Männer unerwünscht (German Edition)
klingelte.
Und dann kam sie. Wie eine Königin durchschritt Beatrix die Pforten zum Mekka der Billigtreter. Sie sah sich gar nicht um, sondern wünschte sofort bedient zu werden. Majestätisch ließ sie sich auf einem A n probierstuhl nieder und schaffte es binnen kürzester Zeit, die gesamte Belegschaft auf Trab zu halten.
„Dies ist ein Selbstbedienungsladen“, murrte Susi, doch Beatrix überhörte das geflissentlich. Sie u n terbreitete Gertrud, die sie auf Anhieb als Kompetenteste unter dem Personal ausgemacht hatte, ihr Anli e gen: Ein Paar moderne, tanzfeste, hochwertige Schühchen für eine rauschende Ballnacht. Wir hatten weder modern noch tanzfest und schon gar nicht hochwertig.
Gertrud, die Führungskraft, beschränkte sich denn auch auf eine rein beratende Funktion und scheuchte Susi und mich, die verschiedenen Modelle anzutragen. Bald hatte sich ein Riesenberg Schü h chen der Größe 36 vor Beatrix angehäuft. Nur selten steckte Majestät ihr zierliches, perlonbestrumpfhostes Füßchen in die Ballerinas und Pumps. Zumeist beschränkte sie sich darauf, die Schuhe in ihren Händen hin und her zu drehen und sich mit Gertrud über die Vor- und Nachteile eben dieses Paares auszulassen.
Pink-Gertrud überschlug sich vor Eifer. Endlich mal eine Kundin mit Anspruch, die wirklich fachg e recht beraten werden wollte. Und welch exquisiten, erlesenen Geschmack die Dame hatte! Moni musste indes sehen, dass sie mit der übrigen, unwichtigen Kundschaft zu Rande kam.
„Natürlich kommt für mich nur ein erstklassiges Produkt in Frage. Mir schwebt da etwas Aufregend-Einzigartiges vor. Das Werk eines begnadeten italienischen Designers. Ein Paar Schuhe, das die Ballgesel l schaft Jauchzer der Entzückung ausstoßen lässt. Sie verstehen, was ich meine“, setzte Beatrix voraus.
Gertrud, die meines Wissens noch nie einen Ballsaal von innen gesehen hatte, outete sich überr a schenderweise als Prinzessin auf dem Parkett der Opernbälle der Welt. Beneidenswert, von wem Gertrud schon alles betanzt worden war und welch traumhafte Nächte sie in k ron en leuchterbeschienenen Sälen verbracht hatte.
Beatrix hörte den Ausführungen ihrer Untergebenen gar nicht zu. Ich hatte nicht auf die Uhr ges e hen, schätzte jedoch, dass sich diese unentschlossene, kapriziöse Nervensäge seit mindestens eineinhalb Stunden im Laden aufhielt. Der Schuhberg wurde immer größer. Das 36er-Regal war bis auf die No-Name-Turnschuhe, Badelatschen und Hausschuhe leer gefegt. Alle Paare mussten wir „zur Ansicht“ vor Beatrix‘ Füßchen liegen lassen, statt sie wieder einzusortieren.
„Dieses Modell gefällt mir an sich ganz gut“, wurde Beatrix endlich etwas konkreter, während sie das potthässliche Modell „Ulla“ in ihren Händen begutachtete. „Aber ich vermisse ein kleines, aufregendes D e tail“, schlug sie sodann meine Hoffnungen in den Wind.
„Doris, lauf doch schnell noch mal runter ins Lager und hole unserer werten Kundin das Modell ‚Firs t love‘, du weißt schon, das mit der kleinen, süßen Goldspange“, befahl Gertrud. Ich starrte sie gehässig an, bevor ich zum soundsovielten Mal „schnell“ in den Keller lief und in den hintersten Winkeln nach irgendwe l chen Kartons fahndete. Mir taten schon die Arme weh vom Schleppen.
Unwillig streifte ich durch die Riesenkartonstapel im Lager. Keine Lust mehr! Die „Firstloves“ liefen mir nicht über den Weg, und ich brachte nicht die Energie auf, nach ihnen zu suchen. War doch sowieso zwecklos. Im Vorbeigehen schnappte ich mir ein Paar der oberhässlichen „Magic woman“, auf Hochglanz gewienerte schwarze, hochhackige Treter mit einer überdimensionalen, funktionslosen Blechschnalle dran. So musste ich nicht mit leeren Händen zu unserer aparten Hoheit zurückkehren. Da hatte sie ihr „aufrege n des Detail“ dachte ich schadenfroh.
Als ich die „Magic woman“ zu den übrigen auf den Schuhberg warf, brach Beatrix jedoch wider E r warten in Freudengeheul aus.
„Das sind meine Schuhe! Ein noch nie dagewesenes Sondermodell, wie für mich geschaffen!“
Die „Magic woman“-Schuhe gingen tausendfach über unseren Tresen.
Beatrix schlüpfte sofort in die unbequemen Dinger und trippelte graziös darin auf und ab. Prüfend blieb sie immer wieder vor dem Spiegel stehen, um gleich darauf Pirouetten drehend zwischen den Regalen zu entschweben. Susi, Moni und ich verdrehten die Augen.
Gertrud nicht. Sie keuchte hinter der Ballerina her und beteuerte: „Einfach
Weitere Kostenlose Bücher