Maenner fuers Leben
deine Wohnung, macht er dir die Steuererklärung oder so was?»
«Nein.»
«Kurz gefragt: Hast du überhaupt noch Kontakt mit deinen Verflossenen?»
Es ist klar, dass ich darauf antworten muss, aber ich sage nichts. Dieser Zufall verblüfft mich, und ich hoffe, irgendjemand wird einspringen und mich retten. Aber ich habe kein Glück. Alle schweigen. Ich sehe Andy an.
«Was ist?», fragt er. «Sieh mich nicht an. Du weißt, ich bin nicht mit irgendwelchen Mädels befreundet, schon gar nicht mit Verflossenen.»
«Lucy hat dir vor ein paar Jahren eine Weihnachtskarte geschickt.» Ich spüre den vertrauten Stich der leisen Eifersucht bei dem Gedanken an die süße, tolle Lucy.
«Mit einem Foto von ihrem Kind », sagt Andy. «Das kann man kaum als Anmache bezeichnen … Außerdem habe ich ihr nie eine Weihnachtskarte geschickt.»
«Ja, weil du überhaupt keine verschickt hast, bevor wir verheiratet waren.» Ich stehe auf und helfe Margot beim Abräumen.
Andy zuckt die Achseln. Als Anwalt erkennt er ein irrelevantes Argument, wenn er eins hört. «Entscheidend ist, ich habe keinen Kontakt zu ihr. Punkt.»
«Und ich habe keinen Kontakt zu meinen Verflossenen. Punkt», sagt Webb.
Andy sieht mich erwartungsvoll an.
«Ich auch nicht», sage ich zu meiner Schande.
Nicht mehr .
«Seid ihr jetzt bald drüber weg?», fragt Margot und wischt die Krümel von Webbs Platzdecke in die offene Hand. Dann sieht sie sich am Tisch um. «Und wenn wir schon dabei sind – wie wär’s, wenn ihr auch über eure Verflossenen wegkommen könntet?»
An diesem Nachmittag denke ich nicht an Leos Nachricht. Margot und ich stöbern in einer Boutique namens «Kangaroo Pouch» nach geschlechtsneutraler Babykleidung, geraten über die exquisiten und unglaublich kleinen Sachen immer wieder in Verzückung und entscheiden uns schließlich für ein weißes Strickhemdchen und eine dazu passende Kuscheldecke, in der das Baby nach Hause gebracht werden soll. Dazu kommen ein halbes Dutzend Strampelanzüge aus feiner Baumwolle und ein Sortiment von handbestickten Schühchen, Mützen und Strümpfen. Ich spüre, wie mein Nesttrieb sich bemerkbar macht, und zum ersten Mal wünsche ich mir wirklich , ich wäre auch schwanger. Natürlich weiß ich, dass dieser Kinderwunsch, während man mit seiner besten Freundin die Ausstattung für ihr erstes Kind kauft, ungefähr so normal ist wie das Verlangen, auch zu heiraten, wenn man zusieht, wie sie ihr Vera-Wang-Brautkleid anprobiert und sich vor dem Garderobenspiegel dreht. Und ich weiß, dass die Mutterschaft jede Menge weniger süße und unterhaltsame Begleiterscheinungen mit sich bringt. Trotzdem, als wir dann «nur zum Spaß» an ein paar Häusern vorbeischlendern, die zu verkaufen sind, denke ich unwillkürlich, dass es doch schön wäre, nach Atlanta zu ziehen, in Margots Nachbarschaft zu wohnen und zu sehen, wie unsere Kinder – als beste Freunde und Verwandte zugleich – zusammen aufwachsen, in einer schönen, glücklichen Welt mit weißen Kamelien und süßem Tee.
Aber als Margot und ich uns zum Abendessen umziehen, kehrt der Gedanke an Leo mit voller Wucht zurück, und mein Handy brennt mir ein Loch in die Handtasche. Ich bin gefährlich nah daran, Margot alles zu erzählen. Aber sie ist nicht nur meine beste Freundin, sondern auch Andys Schwester. Und außerdem konnte sie Leo nicht ausstehen. Dieses Gespräch würde niemals gutgehen.
Stattdessen komme ich noch einmal auf das Thema «Freundschaft mit einem Ex» zurück, um zumindest theoretisch über das moralische Dilemma zu sprechen.
«Sag mal», fange ich an, als ich den Taillenreißverschluss an meinem anthrazitfarbenen Bleistiftkleid hochziehe, «Webb macht sich doch nicht wirklich Sorgen wegen Ty, oder?»
Margot lacht und macht eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. «Natürlich nicht. Webb fühlt sich so sicher wie niemand sonst, den ich kenne, und einen bedeutungslosen Highschool-Schwarm empfindet er ganz bestimmt nicht als Bedrohung.»
«Ja.» Ich frage mich, ob Andy sich durch Leo bedroht fühlen würde – und, was noch entscheidender ist, ob er es sollte .
Sie hält zwei Stücke aus ihrem Kleiderschrank hoch, ein schwarzes Jersey-Kleid und eine lavendelblaue Häkeljacke mit mandarinfarbenem Kragen. «Was meinst du?», fragt sie.
Ich zögere und zeige dann auf die Jacke. «Aber mal angenommen, du hättest Brad als Gärtner engagiert.»
«Brad Turner ?», fragt sie, als könnte ich einen anderen Brad meinen als den
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