Männer unerwünscht (German Edition)
Handtaschen. An Beatrix‘ Beispiel sah man ja, was einem damit passieren konnte: Man vergaß sie irgendwo, und der Inhalt wurde von neugierigen Menschen durchwühlt. Oder aber die Tasche wurde einem auf offener Straße von einem Halunken entrissen und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Das, was ich mit mir herumtrug, passte in die Hosentasche. Ansonsten nahm ich einen Tragebeutel. Aber keine Handt a sche.
Zum Feierabend setzte ich all meine Hoffnungen in meine Kolleginnen. „Könnte nicht bitte eine von euch das Ding bei den Tausendschöns abliefern? Ihr fahrt doch beide in die Richtung“, bat ich.
„Tut mir leid“, erwiderte Moni bedauernd, „ich muss sofort nach Hause. Um halb sieben habe ich mit meinem Zwergkaninchen einen Termin beim Tierarzt. Sonst hätte ich dir die Angelegenheit gerne abg e nommen. Du verpasst deswegen sicherlich deinen Bus.“
„Den werde ich bestimmt nicht mehr erwischen“, meinte ich zerknirscht. Ob wohl Susi ...?
„Ich kann dir leider auch nicht helfen“, sagte diese. „Mein neuer Freund holt mich gleich von der A r beit ab. Dem kann ich nicht zumuten, mich durch die ganze Stadt zu kutschieren, nur um die Tasche einer Kundin abzuliefern.“
Da hatte sie wohl Recht. So’n Mist!
Missmutig klemmte ich mir also zum Feierabend das Kroko-Ding unter den Arm und ging mit meinen Kolleginnen hinaus. Dort parkte ein schniekes rotes Cabrio. Am Steuer saß ein Typ mit verspiegelter So n nenbrille und Gel-gestyltem Haar. Er hatte lange Koteletten im 60er-Jahre-Stil und sah seiner neuen Freu n din Susi regungslos entgegen.
Diese flitzte denn auch gleich los und schwang sich auf den Beifahrersitz. Sie hatte kaum Platz g e nommen und die Tür noch nicht ganz geschlossen, da gab der Fahrer schon Vollgas und der Wagen schoss los. Wir winkten zum Abschied, doch Susi wurde in ihren Sitz gepresst und war nicht in der Lage, unseren Gruß zu erwidern. Logisch, dass sie diesem eiligen Mann eine Lappalie wie eine Fundsache nicht zumuten konnte.
„Was fehlt denn deinem Kaninchen?“ , fragte ich Moni auf dem Weg zur Stadtbus-Haltestelle.
„Es niest neuerdings immer, wenn ich ihm eine Mohrrübe in den Käfig lege. Manchmal kann es vor lauter Niesen gar nicht knabbern. Dabei mochte es Mohrrüben immer so gerne!“ Moni war sehr besorgt. Ich konnte mir auf das merkwürdige Phänomen auch keinen Reim machen, aber ich war ja auch kein Veterinär. Sonnenklar , dass sie mit dem arme n Tier einen solchen konsultieren musste .
Wir fuhren in unterschiedlichen Bussen davon. Moni zu ihrem niesenden Karnickel und ich zu Beatrix.
Am Rande der Nobelgegend stieg ich aus dem Bus. An den Häusern dieser Menschen von Rang fuhren keine öffentlichen Verkehrsmittel vorbei. Niemand mochte ihnen zumuten, de m Lärm im Zwanzig-Minuten-Takt ausgesetzt zu sein. Außerdem hatte hier sowieso jeder mindestens eine Edelkarosse vor der Tür stehen und setzte sich nicht zum niederen Volk in einen stinknormalen Bus.
Ich wanderte an etlichen Prunkbauten vorbei auf meiner Suche nach dem Tannenkamp. Alle Str a ßen waren verkehrsberuhigt und endeten als Sackgasse. „Nur für Anlieger“-Hinweisschilder wirkten une r wünschtem Verkehrsaufkommen entgegen. Die Häuser versuchten sich gegenseitig durch extravagante Bauweise und aufwendige Details zu übertrumpfen.
Vor einem weißen Riesenlandhaus mit Dreifach-Garage widmete sich jemand der Autopflege. E in dunk ler Tur bo-P feil glänzte in der Sonne, und d er Besitzer lederte hingebungsvoll an den Türgummis he r um. An den diversen Konservierungs- und Wachsflaschen sah ich, dass sein Tageswerk noch lange nicht vollbracht war.
„Wissen Sie, wo der Tannenkamp ist?“ , sprach ich den Herrn an. Der ließ vor Schreck seinen La p pen fallen und flog zu mir herum .
„Haben Sie mich erschreckt!“ Er atmete tief durch, während er mir einen finsteren Blick zuwarf, dann fragte er: „ Was suchen Sie?“ Misstrauisch beäugte er mich von oben bis unten. Ich schwitzte und wollte nur eines: die dämliche Tasche loswerden.
„Den Tannenkamp“, wiederholte ich ungeduldig.
„Tannenkamp? Ja, zu wem wollen Sie denn da?“ Wenn in diesem Viertel in nächster Zeit ein Ve r brechen geschah, dann würde er der Polizei das Phantombild liefern.
„Tausendschön“, antwortete ich, obwohl mir seine Fragerei total gegen den Strich ging. Wäre ich nicht so erpicht auf eine Wegbeschreibung gewesen, dann hätte ich den blöden Kerl ein fach stehen gela s sen.
„Aha“, machte er. Nun scannte
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