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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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eigenen Wunden zu lecken und die Vorhaltungen ihrer Ehefrauen über sich ergehen zu lassen. Und so musste ich allein sehen, wie ich zurechtkam.
    Zum Dank für die Plackerei bekam ich von Erika und Friedhelm auch noch vorwurfsvolle Blicke zugeworfen, als ich den reichlich lädierten Daniel daheim über die Schwelle hievte. Dabei war ich ganz bestimmt nicht für seinen Zustand verantwortlich – obwohl ich nun wirklich allen Grund gehabt hätte, ihm eins zu verpassen!
    Als Erika und Friedhelm endlich abgerauscht waren, verfrachtete ich meinen Schwager in voller Montur auf sein Bett. Nach dem, was heute Abend passiert war, würde ich eher an einer Hochspannungsleitung als an seinem Hosenknopf herumfummeln.
    »Kommt Niiiina ... kommt Nina zu mir zurück, und alles wird wieder gut?«, lallte Daniel.
    Sah ich so aus, als ob ich hellsehen konnte? Offenbar war mein Schwager so betrunken, dass er mich mit dem Orakel von Delphi verwechselte.
    »Ich weiß es nicht«, gab ich ehrlich zu, aber da war Daniel bereits eingeschlafen.

Kapitel 17

    Am nächsten Morgen saß ich mit den Kindern schon am Frühstückstisch, als Daniel die Treppe heruntergeschlurft kam. Ich nahm an, dass er wach war, denn zumindest ein Auge hatte er geöffnet. Das andere, das geschlossen war, wies eine interessante bräunlich violette Färbung auf. Der Rest seines Gesichtes war aschfahl. Fast konnte er einem leidtun, auch wenn Mitgefühl ganz sicher das Letzte war, was er nach dem vergangenen Abend verdient hatte. Ich stellte eine Tasse Kaffee vor ihn auf den Tisch.
    »Danke«, murmelte er und griff, ohne richtig hinzusehen, nach dem Milchkrug, erwischte aber stattdessen die Karaffe mit Orangensaft.
    Bevor ich Daniel auf seinen Irrtum aufmerksam machen konnte, hatte er den Saft bereits in seinen Kaffee geschüttet und einen tiefen Schluck aus der Tasse genommen. Mit einer Geschwindigkeit, die ich ihm in seiner angeschlagenen Verfassung gar nicht zugetraut hätte, sprintete er in Richtung Toilette, dicht gefolgt von seinen Söhnen, die ihm offenbar Beistand leisten wollten.
    Als die vier nach ein paar Minuten immer noch nicht zurück waren, beschloss ich, lieber mal nach dem Rechten zu sehen. Daniel hing über der Toilettenschüssel, und Christopher, Finn und Lukas standen wie die Orgelpfeifen vor der offenen Badezimmertür. Sie freuten sich diebisch.
    »Papa brüllt wie ein Löwe«, gluckste Christopher vergnügt.
    Nun ja, jeder hat eine andere Art, sein Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen, vielleicht wollen sie ihren Vater bloß aufmuntern, dachte ich, nicht ohne ein bisschen Schadenfreude. Außerdem hatte Christopher die Geräusche, die in der Toilettenschüssel widerhallten, wirklich ziemlich treffend beschrieben ...
    Nachdem ich die Jungs verscheucht hatte, beschloss ich, Daniel erst einmal in Ruhe zu lassen. Außer ziemlich unappetitlichen Dingen war zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohnehin nichts Vernünftiges aus ihm herauszubekommen. Es würde Stunden dauern, bis er wieder ansprechbar war.
    In der Zwischenzeit konnte ich mich ebenso gut um eine andere Baustelle kümmern. Ich versuchte Jan anzurufen, doch entweder er war nicht zu Hause oder er ging nicht ans Telefon. Sogar sein Anrufbeantworter schwieg verärgert. Aber vielleicht war es ohnehin besser, die Sache von Angesicht zu Angesicht zu klären. Und so schnappte ich mir Ernie und die Jungs und machte mit ihnen einen kleinen Spaziergang. Als wir Jans Haus erreichten, drückte ich energisch den Klingelknopf. Aber nichts passierte.
    »Klingel doch noch mal. Vielleicht hat Jan dich nicht gehört«, riet mir Lukas mit wichtiger Miene.
    Aber auch nach dem zweiten und dritten Läuten rührte sich nichts. Ich rüttelte am Gartentor, das fest verschlossen war. Falls Jan dachte, dass er mich so leicht loswürde, hatte er sich aber geschnitten.
    »Na schön, du hast es ja nicht anders gewollt«, murmelte ich und stellte seufzend meinen Rucksack neben dem Gartentor ab. »Kinder, kommt ihr einen Moment ohne mich klar? Ich bin gleich wieder da.« Ich schickte mich an, über den Zaun zu klettern, als Christopher mir von hinten auf die Schulter tippte.
    »Aber, Lulu, hast du nicht gesagt, dass man nicht einfach bei anderen Leuten über den Zaun klettern darf?«
    Hey, das war unfair! Wenn ich den Jungs sonst etwas verbot, ging es ohne zeitraubende Zwischenstopps im Gehirn zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Warum hatte Christopher sich ausgerechnet das gemerkt?
    »Ganz genau. So ist es. Natürlich darfst

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