Maenner in Freilandhaltung
diesem Moment empfand ... Im Gegensatz zu vielen anderen Männern, deren Vorstellung vom Vatersein sich auf eine Samenspende und gelegentliche Zoobesuche beschränkte, war Daniel mit Leib und Seele Papa. Für seine Kinder tat er alles! Wenn es um sie ging, kannte er keinen Spaß und auch keine Verwandten. Ich machte mich darauf gefasst, dass er gleich völlig ausrasten und seine Schwiegermutter zum Teufel wünschen würde. Doch statt der erwarteten Flüche stieß Daniel lediglich einen tiefen Seufzer aus.
»Es muss schwer für Erika sein, zu sehen, dass nun eine andere Frau Kerstins Platz eingenommen hat«, nahm er die widerwärtige Person, die sein Liebesglück nach Kräften sabotierte, auch noch in Schutz.
Ungläubig schnappte ich nach Luft. War Daniel noch ganz bei Trost? Offenbar durfte diese alte Schreckschraube sich bei ihm alles erlauben. Warum ließ er es zu, dass sie sich dermaßen unverschämt in sein Leben einmischte?! Wirklich nur aus Mitleid? Was war dieser Mann? Ein Heiliger? Hoffentlich besaß er einen Organspendeausweis – ein Herz aus Gold war bestimmt eine echte Rarität ...
»Natürlich ist es schwer für sie, das bestreitet ja auch niemand«, platzte mir der Kragen. »Aber das rechtfertigt noch lange nicht, dass Erika die Jungs gegen Nina aufhetzt. Wenn ihr was an ihren Enkeln liegt, sollte sie lieber froh sein, dass du eine Frau gefunden hast, die gut mit den Kindern klarkommt und sie liebt, als wären es ihre eigenen. Das ist nämlich weiß Gott nicht selbstverständlich.« Ich stellte mein Glas so heftig auf dem Couchtisch ab, dass etwas Wein überschwappte. Schnell stand ich auf, um einen Lappen aus der Küche zu holen. »Dass Erika und Friedhelm hier in diesem Haus ein und aus gehen, wie es ihnen passt, finde ich im Übrigen auch nicht in Ordnung«, setzte ich bei meiner Rückkehr noch ärgerlich hinzu und machte mich, während ich die Tischplatte säuberte, auf heftigen Widerspruch gefasst.
»Du hast ja recht«, stimmte Daniel mir erstaunlicherweise jedoch zu. »Aber sie haben so viel durchgemacht. Ich bringe es einfach nicht übers Herz, sie in ihre Schranken zu weisen.«
»Und was willst du nun unternehmen?«
»Ich werde bei nächster Gelegenheit ganz in Ruhe mit den Kindern und natürlich auch mit Erika reden«, versprach Daniel. »Eigentlich war ich mir sicher, die Jungs wüssten, dass sie bei mir immer an erster Stelle stehen werden und dass Nina für sie keine Konkurrenz darstellt. Aber offenbar muss ich ihnen das noch mal in aller Deutlichkeit sagen.«
»Ja, tu das, am besten so schnell wie möglich. Und mach ihnen bitte klar, dass sie keine Schuld daran trifft, dass Nina eine Auszeit braucht.« Ich nippte an meinem Weinglas. »Vor allem Finn scheint zu glauben, dass er und seine Geschwister Nina vergrault haben ...« Obwohl du sie doch in Wirklichkeit aus dem Haus getrieben hast, setzte ich in Gedanken noch hinzu.
Erwartungsvoll sah ich Daniel an. Komm, nun spuck’s schon aus!, ermunterte ich meinen Schwager im Stillen. Ich hoffte, dass Daniel, getrieben von Schuldgefühlen, von sich aus ein Geständnis ablegen würde – aber da war ich schiefgewickelt. Ich konnte förmlich sehen, wie er dichtmachte.
»Ich glaube, es ist wichtig, mal offen über alles zu reden. Denn falls ... also, ich meine, wenn Nina wiederkommt ...«
»Schon verstanden«, unterbrach Daniel mich brüsk, schwieg dann aber wieder.
Gar nichts hatte er verstanden! Oder er wollte mich nicht verstehen. Was aber im Endeffekt auf das Gleiche hinauslief. Verdammt, der Kerl gluckte auf seinem Geheimnis wie eine Henne auf ihrem Ei.
Eine Weile hingen wir beide unseren Gedanken nach. Auch wenn die Kinder meiner Schwester das Leben schwer gemacht hatten – sie waren nicht Ninas eigentliches Problem. Ein ums andere Mal hatte ich in meinem Kopf das Telefonat abgespult, in dem Nina mich um Hilfe gebeten hatte. Es ist wahnsinnig anstrengend, ständig mit einer anderen Frau konkurrieren zu müssen ... Aber wer zum Teufel war diese mysteriöse Frau, die Daniel so den Kopf verdreht hatte, dass er sogar nachts von ihr träumte und ihren Namen rief?!
Ich hatte meinen Schwager ganz genau beobachtet – jeden Blick, jedes Wort, jede Geste –, aber Daniel schien seine Sympathie nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen. Er benahm sich allen Frauen gegenüber aufmerksam, charmant und freundlich. Hannah, Rebecca, Vicky, Jette, die nette Verkäuferin aus der Bäckerei, jede Einzelne wäre rein theoretisch infrage gekommen,
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