------ratt - in denen die konkrete Wahrscheinlichkeit bei 1:36, oder sogar nur 1:37 lag, wenn man die verdammte Null mitrechnete - ratt------------ratt----- --------ratt - in denen Statistik aber plötzlich keine Rolle mehr spielte, weil ich wusste, dass Du, dass ich, dass wir gewonnen hatten, noch bevor der Croupier » Venteneuf « ausgesprochen hatte.
    Ich muss nur über den Rand meines Laptops hinweg Dein Foto betrachten, um wieder vor mir zu sehen, wie Du in Luchon aufgesprungen bist, wie Deine Arme in die Höhe geschnellt sind, Dein Kopf in den Nacken gefallen ist und Deine Augen sich geschlossen haben und wie dummmäulig die anderen Spieler Dich angestarrt haben, düpiert vom schönsten Jubelsieger der Welt. Und als Du Dich nach mir umgedreht und mich so fest an Dich gedrückt hast, dass ich beinahe wie beim Sturz aus der Dusche keine Luft mehr bekommen hätte, da begannen die Kronleuchter sich zu drehen, und die bunten Fenster, die mir bislang überhaupt nicht aufgefallen waren, explodierten in tausend Farben.
     
     
    Mir will einfach nicht mehr einfallen, wie viel Geld Du in jener Nacht tatsächlich gewonnen hast. Waren es sechstausend Euro? Siebentausend? Mein Gedächtnisloch ist umso merkwürdiger, als ich mich sehr wohl erinnern kann, dass Du die exakte Summe, von der ich nur noch weiß, dass sie einigermaßen krumm war, immer und immer wieder gerufen hast: Im Casino, als Du mich zum Champagner eingeladen hast (der mir zum ersten Mal geschmeckt hat) und ich Dich daran hindern musste, Dein Glas aus Übermut in eine der bunten Scheiben zu schleudern. Im nächtlichen Kurpark, durch den wir Arm in Arm zu unserem Hotel zurückgegangen, ach was: zurückgetorkelt, -gehüpft, -gerannt sind und Du beinahe noch die Statue mit den beiden kleinen Teufeln umgetreten hättest. Und auch in unserem Zimmer, in dem wir uns aufs Bett fallen gelassen und die Bettfedern gequält haben, hast Du jene Zahl gerufen …
     
     
    Ich kann nicht fassen, dass Du wirklich getan hast, was dann passiert ist. (Wenn sie unsere Geschichte verfilmen, will ich, dass sie diese Szene ganz genau, Bild für Bild, erzählen.) Du springst plötzlich auf und verschwindest im Bad. Ich höre es plätschern. Dann: ein lautes » Fuck «. Ich springe ebenfalls auf, um zu schauen, was passiert ist. Im selben Moment: ein schrecklicher Knall. Ich stoße die klapprige Tür zum Bad auf. Da stehst Du. Einen Schritt vor der Kloschüssel. Die Pistole in Deiner Hand raucht noch. (Im Film müsste man es zumindest so machen.) Ich denke: Eine Ratte! Im Klo ist eine Ratte hochgekommen, und Du hast auf sie geschossen! Ich entdecke das kleine, runde Loch in der Rückwand der Kloschüssel, die Patronenhülse liegt unter dem Waschbecken, die Kugel muss im Boden oder in der Wand stecken, von ihr ist nichts zu sehen. Allerdings ist auch von der Ratte nichts zu sehen.
    Keine Ahnung, wie man im Film erzählen kann, dass ich eine Ratte erwartet habe, dann aber gar keine Ratte da ist. Mich irgendeinen billigen Text à la: »Eine Ratte! Oh, mein Gott! War da eine Ratte?!« rufen zu lassen kommt jedenfalls nicht in Frage, denn ich kann mich deutlich erinnern, dass ich es geschafft habe, ruhig zu fragen: »Was war das?« - und Du geantwortet hast: » C.E.C. Montvert. «
    An dieser Stelle darf der Regisseur gern mein ratloses Gesicht in Großaufnahme zeigen. Und wenn er dann den kleinen grünen Schriftzug » C.E.C. Montvert « auf dem weißen Klokeramikrand eingeblendet hat - zu sehen, weil die Klobrille samt Deckel hochgeklappt ist -, dann darf er gern zeigen, wie mein Gesicht noch ratloser wird.
    Vielleicht gibt es irgendwelche Schnellmerker, die gleich kapieren, was los ist. Ich habe den Zusammenhang erst durchschaut, als Du gemurmelt hast: »Fünf Jahre. Fünf Jahre bin ich für

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