Männer unerwünscht (German Edition)
Geburtshelfer der Milchkühe. Ich warf hier und da eine Szene aus der Austreibungsphase des kleinen Paul Strunz ein, soweit mir diese noch von den ausführlichen Schilderungen meiner Freundin Petra in Erinnerung waren. Leider vermochte Familie Wennelken hier keine Parallelen zu entdecken. Eine Bauersfrau erledigt stillschweigend ihre Niederkunft und rennt bereits wenige Stunden später wieder mit der Forke durch den Stall.
Wiederum ebbte das Gespräch so weit ab, dass nur noch das Knipsen der Senior-Wennelkenschen Fingernägel zu hören war. Interessiert beobachtete ich, wie er mit dem Daumennagel energisch den Traue r rändern unter den Nägeln der übrigen Finger den Garaus machte. Dabei war besagtes Knipsen zu hören.
„Watt mok wie nu mit düsse Deern?“ , stellte das Familienoberhaupt die alles entscheidende Frage, als er mit der Reinigung seiner Nägel fertig war. Ich war des Plattdeutschen nicht vollständig mächtig, und wusste diesen Satz erst nicht zu deuten. Als mich aber drei Augenpaare grübelnd anstarrten, bildete ich mir ein, dass irgendwas mit mir nicht stimmte.
„Ich hab s“, jubelte Björn plötzlich. „Doris kann in Oma Mimis Laden mithelfen.“ Sekundenlanges Nachdenken des Ältestenrates.
„ Jau, dat is ne gode Idee. Dor passt de Deern hin: In den ollen Laden von der bekloppten Alten . Statt die Bruchbude aufzugeben, krebst sie drin rum und räu mt den Krom von eine E ek inne andere. Köpen deit dor sowieso ke en Mensch.“ Björns Vater schien sich für die Idee seines Sohnes durchaus erwärmen zu kö n nen. Ich fand es an der Zeit, Protest anzumelden, doch Mutter Wennelken hatte noch etwas anzumerken.
„Meine Mutter ist etwas senil“, erklärte sie mir mit verschwörerischem Augenzwinkern. „Dummerwe i se dürfen wir ihr den Laden rechtlich gesehen nicht wegnehmen. Wenn sie aber zwischen den Regalen stürzt und sich verletzt, wird sie vielleicht tagelang nicht gefunden. Deshalb muss ich von Zeit zu Zeit nach ihr sehen. Und das, obwohl ich selbst wahrlich genug um die Ohren habe.“
In mir machte sich ein Gemisch aus haltloser Wut, Selbstmitleid und Hass auf die Menschen breit, mit denen ich mich in diesem Raum befand. Ich bewunderte meine Selbstbeherrschung, als ich mich mit zitternden Knien vom abgenutzten Cordsessel erhob und Richtung Tür marschierte.
„Tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen“, zwang ich mich zu sagen. Björn sah überrascht auf, erhob sich ebenfalls und brachte mich zur Haustür.
„Denk mal drüber nach“, regte er begeistert an. „Du würdest gut zu Oma Mimi passen. Du ziehst hier bei uns ein...“
Ich ließ ihn nicht ausreden. „Hast du sie noch alle? Ich soll mich bei deiner verrückten Oma als A l tenpflegerin betätigen und damit die Berechtigung kriegen , in deinem trauten Heim unterzukriechen? Du hast wohl vergessen, dass ich bereits eine Beschäftigung und ein Dach überm Kopf habe. Besten Dank für das freundliche Angebot und den amüsanten Abend.“ Ich hatte sehr laut gesprochen und hoffte, auch in der Stube gehört worden zu sein.
Auf meinem Heimweg fluchte ich vor mich hin. Die ganze Familie Wennelken konnte meinetwegen zum Teufel gehen. „Du würdest gut zu Oma Mimi passen“, äffte ich Björn wütend nach, als ich unter den Bäumen hindurch auf das WG-Haus zuschritt. Dorissack mit einer schusseligen Alten, die sinnlos in ihrem sinnlosen Laden herumkrebst und lauter sinnlose Kartons in eine Ecke stapelt zu vergleichen, übertraf ei n fach alles.
Verbohrte Bauernschaft! Dorissack hat andere Qualitäten und Begabungen, als Schweineställe au s zumisten und durchgeknallte Seniorinnen zu beaufsichtigen !
„Welche Qualitäten? Und von welchen Begabungen sprichst du?“ , fragten mich die ewigen Nörgler und Zweifler in meinem Innern erstaunt. Ich antwortete ihnen nicht und öffnete die Haustür.
„Was haltet ihr von einem Campingwochenende?“ , schlug Uschi uns ein paar Wochen später an einem Mo n tagabend vor. Wir saßen am Abendbrottisch und ließen uns Steffs selbstgebackenes Dreikornbrot schm e cken.
„Nächstes Wochenende?“ maulte Rita. Niemand wusste, welche Laus ihr wieder über die Leber g e laufen war.
„ Jawohl “, erwiderte Uschi unbeeindruckt fröhlich. „Elsbeth und Didi, zwei Freunde von mir, besitzen einen Wohnwagen samt Grundstück auf dem Campingplatz am Friedheimer See. Sie haben uns auf ein Wochenende eingeladen, w ir müssen nur Zelte mitbringen.“
„Ist Didi etwa ein Kerl?“ , fragte Rita
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