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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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Mitternacht hatten wir Freunde zu Gast. Wir haben zusammen gekocht und später noch einen Film gesehen.«
    Hauke Wolter und Silja Blanck wenden die Köpfe zur Zimmertür. Eine zierliche dunkelhaarige Frau in einem geblümten Sommerkleid steht in der Tür. Das Kleid wölbt sich deutlich über einem Schwangerschaftsbauch.
    »Hallo Joschi, du kommst gerade recht«, ruft Smentek Lavro und winkt die Frau neben sich aufs Sofa. Zärtlich legt er ihr die Hand auf den Bauch und stellt sie vor. »Johanna Lavro, die werdende Mutter meines Sohnes und seit einigen Tagen meine Ehefrau.«
    »Wer sind die beiden? Was ist hier eigentlich los?«
    Johanna Lavro lässt ihren fragenden Blick zwischen ihrem Mann und den Ermittlern hin und her wandern.
    »Meine Schwester ist umgebracht worden. Und weil ich vor Jahren mal eine paar Vorstrafen kassiert habe, denkt die Polizei jetzt, sie könne mir den Mord praktischerweise auch noch anhängen. Und um sicherzugehen, dass ich sie nicht gleich mit kaltmache, stehen sie mit gezogener Knarre vor der Tür. Du hast echt was versäumt, mein Herz.«
    »Entschuldigung«, Siljas Stimme ist leiser als sonst, »wir haben vielleicht wirklich etwas überzogen gehandelt.«
    »Schon gut. Ist ja auch völlig logisch, dass einer, der mal Autos verschoben hat und eh aus Polen ist, nebenbei und ohne mit der Wimper zu zucken die eigene Schwester abmurksen würde.«
    »Jetzt machen Sie mal halblang, Herr Lavro«, springt Hauke Wolter seiner Sylter Kollegin bei. »Sagen Sie uns einfach, wo Sie in der Nacht vom vergangenen Donnerstag auf den Freitag waren.«
    Smentek Lavro grinst und auch seine Frau kann sich das Lachen kaum verkneifen.
    »Was ist daran so komisch?«, will der Bremer Kommissar wissen.
    »Wir haben am Donnerstag geheiratet«, antworten die beiden auf dem Sofa wie aus einem Munde. Dann schweigt Johanna, und nur Smentek redet weiter. »Und in der Nacht zum Freitag gab’s in einem der Restaurants am Hafen die ganz große Sause. Die Party ging bis sechs Uhr morgens, wenn Sie’s genau wissen wollen. Zeugen? Etwa 50, würde ich sagen. Den Zwerg hier noch nicht mitgerechnet.« Zärtlich streichelt Smentek Lavro den Babybauch seiner Frau.
    Johanna Lavro nickt. »50 waren es bestimmt. Außerdem können der Wirt und die Wirtin bestätigen, dass wir die ganze Zeit da waren – falls Sie unseren Freunden nicht trauen sollten.«
    »Wir werden das überprüfen.« Silja steht auf. »Wenn Sie uns nur noch den Namen des Restaurants sagen wollen. Und entschuldigen Sie bitte die Störung.« Nach einer kurzen Pause fügt sie an: »Und alles Gute für das Kind.«
    Johanna Lavro lächelt nicht. »Danke, das wird es brauchen können, wenn die deutschen Behörden vielleicht später mal auch ihm die Straftaten seines Vaters vorhalten werden.« Die Schwangere geht zur Wohnungstür und öffnet sie weit. »Den Weg nach unten finden Sie ja bestimmt allein. Zur Not mit der Waffe in der Hand.«
    Kaum stehen die Ermittler wieder auf dem stinkenden Hausflur, fliegt die Wohnungstür von Smentek und Johanna Lavro mit einem lauten Knall ins Schloss.
    »Scheiße«, flucht Hauke Wolter leise.
    »Die haben uns ganz schön vorgeführt«, murmelt Silja und greift nach ihrem Handy, um die Sylter Kollegen auf den neuesten Stand zu bringen.

Donnerstag, 23. Juni, 11.22 Uhr,
Nordseeklinik, Westerland
    Der Seziertisch ist auf die höchste Stufe gestellt, so dass der nackte Körper Marga Mönchingers möglichst nah vor den Augen des Gerichtsmediziners Dr. Bernstein liegt. Noch ist der Kopf geschlossen, noch der große T-Schnitt von der Brust bis zur Scham nicht ausgeführt. Ungeduldig trommelt Bernstein auf die Edelstahlplatte des Tisches. Erst hat man ihn aufgescheucht, damit er möglichst schnell alle nötigen Untersuchungen an dem Mordopfer vornimmt und plötzlich stellt sich heraus, dass die Frau erst noch von einem Angehörigen identifiziert werden muss. Bernstein blickt auf seine Uhr. Längst hat er sich die Würgemale am Hals genau angesehen und die Fesselspuren an Hand- und Fußgelenken untersucht. Besonders ausführlich aber hat er die nur wenige Zentimeter langen Schnitte studiert, die fast überall am Körper der Toten zu finden sind. Nur das Gesicht der Rothaarigen ist verschont worden und wirkt, als gehöre es gar nicht zu dem geschändeten Körper.
    »Wenn da mal nicht ein ziemlich manischer Charakter am Werk war, dann weiß ich auch nicht«, murmelt der Mediziner gerade, als die schwere Tür zur Pathologie aufgestoßen wird.

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