Maenner in Freilandhaltung
Stoßgebet. Zwar schickte er mir keinen Engel, dafür aber ein Eichhörnchen. So etwas nannte man schnelle und unbürokratische Hilfe!
»Seht mal, da oben auf dem Ast!«
Nachdem wir das possierliche Tierchen eine Weile beobachtet hatten, reichte ich Finn ein Taschentuch. »So, jetzt hörst du aber auf zu weinen, okay? Wir wollen doch nicht, dass all deine Sommersprossen weggespült werden.«
Der Tränenstrom versiegte allmählich, und ein zaghaftes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. »Das geht doch gar nicht, oder?«
»Nein, mein Süßer, du hast recht.«
Während wir auf unseren Rädern heimwärts strampelten, belegte ich Erika im Stillen mit allen Schimpfnamen, die ich kannte. Und das waren nicht gerade wenige! Doch keiner davon wurde Erika auch nur ansatzweise gerecht. Verflixt, wie war es möglich, dass Daniel von dem falschen Spiel seiner Schwiegermutter nichts mitbekommen hatte? Höchste Zeit für ein klärendes Gespräch! Anders als am Vortag würde ich dieses Mal keine Überstunden gelten lassen und auf eine Aussprache bestehen. Schließlich ging es nicht mehr darum, ob Erika mich beleidigt hatte oder ich sie und wer sich bei wem entschuldigen musste, es ging einzig und allein um die Kinder. Und dieses Thema duldete keinen Aufschub!
Auch wenn Daniel mich nach wie vor wie Luft behandelte, war ich froh, dass er an diesem Abend pünktlich nach Hause kam. Nach dem Essen, als Christopher, Lukas und Finn bereits im Bett lagen, nahm ich Anlauf, um über meinen eigenen Schatten zu springen. Zu diesem Zweck öffnete ich umständlich eine Flasche Rotwein, dann setzte ich mich neben Daniel auf das Sofa.
»Hast du Lust, ein Glas Wein mit mir zu trinken?«
Daniel legte die Computerzeitschrift, in der er geblättert hatte, zur Seite. »Gerne.« Mit einem erleichterten Lächeln nahm er mein Friedensangebot an. Daran, wie schnell er einlenkte, erkannte ich, dass ihm die dicke Luft genauso zusetzte wie mir. »Ich war ein solcher Hornochse. Verzeihst du mir, dass ich dich rausschmeißen wollte?« Daniel sah mich bittend an. »Das ist mir in der Hitze des Gefechts einfach so rausgerutscht. In Wirklichkeit bin ich natürlich heilfroh, dass du hier bist.«
»Schon gut. Entschuldigung angenommen.« Das war eindeutig der falsche Zeitpunkt, um nachtragend zu sein. Es gab jetzt Wichtigeres. Ich goss uns Wein ein und reichte Daniel ein Glas. »Haben dir die Jungs erzählt, dass wir heute eine Radtour gemacht haben?«, tastete ich mich behutsam an das Thema, das mir unter den Nägeln brannte, heran.
»Yep.« Daniel nickte grinsend. »Ich hatte mich schon gewundert, warum du so komisch läufst, breitbeinig wie ein Cowboy.«
»Mach dich nur lustig.« Stöhnend rieb ich mir meine schmerzenden Oberschenkel. »Deine Jungs sind verdammt fit. Respekt. Nur mit einem Picknick konnte ich sie dazu bewegen, überhaupt eine Verschnaufpause einzulegen. Dabei haben wir mal ganz in Ruhe miteinander gequatscht.« Ich stockte kurz und wählte die nächsten Worte mit Bedacht: »Unter anderem haben die Kinder mir erzählt, wie sehr sie Nina in letzter Zeit zugesetzt haben.«
»Ach, du meinst die Sache mit dem Juckpulver und dem Maulwurf.« Jan lehnte sich entspannt auf dem Sofa zurück und lachte. »Sie haben Nina ein paar Streiche gespielt, um auszutesten, wie weit sie bei ihr gehen können.«
»Das habe ich am Anfang auch gedacht. Aber leider täuschst du dich da«, sagte ich ernst. »Die Jungs haben zugegeben, dass sie Nina hier rausekeln wollten. Deshalb die ganzen Streiche, wie du es nennst. Offenbar sind sie der Meinung, dass Nina dich nur geheiratet hat, um dich ganz für sich allein zu haben.«
Noch während ich redete, schwand das Lachen aus Daniels Gesicht. In seinen bernsteinfarbenen Augen lag tiefe Bestürzung. »Aber wie kommen sie denn auf so einen Quatsch?!«
»Vielleicht solltest du das mal lieber deine reizende Schwiegermutter fragen«, knurrte ich ärgerlich. »Sie hat Christopher, Lukas und Finn diesen Floh ins Ohr gesetzt. Wer will es den Jungs da verübeln, dass sie Nina als Bedrohung ansehen?«
Mit versteinerter Miene schwenkte Daniel sein Weinglas. Sogar auf den Gesichtszügen der Sphinx spiegelten sich mehr Emotionen wieder! Daniel ließ den Rotwein weiter kreisen ... rechtsherum, linksherum und wieder rechtsherum. Ich nahm an, dass er diese ungeheuerliche Information erst einmal sacken lassen musste, bevor er seinem Unmut Luft machte. Wobei Unmut vermutlich nicht einmal ansatzweise das beschrieb, was Daniel in
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