Maenner weinen nicht
stellen. Auch Ihren Kindern wird es dadurch besser gehen. So konnten Studien zeigen, dass depressive Väter sich weniger mit ihren Kindern beschäftigen, was wiederum das Entstehen einer innigen Vater-Kind-Bindung erschwert. Der Kinderarzt James Paulson von der Eastern Virginia Medical School beobachtete in seinen Untersuchungen beispielsweise, dass depressiv gestimmte Väter mit ihren neun Monate alten Kindern weniger spielten und sangen oder ihnen seltener vorlasen. Der geringere Kontakt insbesondere beim Lesen führte dazu, dass sie als zweijährige Kinder weniger Worte kannten als Gleichaltrige, deren Väter sich regelmäßig mit ihnen beschäftigt hatten.
Aufgrund des väterlichen Tiefs gingen die Kinder in anderen Studien seltener enge soziale Bindungen ein, hatten vermehrt Schwierigkeiten, rechtzeitig die Schulreife zu erlangen, und waren psychisch labiler. Außerdem hatten sie bis ins hohe Erwachsenenalter ein erhöhtes Risiko für Angststörungen, Depressionen und Drogenmissbrauch. Und nicht nur die neugeborenen Kinder selbst, sondern auch die Geschwister litten und wiesen deutliche Verhaltensprobleme auf. Das Ausmaß der Störungen, die die väterliche Depression auslösen kann, ist mit dem Einfluss psychischer Erkrankungen der Mutter vergleichbar.
Paul Ramchandani und sein Team von der Universität Oxford veröffentlichten 2005 und 2008 zwei Untersuchungen, in denen sie die Auswirkungen der väterlichen Stimmungstiefs ausführlich beschrieben: Kinder von Vätern, die in den ersten Monaten nach der Geburt depressiv waren, zeigten mit dreieinhalb Jahren vermehrt Verhaltensauffälligkeiten. Dieser Effekt war bei den kleinen Jungs ausgeprägter und wurde auch dann beobachtet, wenn sich die Depressionen des Vaters inzwischen gebessert hatten. Die typischen emotionalen und sozialen Probleme waren auch in der zweiten Studie noch vorhanden, als die Kinder bereits sieben Jahre alt waren.
Nach dem Grund für die anhaltende Wirkung gefragt, erklärte Studienleiter Ramchandani, dass die Väter von heute einen viel größeren Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder hätten als früher: Während sich früher fast ausschließlich Mütter um die Nachkommen kümmerten, seien moderne Männer vermehrt dazu aufgefordert, ihre Vaterrolle wahrzunehmen. Zwangsläufig prägt der vermehrte Kontakt zwischen Vater und Nachkommen dessen Persönlichkeit und Psyche.
Durch welchen Mechanismus die Depressionen der Väter in den ersten Lebenswochen und -monaten die Kinder beeinflussen, hat die Wissenschaft noch nicht bis ins Detail verstanden. Sicher weiß man, dass die spätere Kindesentwicklung davon abhängt, wie viel und wie intensiv sich Väter bis zum Lauflernalter um ihre Kinder kümmern.
Möglicherweise zieht sich das Kind durch die fehlende emotionale Zuwendung des traurigen Vaters zurück und entwickelt dadurch die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten. Der kranke Vater spürt dies, fühlt sich schuldig und wird noch depressiver.
Eine wichtige Aufgabe der Therapeuten ist es deshalb, diese Abwärtsspirale zu durchbrechen – und Kind und Vater zu gemeinsamen positiven Erlebnissen zu verhelfen.
Schwermut im Kinderzimmer
Nicht nur ausgelöst durch die Niedergeschlagenheit ihrer Väter, sondern auch aus vielen anderen Gründen können selbst Jungs schon depressiv sein: die Scheidung der Eltern, Probleme in der Familie, eine genetische Veranlagung. Auch die Schule ist ein steter Quell für Belastungen. Mobbing gehört dazu und das Gefühl, ständig überfordert zu sein. »Schulkinder leiden häufig unter dem Leistungsdruck und den überhöhten Erwartungen, die andere oder sie selbst an sich richten«, sagt die Psychologie-Professorin Ulrike Ravens-Sieberer aus Hamburg.
Die BELLA -Studie des Berliner Robert-Koch-Instituts, publiziert im Jahr 2007, hat gezeigt, wie weit verbreitet Melancholie und Traurigkeit unter Deutschlands Jugend sind. Ravens-Sieberer und ihr Team entdeckten bei etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen durch intensive Befragungen Anzeichen für eine behandlungsbedürftige Depression. Für die BELLA -Studie hatten die Wissenschaftler 2863 Familien mit Kindern im Alter von 7 bis 17 Jahren zu ihrem seelischen Wohlbefinden befragt. Und auch noch jüngere Kinder zeigten bereits depressive Verstimmungen: Etwa ein Prozent der Vier- bis Sechsjährigen wiesen in einer Untersuchung des Hamburger Universitätsklinikums in einem durchschnittlichen Hamburger Stadtteil entsprechende Anzeichen auf. Diese
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