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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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genagt. Dann hatte sich die Sache ohnehin erledigt.
    Als wir zur vereinbarten Uhrzeit am Restaurant ankamen, wartete die Maklerin – eine sympathische, gut gekleidete Frau um die fünfzig – bereits auf uns. Während sie den Schlüssel etwas umständlich ins Schloss steckte, klopfte mein Herz vor Aufregung bis zum Hals. Jette ging es offenbar ähnlich, denn als wir aufgefordert wurden einzutreten, griff sie nach meiner Hand und drückte sie so fest, dass ich zusammenzuckte.
    Der erste Eindruck war ziemlich düster. Was aber keineswegs an dem allgemeinen Zustand des Restaurants, sondern lediglich an den schmutzigen Fensterscheiben lag. Erst als die Maklerin den großen Fensterflügel aufriss, der zum Marktplatz hinausging, konnten wir uns ein richtiges Bild machen.
    Der Gastraum war größer, als es von draußen den Anschein hatte, und verfügte über zahlreiche Nischen und Winkel, die dem Restaurant in Kombination mit den dunklen Fachwerkbalken sicherlich ein sehr gemütliches Ambiente verliehen hätten – wäre da nicht die schreckliche Einrichtung im Stil einer Werkskantine gewesen. Sollte Jette den Laden tatsächlich übernehmen, musste das Mobiliar komplett ausgetauscht werden.
    Abgesehen von der eigentlichen Gaststube gab es im hinteren Bereich noch einen Raum, der durch eine Schiebetür vom Rest des Restaurants abgetrennt war. Genug Platz für einen Billardtisch, eine gemütliche Sofaecke sowie ein paar Stehtische. Geradezu perfekt für ein Jugendcafé, schoss es mir plötzlich, ohne genau zu wissen, wie ich darauf gekommen war, durch den Kopf. Aber die Idee war nicht schlecht. Denn nicht nur der älteren Generation fehlte in Hasslingdorf eine Anlaufstelle, wo man sich bei einem Glas Bier oder einer Cola zum Quatschen treffen oder einen Happen essen konnte.
    Während ich in Träumereien von einem florierenden Restaurant mit angegliedertem Jugendcafé schwelgte, nahm Robert, Jettes Cousin, gewissenhaft jede Ecke und jeden Winkel des Restaurants unter die Lupe. Mit kritisch gerunzelter Stirn kratzte er am Putz, begutachtete die Balken und klopfte in den Toilettenräumen die Fliesen ab.
    Jette hingegen brannte darauf, endlich die Küche zu sehen. Als wir der Maklerin durch die weiße Schwingtür folgten, quietschte meine neue Freundin vor Begeisterung laut auf. Wir hatten mit allem gerechnet, mit maroden Sanitäranlagen, feuchten Wänden und zerfressenen Holzbalken, aber ganz bestimmt nicht damit, dass wir hier eine komplett ausgestattete Restaurantküche vorfinden würden. Mit leuchtenden Augen sah sich Jette in dem Raum, der ihr Reich werden könnte, um.
    »Wahnsinn, guck dir diese Fritteuse an!«
    Hatte Jette im Korb der Fritteuse womöglich ein Paar schicke Damenpumps gefunden? Das würde ihren schwärmerischen Tonfall und die glänzenden Augen erklären. Kaum zu glauben: Sie stand da und schmachtete ein Haushaltsgerät an!
    Die Maklerin blätterte in ihren Unterlagen. »Über dem Restaurant befindet sich übrigens noch eine achtzig Quadratmeter große Dachgeschosswohnung, die zurzeit ebenfalls leer steht. Falls Sie interessiert sind, können Sie gerne mal einen Blick hineinwerfen.«
    Jette schüttelte den Kopf. »Vielen Dank für das Angebot, aber das wird nicht nötig sein. Ich habe gerade erst ein Haus hier im Ort geerbt.«
    »Ach, komm, sei kein Spielverderber. Wo wir schon mal da sind ...« Ich hakte mich bei Jette unter und gab ihr einen Crashkurs meines kaufmännischen Wissens. »Gucken kostet doch nichts.«
    »Und? Was denkst du?«, fragte ich Jette gespannt, als wir gut eine halbe Stunde später wieder draußen auf dem Marktplatz standen.
    Wir hatten uns von Robert und der Maklerin verabschiedet. Außer ein paar harmlosen Haarrissen in den Wänden und etlichen Spinnen in den Ecken hatte Jettes Cousin nichts gefunden, was größere Restaurierungsmaßnahmen erfordert hätte.
    »Ich denke, dass das Restaurant perfekt ist.« Jettes Wangen glühten vor Aufregung. »Außerdem denke ich, dass ich komplett wahnsinnig sein müsste, es zu pachten. Es sei denn ...«
    »Es sei denn?«, hakte ich nach.
    »Es sei denn, du überlegst es dir noch mal und steigst mit ein«, antwortete Jette mit glänzenden Augen. »Gib’s zu, dich juckt es doch auch in den Fingern, den Laden auf Vordermann zu bringen. Und die Wohnung hat dir super gefallen.«
    »Stimmt«, gab ich zu. »Aber wem hätte die Wohnung nicht gefallen?«
    Das Obergeschoss verfügte über einen Balkon mit Blick ins Grüne, wo es sich im Sommer bestimmt

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