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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Peking«, sagte Stefanie und kicherte. »Überleg mal, wie die Chinesen ihren Namen aussprechen würden.«
    Ich kicherte mit. Alle Botschaften Asiens würden sich um Lotlaut Malode-Lodelsbelg reißen.
    Am Nachmittag hatte sich schon herumgesprochen, dass Herr Römer eine neue Sekretärin hatte. Die Herren aus den anderen Büros kamen wie zufällig vorbei, um sie sich anzuschauen. Sie waren alle bezaubert, besonders Herr Schimmel-Kotzbrocken. Er hörte gar nicht mehr auf, der Marode die Hand zu schütteln.
    Bei mir hatte sich die Wirkung des Zaubers schon merklich reduziert. Um die Briefe vom Band bis zum nächsten Tag fertigzustellen, setzte ich mich vorsichtshalber selbst an den Computer und schlug der Marode vor, sich anhand des Aktenplans mit dem Ablagesystem vertraut zu machen.
    Sie blätterte ein paar Ordner durch und rief alle zwei Minuten aus: »Ach, Gottchen, was für einen Blödsinn die Leute nicht alles aufbewahren!«
    Dann teilte sie mir mit, dass sie ein völlig neues Ablagesystem einzuführen gedenke. Ich dachte zwar, dass sie herzlich wenig zum Ablegen hätte, wenn sie auch künftig in diesem Tempo arbeiten würde, aber Rotraut erläuterte mir bereits ihr neues System: »Einen Ordner für alles, was wir rausschicken, einen für alles, was wir reinbekommen.«
    Das war wirklich ein geniales System. Es würde auf einen Schlag zweihundertvierunddreißig Ordner ablösen. Schade, dass ich nicht mehr erleben durfte, wie es sich in der Praxis bewährte.
    Als die Marode Punkt vier davonging - »Ach, Gottchen, mein Göttergatte kommt schon in zwei Stunden, und das Menü steht noch gar nicht fest.« -, machte ich eine Überstunde, um die Römerbriefe fertig zu tippen.
    Auf dem Weg zur Bahn hatte sich das Gewitter noch drohender über der Stadt zusammengezogen, machte aber noch keine Anstalten, sich zu entladen. Es war ein wirklich beschissener Tag gewesen. Um etwas für mein angeknackstes Selbstbewusstsein zu tun, schleppte ich mich nicht auf direktem Weg in die Bahn, sondern wagte einen dieser gefährlichen Abstecher in eine Parfümerie, die einen jedes Mal an den Rand des Existenzminimums bringen.
    Ich kaufte mir eine Gesichtscreme mit einer ausgekocht raffinierten Kombination dieser neuartigen Säuren, die die Haut schälen und trotzdem nähren und alle Falten, Pickel und Flecken für immer verschwinden lassen. So was kaufen sich nur Dumme, Verzweifelte oder ganz Reiche, und eins stand fest: Reich war ich jedenfalls nicht.
    Ich trug ein winziges Tiegelchen in einem winzigen Tütchen mit einer Menge mikroskopisch kleiner Pröbchen davon und ließ einen Tageslohn in der Parfüme-rie zurück. Es war der krönende Abschluss eines Scheißtages! Dachte ich jedenfalls.
    Es sollte aber noch schlimmer kommen. Im Briefkasten fand ich zu Hause außer der Telefonrechnung und der Rechnung von den Gas- und Elektrizitätswerken eine Mitteilung der Stadtbibliothek, dass ich noch im Besitz von sieben ihrer Bücher sei und diese umgehend zurückbringen solle.
    Die Bibliothek machte um sechs zu. Wenn ich mich beeilte, schaffte ich es noch rechtzeitig und konnte anschließend in aller Ruhe die Wundercreme ausprobieren. Ich lud die Bücher in meinen Rucksack, setzte meinen Strohhut auf und eilte zur Bahn.
    Es war immer noch schweineheiß, und als ich am Josef-Haubrich-Platz die Treppen vom U-Bahn-Ausgang erklomm, war ich schweißgebadet. Am oberen Ende der Treppe stand ein gutaussehender Mann und lächelte. Meinte der etwa mich?
    Ich lächelte zurück. Ich fand ja auch, dass ich ein erheiterndes Bild abgeben musste, wie ich mich mit dem Schnauben einer Dampflock die Stufen hochquälte und Ströme von Schweiß unter dem Hut hervorflossen.
    Als ich den Mann schließlich passierte, sagte er: »Hallo.«
    Er meinte mich! Er meinte mich! Und er sah wirklich gut aus, Typ schnieker Banker, Designeranzug, Designerbrille, Designerhaarschnitt, sogar sympathisch. Irgendetwas konnte hier nicht mit rechten Dingen zugehen.
    »Hallo?«, sagte ich misstrauisch.
    »Hast du heute Abend schon was vor?«, fragte der Typ. Das war vielleicht nicht besonders originell, aber es war das erste Mal in meinem Leben, dass mir so was passierte. Endlich passierte! Und was tat ich?
    »Tut mir leid, aber vielleicht klappt's ja bei der Nächsten«, sagte ich in dem schnippisch-verlegenen Tonfall, den ich mir eigentlich schon vor der Pubertät hatte abgewöhnen wollen. Im gleichen Moment ärgerte ich mich zu Tode. Vielleicht hatte ich ihm ja tatsächlich gefallen.

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