Maenner und andere Katastrophen - Roman
zurückkamen, war der Nachtisch schon serviert.
Das Haarbüschel nahm sich ein Stückchen ultimativen Ziegenkäse und sagte: »Wer hätte gedacht, dass unser Kai-Uwe mal einer Sekretärin ins Netz gehen würde! Und einer blonden dazu.«
Kai-Uwe und seine Schwester lachten. Aufgebracht machte ich mich über die gepfefferten Erdbeeren her.
»Na, Judith, nimm's mir nicht übel, aber Sekretärin ist der überflüssigste Beruf, den ich kenne«, sagte das Sommerloch und fügte gönnerhaft hinzu: »Außer vielleicht noch Politesse.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich.
»Na, jeder weiß, dass Sekretärinnen den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als sich die Fingernägel zu lackieren und den Chef zu bezirzen«, sagte das Sommerloch.
»Und Kaffee kochen und in den anderen Büros intrigieren«, ergänzte Corinna lachend, »bei uns in der Firma ist das auch so.«
»Und warum ruiniert sich die Firma, indem sie dieser überflüssigen Spezies Gehalt und Sozialabgaben spendiert?«, fragte ich und zermalmte wütend ein Pfefferkorn zwischen den Zähnen.
»Ja, das frage ich mich auch immer«, entgegnete das Sommerloch. »Aber es hat ja auch Vorteile! Über eine Sekretärinnenstelle kommen Hunderte geistig minderbemittelter Mädels unter die Haube.«
Ich schluckte eine riesige Erdbeere unzerkaut. Sie rutschte schwerfällig die Speiseröhre hinab.
»Du wirst ja am besten wissen, was die Tippsen alles anstellen, um sich ihren Vorgesetzten zu angeln«, sagte das Sommerloch und lachte. »Als leitender Angestellter weiß ich auch ein Lied davon zu singen.«
»Und ich als seine Verlobte«, klagte Corinna.
Die Erdbeere hatte sich ihren Weg nach unten erkämpft und endlich den Magen erreicht. Ich konnte wieder frei atmen.
»Und was stellen diese geistig minderbemittelten Tippsen an, um dich zu angeln, Sommerloch?«, fragte ich in möglichst beleidigendem Tonfall.
Er zupfte genüsslich an seinem Haarbüschel.
»Ach, das fängt mit scharfen Miniröcken und aufreizendem Hinternwackeln an, und wo es aufhört, weißt du ja selbst am besten, was?«
Ich hielt verblüfft die Luft an. Weder Kai-Uwe noch irgendjemand sonst sprang auf, um meine Ehre zu verteidigen und dem Haarbüschel für diese Beleidigungen die Nase zu brechen.
In ohnmächtiger Wut hackte ich nach einer Erdbeere. Sie sprang vom Teller quer über den Tisch, und noch ehe ich wusste, was ich tat, steckte meine Gabel in der Erdbeere und der darunterliegenden wohlmanikürten Hand meines Peinigers und zitterte hin und her.
»Auuuu!«, jaulte das Haarbüschel erschrocken.
Ich war mindestens ebenso überrascht wie er, aber als ich die Gabel aus seinem Fleisch zog, durchwogte mich unbändige Freude. Hellrotes Blut sickerte aus vier Stichwunden im Handrücken.
»Tut mir das leid!«, sagte ich mit schlecht verhohlenem Triumph in der Stimme. »Das war ein automatischer Reflex, es tut mir wirklich furchtbar leid.«
»Ist schon gut«, tat das Sommerloch die Verletzung wider Erwarten tapfer ab, aber zu Kai-Uwe sagte er in anzüglichem Tonfall: »Deine kleine Freundin ist ein ziemlich ungeschicktes Schusselchen, was?«
Der Dummkopf glaubte doch tatsächlich, dass mein Angriff auf seine Hand ein Versehen gewesen war.
Corinna betupfte seine Wunden mit einer Serviette und würdigte mich keines Blickes mehr. Die Hand hatte leider schon aufgehört zu bluten.
»Ungeschickt wie ich bin, wird es mir sicher nie gelingen, mir meinen Vorgesetzten zu angeln«, sagte ich ironisch.
»Mit siebenundzwanzig muss sie sich ja auch langsam mal ein bisschen anstrengen, wenn sie noch Beute machen will, bevor sie eine vertrocknete, alte Jungfer ist«, sagte das Sommer- und ... loch zu Kai-Uwe.
Jetzt reichte es aber wirklich. Erwartungsvoll sah ich Kai-Uwe an. Wenn er seinem Beinaheschwager jetzt nicht auf der Stelle eins aufs Maul gab, würde ich es selber tun! Aber Kai-Uwe lächelte nur entschuldigend auf die andere Tischseite.
»Sie meint es nicht so«, sagte er.
Von wegen! Blutrünstig ballte ich meine Faust. Bevor ich mich aber entschieden hatte, wessen Nase ich als erste brechen sollte, rief das Sommerloch den Kellner heran und sagte überraschend großzügig: »Ihr könnt euch als eingeladen betrachten. Ich kann das als Spesen abrechnen.«
Wenn das so war! Ich ließ die Faust wieder sinken und atmete ein paarmal tief durch. Eigentlich fand ich, dass sie auch ohne gebrochene Nasen gestraft genug waren.
Auf dem Weg nach Hause hatte ich trotzdem nicht die geringste Lust, mit Kai-Uwe zu
Weitere Kostenlose Bücher