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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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du bei Frau Maier nicht einfach über den Gartenzaun steigen, um deinen Fußball zurückzuholen. Aber das hier ist etwas anderes«, hörte ich mich selbst zu meinem grenzenlosen Erstaunen sagen. Ich war gespannt, was mir sonst noch dazu einfiel. »Schau, das Fenster steht sperrangelweit offen, obwohl Jan allem Anschein nach nicht zu Hause ist. Vielleicht hat er vergessen, es zu schließen. Vielleicht hat er sich aber auch verletzt. Es ist also unsere Pflicht, nach dem Rechten zu sehen. Nicht dass sich womöglich Einbrecher unbefugten Zutritt verschafft haben.«
    Die Jungs konnten tatsächlich noch was von mir lernen – und wenn es nur das Erfinden guter Ausreden war.
    »Und was ist damit?« Christopher zeigte auf ein Schild, das am Gartenzaun befestigt war. »Betreten auf eigene Gefahr! Hier wache ich«, las er laut vor. Daneben war ein Dobermann abgebildet, der wie die Zahnarztfrauen im Werbefernsehen stolz seine strahlend weißen Zähne zur Schau stellte. Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können ... Ein Schild mit der Aufschrift »Vorsicht! Atomares Sperrgebiet« hätte nicht abschreckender wirken können. Allerdings hatte ich auf den gemeinsamen Spaziergängen, bei denen Jans Hunde meistens mit von der Partie gewesen waren, nach und nach festgestellt, dass Buddys furchteinflößende Fassade täuschte. In Wirklichkeit war der Dobermann so gefährlich wie ein schlafendes Meerschweinchen. Er würde keiner Fliege was zuleide tun.
    Beherzt schwang ich mich über den Gartenzaun und lief quer über den Rasen, vorbei an einem kleinen Teich und einem Beet mit Rosen, auf das geöffnete Fenster zu. Ich stellte mich auf Zehenspitzen und spähte hinein. Doch das Einzige, was ich sehen konnte, war eine Reihe weißer Küchenschränke.
    »Jan?«, rief ich, und dann noch mal etwas lauter: »Jan!«
    Keine Antwort. Meine Güte, ich konnte ja verstehen, dass er aufgrund des gestrigen Missverständnisses angefressen war, aber war das ein Grund, sich gleich tot zu stellen? Auch wenn er mich nicht gerade mit offenen Armen empfing, was ich an seiner Stelle sicherlich auch nicht getan hätte, musste er mir doch zumindest die Gelegenheit geben, mit ihm zu reden. So machte man das unter zivilisierten Erwachsenen, oder etwa nicht?
    »Jaaaan!«, rief ich zunehmend ärgerlich.
    Immer noch nichts. Na schön, auch wenn er es mir nicht gerade einfach machte, so schnell würde ich nicht aufgeben. Als ich gerade um das Haus herumgehen wollte, um nach einer offenen Terrassentür oder Ähnlichem Ausschau zu halten, hörte ich im hinteren Teil des Gartens ein lautes Kläffen. Hatte ich’s doch gewusst! Die Hunde waren da, dann konnte auch Jan nicht weit sein. So wie andere Leute nie ohne ihre Brille oder ihren Spazierstock das Haus verließen, hatte Jan meistens sein munteres Dreigestirn dabei. Obwohl ich vorgewarnt war, zuckte ich zusammen, als Buddy mit Volldampf um die Ecke gefegt kam.
    Doch anstatt mich freudig zu begrüßen, wie er es bei unseren letzten Begegnungen getan hatte, stieß der Dobermann ein kehliges Knurren aus. Das klang so gar nicht nach einem schlafenden Meerschweinchen – und auch nicht nach einer freundlichen Sympathiebekundung.
    »Hey, Buddy«, versuchte ich ihn mit zittriger Stimme zu beschwichtigen. »Erkennst du mich denn nicht? Ich bin’s, Louisa.«
    Aber selbst wenn ich der Heilige Geist persönlich gewesen wäre, hätte das Buddy vermutlich herzlich wenig interessiert. Drohend kam er einen Schritt näher. Ein Déjà-vu-Erlebnis, und ganz bestimmt kein schönes! Meine Knie waren plötzlich weich wie Gummi.
    »Schon gut, schon gut, ich hab verstanden. Du möchtest, dass ich gehe.«
    Mit klopfendem Herzen legte ich den Rückwärtsgang ein. Wie bei einer sorgfältig einstudierten Choreographie machte Buddy einen Schritt nach vorne und ich einen nach hinten. So arbeiteten wir uns langsam in Richtung Gartenzaun vor. Die letzten zwei Meter legte ich sprintend zurück und rettete mich gerade noch mit letzter Kraft über den Gartenzaun.
    »Und die Einbrecher?« Hörte ich da so etwas wie Häme in Christophers Stimme?
    »Ich glaube, darüber müssen wir uns keine Sorgen machen«, japste ich und rang verzweifelt nach Atem. »Das erledigt Buddy schon.«
    Bei unserer Rückkehr fanden wir Daniel auf dem Wohnzimmersofa vor. Zwar sah er immer noch aus wie ein Zombie, aber zumindest stank er nicht mehr, als hätte er sich in einer Bierlache gewälzt. Was so ein bisschen Zahnpasta, Wasser und Seife doch bewirken konnten.

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