Maenner fuers Leben
Gehtnichtmehr?»
«Das meine ich auch nicht mit ‹intensiv›.» Ich bemühte mich, dem Wort «intensiv» eine nüchterne, leidenschaftslose Bedeutung zu geben. Was natürlich nicht geht. Genauso gut könnte man versuchen, dem Wort «Trauer» einen freudigen Unterton zu geben oder das Wort «Verdammnis» hoffnungsvoll auszusprechen.
Ich zerbrach mir noch ein paar Sekunden den Kopf und sagte schließlich lahm: «Ich meinte nicht ‹intensiv› … Ich nehm’s zurück … Es war keine gute Wortwahl.»
Das war es wirklich nicht. Es war eine schlechte Wortwahl. Aber nur, weil es stimmte: Was Leo und ich zusammen erlebt hatten, war tatsächlich intensiv gewesen. Fast jeder gemeinsame Augenblick war es gewesen, angefangen mit jener ersten Nacht in meinem dunklen Hotelzimmer, als wir im Schneidersitz auf meinem Bett gesessen hatten, unsere Knie sich berührten und er meine Hände hielt, während wir miteinander sprachen, bis die Sonne aufging.
«Zu spät», sagte Andy und schüttelte augenzwinkernd den Kopf. «Zurücknehmen gilt nicht. Gesagt ist gesagt, Dempsey.»
Und es war wirklich zu spät.
Zum Glück war Andy nicht der Mann, der auf ein totes Pferd einprügelte, und deshalb wurde Leos Name nur noch selten erwähnt. Aber lange Zeit warf Andy mir, sobald jemand das Wort «intensiv» benutzte, einen wissenden Blick zu oder machte eine sarkastische Bemerkung über meinen «ach so leidenschaftlichen» Ex-Freund.
Jetzt fühle ich mich einem solchen Verhör nicht gewachsen, weder im Scherz noch anders. Außerdem, sage ich mir, während ich meine Jacke ausziehe und an den wackligen Garderobenständer hänge, würde ich im umgekehrten Fall auch lieber gar nichts über eine Zufallsbegegnung mit Lucy wissen wollen – mit seiner liebsten Ex-Freundin, mit der er ewig zusammen war und die jetzt an einer versnobten Privatschule in Atlanta die dritte Klasse unterrichtet. Margot hat gesagt, Lucy sei so klug und bodenständig, wie man es sich nur denken kann, und sah trotzdem aus wie ein Body Double für Selma Hayek. Das ist ein wörtliches Zitat, auf das ich gut verzichten könnte.
Angesichts dieser Logik beschließe ich ein für alle Mal, dass es im besten Interesse aller Beteiligten ist, wenn ich dies mein unbedeutendes kleines Geheimnis sein lasse. Ich setze mich neben Andy auf die Couch und lege eine Hand auf sein Bein. «Wieso bist du eigentlich so früh zu Hause?», frage ich.
«Weil du mir gefehlt hast.» Er lächelt.
«Ach, komm.» Ich bin hin und her gerissen. Seine Antwort gefällt mir, aber ich hoffe beinahe, dass diesmal doch mehr dahintersteckt. «Du bist noch nie so früh nach Hause gekommen.»
«Du hast mir wirklich gefehlt», sagt er und lacht. «Aber mein Fall ist auch abgeschlossen.»
«Wahnsinn», sage ich. Ich weiß, wie sehr ihm vor den noch längeren Überstunden gegraut hat, die mit einem ausgewachsenen Prozess verbunden sind. Davor hat mir ja auch gegraut.
«Ja. Eine ziemliche Erleichterung. In Zukunft werde ich schlafen dürfen … Na, jedenfalls – ich dachte, wir könnten uns umziehen und essen gehen. Irgendwo, wo es nett ist. Hast du Lust?»
Ich werfe einen Blick zum Fenster. «Vielleicht ein bisschen später … Im Augenblick gießt es draußen … Ich glaube, ich würde lieber noch ein Weilchen zu Hause bleiben.» Mit einem verführerischen Lächeln streife ich die Stiefel ab, schiebe mich auf seinen Schoß und schaue ihn an. Dann beuge ich mich vor und drücke einen Kuss auf sein Kinn und noch einen auf seinen Hals.
Andy schließt lächelnd die Augen und flüstert verwundert: «Was um Himmels willen …?»
Von seinen liebenswerten Wendungen ist das eine meiner liebsten, aber in diesem Augenblick lässt sie eine sorgenvolle Saite in meinem Herzen klingen. Rechtfertigt die Tatsache, dass ich hier ein Vorspiel einleite, wirklich die Frage «Was um Himmels willen …?»? Sind wir nicht gelegentlich spontan, wenn es um Sex geht? Meine Gedanken überschlagen sich, um ein paar kürzlich erlebte, saftige Beispiele zutage zu fördern, aber zu meiner Enttäuschung fällt mir nicht ein, wann wir das letzte Mal woanders als vor dem Einschlafen im Bett Sex miteinander hatten. Ich sage mir beruhigend, das sei völlig normal für ein Ehepaar – selbst für ein glückliches Ehepaar. Andy und ich schwingen uns vielleicht nicht von Kronleuchter zu Kronleuchter und toben hemmungslos durch jedes einzelne Zimmer, aber man muss es doch auch nicht mir nichts, dir nichts auf jedem Küchentisch und
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