Männer unerwünscht (German Edition)
Eiche.
Nun brach Bärbel zusammen. Butschi krächzte heiser und Uschi wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie setzte sich schnaufend ins Gras.
Ich flitzte ins Haus, denn ich hatte eine Idee. Auf Bärbels Schreibtischstuhl stehend löste ich Bu t schis Käfig vom Deckenhaken. Schnell klemmte ich mir eine Vorratspackung der vitaminreichen Körnchen unter den Arm und verließ den Raum. Als ich die Wohnzimmertür passierte, konnte ich es mir nicht verkne i fen, den Schritt ein wenig zu verlangsamen. Nichts zu hören. Ein gutes Zeichen?
Angelo hatte wirklich Glück, dass Butschis Ausflug in die weite Welt ausgerechnet heute Abend stattfand. Andernfalls wären Steff und ich vielleicht schon zu spät gekommen, und meine Schwestern hätten ihn längst von den Kissen gezerrt und aus dem Haus gejagt.
Da keimte plötzlich ein böser Verdacht in mir auf. War es wirklich Zufall, dass Butschis Käfig gerade heute nicht richtig verschlossen gewesen war? Bärbel hegte und pflegte den Winzling gewissenhaft, und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass sie so nachlässig gewesen war. Hatte etwa Angelo ...?
Der Verdacht verfestigte sich. Hatte ich nicht letzte Nacht an Angelos Lager gesessen und ihn ei n dringlich ermahnt, sich was einfallen zu lassen? Holla, holla! Wenn Bärbel dahinterkam, war Angelo ein toter Mann.
Ich schleppte den goldenen Käfig samt Futter nach draußen. Bärbel sah mir mutlos entgegen.
„Was willst du denn damit?“ , fragte sie mich matt.
„Vielleicht erkennt er seinen Käfig wieder. Ich fülle die Näpfe mit Futter, der Bursche ist bestimmt total ausgehungert. Es ist ein Versuch“, erwiderte ich, ohne mir allzu große Hoffnungen auf ein Gelingen der Aktion zu machen. Ich wollte jedoch mehr tun, als nur zuzuschauen, und die bisherigen Bergungsversuche waren auch nicht besser.
Meine Schwestern sahen mit trübem Blick zu, wie ich mich an die Eiche heranpirschte und den Käfig auf einem dicken Grasbuckel wie auf einem Präsentierteller platzierte.
Ein weiterer Zuschauer hatte sich eingefunden: Der dicke Derrick, für gewöhnlich wahrlich kein Blitzmerker, hatte die prekäre Situation erkannt und lag auf der Lauer. Er verbarg seinen wohlbeleibten Kö r per im Gras und schielte nach oben zu seinem ärgsten Feind. Diese halbe Portion war ihm seit dem Tag, als er mit seinem albernen goldenen Käfig im Haus eingezogen war, ein Dorn im Auge. Und dann bekam dieses ausschließlich einer Vernichtung würdige Vieh auch noch seinen Stammplatz an Bärbels Zimmerdecke. Dort hätte er ihn selbst in jüngeren, schlankeren Jahren nicht erwischen können.
Ich hatte die Käfigtür exakt ausgerichtet. Butschi brauchte nur auf Landeflug gehen, und schon wäre er drin. Ich trat auf Bärbel zu und reichte ihr den Futterkarton.
„Nimm das Paket und schüttle es. Dabei gehst du fröhlich auf Butschi zu, als wäre nichts geschehen. Tu so, als wolltest du ihm seine Abendmahlzeit bereiten und ruf ihn nett. Er wird dich beobachten, wenn du die Körner in den Käfig schüttest.“
„Das klappt nie!“ , prophezeite Bärbel.
„Probier’s doch wenigstens“, meinte Uschi. Sie schien erleichtert, dass sie keinen Part in diesem Akt übernehmen musste.
Bärbel beschrieb einen großen Bogen und näherte sich Butschi von vorn. Interessiert sah ihr der Vogel zu, wie sie körnchenschüttelnd durchs hohe Gras auf ihn zukam und seinen Namen sang.
Er legte den Kopf schief und ließ sein Frauchen nicht aus den Augen. Dieses langte beim Käfig an lud ihren Liebling mit schmeichelnden Worten zum Abendessen ein und fügte den übervollen Näpfen d e monstrativ noch mehr Futter hinzu. Als sie das halbe Paket reingeschüttet hatte, sagte ich: „Nun geh lan g sam vom Käfig weg und setz dich hierher zu uns.“
Sie tat wie ihr geheißen und ließ sich bedrückt neben uns im Gras nieder. Gespannt verfolgten wir das weitere Geschehen.
Butschi sah sehnsüchtig hinüber zu seiner Heimstatt. Er machte einen langen Hals, krächzte „Bäbä!“, hüpfte
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