Maenner und andere Katastrophen - Roman
anbieten: ...«. Es folgte eine Liste mit Namen, Berufsbezeichnungen, Alter und anderen Infos, die Mo und Rebecca aus den Bewerbungsbriefen für die Kiebig-Wohnung herausgeschrieben hatten. Die betreffenden Briefe waren hinten angehängt. Mo hatte einen Amateurradsportler aus dem Ruhrgebiet an die erste Stelle gesetzt. Dabei wusste er ganz genau, dass ich diese popowackelnden Typen nicht ausstehen konnte.
Auf Platz zwei fand sich ein jugendlicher Mathelehrer. Den hatte sicher Rebecca ausgesucht, aber ich wollte ihn nicht haben. Ob jung, ob alt, ein Mathelehrer konnte sich unmöglich als mein Traummann entpuppen. Nummer drei war da schon vielversprechender.
»Ich arbeite als Chefkoch in einem Drei-Sterne-Restaurant, und Kochen ist auch privat mein Hobby«, hatte Mo in seinem Brief mit Textmarker unterstrichen.
Ja, der könnte mir gefallen. Sollte sich vorstellen.
Weiter unten fiel mir ein beinahe ebenso vielversprechender Kandidat ins Auge. Rundfunkmoderator und Publizistikstudent, so alt wie ich, sympathische Handschrift. Den wollte ich auch sehen!
Unter die Liste hatte Mo geschrieben: »Ich hoffe, Sie haben den einen oder anderen Wunschkandidaten entdecken können und sind mit unserer Arbeit zufrieden. Bitte empfehlen Sie uns weiter. Mit freundlichen Grüßen, Moritz Raabe, Gesellschaft Wohnen und Werben mbH & Co.«
Weil mich nichts außer Müdigkeit zu meinem Bett zurücktrieb, machte ich mich mit einem Rotstift daran, Mos Liste meinen Vorstellungen gemäß zu manipulieren: Der Radfahrer aus Wanne-Eickel wanderte selbstverständlich an die letzte Stelle, der Rundfunkmoderator tauschte seinen Platz mit dem Mathelehrer und der Drei-Sterne-Koch kam unangefochten auf Platz eins.
Durch mein Umstellungsmanöver rutschten allerdings ein nichtssagender Nichtraucher und ein erfolgreicher Geschäftsmann ohne Haustiere ebenfalls unter die ersten vier. Aber was machte das schon? Der Drei-Sterne-Koch war genau mein Typ, und wenn nicht, blieb mir immer noch der Rundfunkmoderator. Ich war zufrieden. Anschließend nahm ich eine Dusche, legte mich leise neben den schnarchenden Reinfall ins Bett und döste vor mich hin.
Im Morgengrauen erhob sich Oliver und verließ leise die Wohnung. Ich stellte mich schlafend, bis die Tür ins Schloss gefallen war. Dann seufzte ich erleichtert. Immerhin war ich um eine Erfahrung reicher, wenn auch um eine besonders üble.
Auf dem Zettel, den Oliver mir aufs Kopfkissen gelegt hatte, stand: »Ich liebe dich. Es war sehr Schön mit dir. Wir sollten das bald wieder holen.« Ein Analphabet. Auch das noch.
Scheißtag
Als ich aufwachte, fühlte ich, dass meine allmonatlichen Bauchschmerzen im Anzug waren, und wusste gleich, dass das kein guter Tag werden würde. Vorbei die Zeiten, in denen man mit einer Wärmflasche und Schokolade alle Soap-Operas im Privatfernsehen angucken durfte, bis die Bauchschmerzen vorüber waren, vorbei die Zeiten, in denen man dicke Pickel in der Wohnung auskurieren konnte und erst wieder unter Leute musste, wenn nichts mehr davon zu sehen war.
Heute war ich gezwungen, aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, um meine Nachfolgerin in Herrn Römers Büro einzuweisen. Draußen war der heißeste Tag des Jahres angebrochen. Das Gewitter, das der Wettermann versprochen hatte, hing drohend in der Luft. Ich war so schlecht gelaunt, dass es beinahe weh tat.
Als ich im Büro ankam, stand meine Nachfolgerin schon mit der Mehlig im Flur und wartete. Ich bereute augenblicklich, dass ich mir nicht die Haare gewaschen hatte und einen dieser Ich-verstecke-alles-Pulloversäcke trug. Ich konnte nur hoffen, dass die Abdeckcreme noch auf den zwei kamelhöckergroßen Pickeln am Kinn haftete und lächelte so freundlich wie möglich.
Die Mehlig rief: »Da sind Sie ja endlich, Frau Dings!« und verzog sich grußlos in ihr Büro.
Die Neue war umwerfend schön. Hellbraune, lange wunderschöne Naturlocken, große, seelenvolle, braune Augen mit dichten gebogenen Wimpern und eine perfekte, leicht gebräunte Haut. Dazu eine irre gute Figur. Ich war geblendet.
»Mein Name ist Rotraut Marode-Rodersberg«, sagte sie.
Das war schade. Aber wenn ich so süße Grübchen gehabt hätte, hätte es mir noch nicht mal was ausgemacht, Schimmel-Kotzbrocken zu heißen.
»Wenn Ihnen das zu lang ist, können Sie auch nur Marode sagen«, bot sie mir an.
Marode war ihr Mädchenname und Rodersberg der Name des Anwaltes, dem sie angetraut war. Dabei war sie erst fünfundzwanzig.
»Ach, Gottchen«, sagte sie, als
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