Männer unerwünscht (German Edition)
betitelte mich gönnerhaft als „Dat Froilein ut de Stadt“ und befand mich als „veel to dürr“. Mit me i nem Job bei Bruno konnte ich ihm keineswegs imponieren, denn schließlich kann man das Umherstolzieren in einem Schuhgeschäft nicht mit harter, körperlicher Arbeit auf einem landwirtschaftlichen Betrieb vergle i chen. Nach der Auflistung seiner letzten Ernterekorde trotz der finanziellen Einschränkungen durch den Staat, und bösen Schimpftiraden auf „Möchtegern-Ökofritzen“, die sich sämtlicher chemischer Einsatzmittel aus purer Dummheit verschließen, überließ er seiner Frau das Feld.
Die sorgte dafür, dass ich was auf die Rippen bekam. Sie belud einen Teller randvoll mit einem Brei aus gekochten Haferflocken, Grießklumpen und angebratenen Speckwürfeln. Dieses Gericht sei ihre eigene Kreation, und sie hätte damit bisher noch jeden Besucher erfreuen und sättigen können, erklärte sie selbs t zufrieden. Ich war sehr schnell satt und keineswegs erfreut. Jeder Löffel, den ich anstandshalber zum Mund führte, kostete mich enorme Überwindung.
Björn hingegen schaufelte den Fraß nur so in sich hinein und ließ sich bereits den dritten Teller vol l füllen. Seine Mutter lächelte wohlwollend und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. Frau Wennelken war übrigens nicht zu dürr. Sie hatte ein pausbäckiges Gesicht, eine mächtige Oberweite, darunter einen Ring für schlechte Zeiten und ein breites Gesäß.
Ich wartete vergeblich darauf, dass irgendjemand aus dieser Runde meinen heutigen tatkräftigen Einsatz billigen, wenn nicht gar loben würde. Stattdessen wurde ich aufgefordert , die Anhänger noch mal eben mit abzuladen, bevor denn Feierabendstimmung aufkäme.
Die mühsam vertilgte Ekelsuppe im Magen erhob ich mich vom Kunststoffpolster. Mir taten sämtliche Körperteile weh. Im Rahmen der Arbeitsplanung wurde ich dazu eingeteilt, auf dem Heuboden die Ballen vom Förderband zu nehmen und diese so weit wie möglich zu werfen. Hier würde dann die nächste Arbeit s kraft, sprich Mutter Wennelken, den Ballen an ihren Sohn weitergeben. Dieser wollte das Ganze in Reih und Glied aufstapeln.
Soweit zur Planung. Die Durchführung scheiterte sehr bald an einer „jungen Dame aus der Stadt“, die dem Tempo des Förderband s nicht gewachsen war. Vater Wennelken belud das Fließband wie ein Irrer mit Heuballen, und diese purzelten mir nur so vor die Füße. Irgendwann ging gar nichts mehr: Ich steckte mitten in einem riesigen Haufen Heu. Draußen jaulte der Motor der Fördermaschine, denn die Ballen hatten sich über mir verkeilt und gestaut, so dass kein Heu mehr durch die Luke gelangen konnte. Ich hörte Björns Vater laut in einem Gemisch aus Hoch- und Plattdeutsch fluchen.
„De Deern mokt mi noch de Moschin kapott!“ , wetterte er.
Björn und seine Mutter befreiten mich aus meiner Heuburg und stapelten die Ballen ordnungsgemäß. Plöt z lich förderte auch das Fließband wieder. Die Bauersfrau schubste mich mit dem Satz „Geh mol nache Siet“ an die Seite, und ich durfte zuschauen, wie die beiden ohne mich viel besser zurechtkamen als mit mir.
Soviel zu meinem Einstand im Wennelkenschen Anwesen. Die Familie erledigte von nun an die zu verrichtende Arbeit lieber ohne meine Mithilfe. Björns Eltern sah ich erst im Rahmen eines „gemütlichen Abends“ wieder, den Björns Mutter angezettelt hatte, weil ihr Sohn so oft und so viel von mir zu erzählen wusste.
Dieser Wir-wollen-uns-jetzt-mal-näher-kennen-lernen-Abend war sehr nett. Björns Mutter hatte jede Menge Rezepte auf Lager, die sie mir wärmstens zur Nachahmung empfahl. Als ich ihr gestand, dass ich auf dem Gebiet des Kochens absolut kein Talent hätte und mich deshalb in der WG bei der Toilett enreinigung nützlich macht e, schwieg sie betroffen.
Björn lockerte die Stille mit einer netten Anekdote auf: Er schilderte recht anschaulich meine Bem ü hungen, aus weiter Ferne keuchend einen Stock schwingend die Rinderherde voranzutreiben, und brachte damit auch seine Mutter wieder zum Lachen. War ja auch sehr lustig gewesen, als ich dem Erstickungstod nahe auf dem Erdboden zu liegen gekommen war. Björn kicherte frohgelaunt und dachte bestimmt wie ich an unsere kuschelige Zweisamkeit im hohen Grase. Doch davon erzählte er seinen Eltern nichts.
Vater Wennelken fragte mich ganz direkt, ob ich jemals bis überm Ellenbogen in einer Kuh dring e steckt hätte. Nein? Lebhaft berichtete er mir sodann über seinen Alltag als
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