Maenner in Freilandhaltung
sich hier allein zu Tode. Da sie nicht den ganzen Tag unter der Sonnenbank liegen und sich die Nägel lackieren kann, hat sie sich halt ein anderes Hobby gesucht.«
Dagegen war meiner Meinung nach nichts einzuwenden. »Was hat Vicky denn für ein Hobby?«, fragte ich nur mäßig interessiert.
»So wie andere Frauen stricken oder Yoga machen, legt Vicky Männer flach.«
Ich verschluckte mich fast an meinem Sekt. »Ein ziemlich ... äh ... ausgefallenes Hobby.« Langsam dämmerte es mir, dass es sich bei Vicky um die Blondine in dem Haus rechts von uns handelte.
Scheinbar wahllos zupfte Jette frische Kräuter von den kleinen Pflänzchen, die wie an einer Perlenschnur aufgereiht in schlichten Terrakottatöpfen auf der Fensterbank standen. Wie Jette mir erklärt hatte, waren die Grundzutaten für die toskanischen Fleischbällchen fast die gleichen wie bei Frikadellen; es waren die frischen Kräuter und Gewürze, auf die es ankam.
»Wenn es stimmt, was man sich so erzählt, hat Vicky es fast bei jedem Kerl im Dorf schon versucht. Mit einer beachtlichen Erfolgsbilanz übrigens.« Jette grinste süffisant. »Ich schätze, das doppelte Lottchen ist daran nicht ganz unschuldig.«
Das doppelte Lottchen? Ach, das doppelte Lottchen! Was für ein origineller Name für ein Silikonkunstwerk. Aber das war auch schon das Einzige, was ich an dem soeben Gehörten amüsant fand. Ich nahm an, dass Jette mich mit ihren Ausführungen über Vickys Sexualleben beruhigen wollte, aber genauso gut hätte sie mir erzählen können, dass sich im Haus nebenan ein durchgeknallter Terrorist mit einer Ladung Sprengstoff verbarrikadiert hatte. Auf die Idee, dass von der Blondine mit dem üppigen Vorbau eine Gefahr ausgehen könnte, war ich bislang noch gar nicht gekommen. Herrjemine!
Mein Mund war mit einem Mal ganz trocken. Schnell griff ich nach meinem Sektglas und kippte den Rest des Kribbelwassers auf ex. Eine Nymphomanin in der Nachbarschaft – das hatte mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt! Wie ich meine Schwester kannte, gehörte sie nicht zu den Frauen, die unter dem Motto »Einmal ist keinmal« Gnade vor Recht ergehen ließen. Selbst ein einmaliger Ausrutscher würde reichen, um Daniel wegen Ehebruchs und mich wegen unterlassener Aufsichtspflicht dranzukriegen.
»Vicky ist gar nicht auf der Suche nach einer Beziehung, sie will nur ein bisschen Unterhaltung und schnellen Sex«, resümierte Jette in diesem Moment.
Toll, wirklich toll, dachte ich ironisch. Noch eine vielversprechende Kandidatin, die den Sprung in die Top Ten der potenziellen Ehebrecherinnen geschafft hatte.
»Ehrlich gesagt habe ich an Vicky überhaupt nicht gedacht«, gestand ich Jette. Ich erzählte ihr von Hannahs Cateringservice und wie sehr diese um das Wohlergehen des armen Strohwitwers und seiner Kinder besorgt war. Über normale Hilfsbereitschaft ging das meiner Meinung nach weit hinaus.
»Oh. Na ja, wenn das so ist. Hannah ist tatsächlich ein anderes Kaliber«, gab Jette mir recht. Sie demonstrierte mir, wie man aus der Hackfleischmasse tischtennisballgroße Bällchen formte. Obwohl ich die Manscherei etwas ekelig fand, folgte ich brav ihrem Beispiel. »Wie ich gehört habe, ist Hannah bereits seit mehreren Jahren geschieden«, nahm Jette den Gesprächsfaden wieder auf. »Von daher könnte ich mir gut vorstellen, dass sie nicht nur gerne wieder einen Mann, sondern auch einen Ersatzvater für Florian hätte.«
Als ich Jette nach Rebecca fragte, wiegte sie nachdenklich den Kopf hin und her. »Sie muss Daniel ziemlich nahestehen, so oft, wie sie in seinem Haus ein und aus geht. Allerdings kenne ich Rebecca nicht besonders gut und kann deshalb nicht allzu viel über sie sagen, außer ...« Eine Sache fiel ihr dann doch noch ein: »... tolle Haare.«
Als Daniel an diesem Abend von der Arbeit heimkam, lief alles wie am Schnürchen. Familienidylle pur. Ich konnte stolz auf mich sein. Es gab weder Tote noch Verletzte. Ausnahmsweise spielten die Kinder ohne Streitereien in ihren Zimmern, und in der Bratpfanne brutzelten Jettes Fleischbällchen. Wenn Daniel mich jetzt noch »Schatz« oder »Liebling« genannt hätte, wäre das Bild der heilen Familie perfekt gewesen.
»Das riecht aber lecker.« Daniel schlüpfte aus seinem Jackett und hängte es über die Stuhllehne. »Ach, apropos: Ich habe Hannah vor dem Haus getroffen. Sie hat gefragt, ob sie ihren Kochtopf zurückbekommen kann.«
Ich versuchte, an seinem Gesicht abzulesen, ob mein Kochschwindel
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