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Maenner weinen nicht

Maenner weinen nicht

Titel: Maenner weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanz Loeffler
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unterscheiden. Entsteht die Vergesslichkeit, weil vermehrt Hirnsubstanz abgebaut wird, oder ist sie die Begleiterscheinung einer Depression? Erschwerend kommt hinzu, dass beide Formen auch gemeinsam vorliegen können.
    Die Medien jedenfalls zitierten Freunde, denen zufolge Gunter Sachs immer wieder unter Depressionen gelitten haben soll. Den Hang zur Traurigkeit hatte er möglicherweise von seinem Vater geerbt; der erschoss sich im Jahr 1958 – wegen schwerer Depressionen. Ulrich Hegerl, Direktor der Leipziger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, hielt es in einem Interview mit der Berliner Zeitung deshalb durchaus für möglich, dass Sachs an einer nicht therapierten Depression litt. In einer solchen Krise sehe man alles durch eine schwarze Brille und schätze so seine Situation völlig falsch ein, erklärte Hegerl in dem Gespräch. Nicht jeder ältere Mensch, der plötzlich vergesslich wird, leidet also auch an einer unheilbaren Demenz. Der Gang zum Facharzt hätte Sachs möglicherweise seine Ängste nehmen und seinen Tod verhindern können. Denn unter einer antidepressiven Therapie stellt sich die Welt erfahrungsgemäß wieder ganz anders dar.
    Die folgende Tabelle soll helfen, beide Zustände klarer voneinander zu unterscheiden – Ihre eigenen oder die Ihres Angehörigen. Sie kann dabei unterstützen, den behandelnden Arzt auf die verschiedenen Symptome aufmerksam zu machen. Bei der Beschreibung der Anzeichen im zeitlichen Verlauf könnte auch Ihre Hilfe als Angehörige(r) nützlich sein. Und sollten die Ärzte nicht zu einer eindeutigen Diagnosekommen, fragen Sie als Betroffener unbedingt nach, ob in Ihrem Fall ein Behandlungsversuch mit Antidepressiva und eine begleitende antidepressive Therapie sinnvoll sein könnten.
Unterschiede zwischen Demenz und Depression (adaptiert nach Karl C. Mayer)
Hinweise auf eine Depression
Hinweise auf eine Demenz
rascher Beginn, Dauer weniger als 6 Monate
langsamer Beginn, erste Anzeichen liegen meist ein Jahr und länger zurück
auffällige Leistungsschwankungen bei ähnlichen Aufgaben
meist gleichmäßige Leistungsminderung bei ähnlichen Aufgaben
Klagsamkeit, »Ich weiß nicht«-Antworten
Über- und Herunterspielen von Krankheitszeichen, gute Leistungs- und Testmotivation
Schlafstörungen, Gewichtsverlust, Grübelzwang, Suizidgedanken
Kurzzeitgedächtnisdefizit im Vordergrund
orientiert, weiß Hilfe zu finden
desorientiert, ungezielt Hilfe suchend
allgemeine Leistungsschwäche, oft detaillierte Schilderung der kognitiven Defizite
typische Schwächen (Verlaufen, Desorientiertheit, falsche Bedienung von Geräten); visuell-räumliche Störung, Schwierigkeiten beim inhaltlichen Verstehen, Sprachfindungsprobleme, Rechenhemmung
sich nicht aufraffen können, Gefühl, alles falsch zu machen, verlangsamte komplexe Bewegungen
vor allem Hirnleistungsstörungen: Denken, Sprechen und Rechnen, visuell-räumliche Störungen, Störungen des abstrakten Denkens
gute Alltagskompetenz im Gegensatz zum schlechten Abschneiden in Tests
große Probleme, im Alltag zurechtzukommen, und schlechtes Abschneiden in Tests entsprechen sich
meist gutes Ansprechen auch der kognitiven Symptome auf Antidepressiva und Psychotherapie
Symptome der verminderten Hirnleistung sprechen nicht auf Antidepressiva und Psychotherapie an, bei gleichzeitiger Depression bessert sich die Stimmung
    Hilfe für Seele und Körper
    Die gute Nachricht: Schwere Depressionen im Alter sind eher selten. Häufiger treten leichte bis mittlere Beschwerden auf. »Das führt allerdings dazu, dass die Altersdepression auch seltener entdeckt wird«, erklärt Psychiater Wolfersdorf. Und selbst die korrekte Diagnose ist längst kein Garant dafür, dass die Verstimmungen tatsächlich behandelt werden. Schätzungsweise nur etwa jeder zehnte ältere depressive Mensch kommt überhaupt in den Genuss einer Therapie.
    Das ist dramatisch – schließlich weiß man aus wissenschaftlichen Untersuchungen, dass die frühe und konsequente Therapie der Altersdepression besonders erfolgversprechend ist. Und ganz ähnlich wie bei jüngeren Patienten würde es sich dabei am meisten auszahlen, verschiedene Behandlungsmethoden miteinander zu kombinieren, so Wolfersdorf. Die besten Erfolge zeigen sich, wenn Medikamente und Psychotherapie, Bewegungstherapie und Hilfsangebote für den Alltag in das Therapiekonzept einfließen. Doch statt ihre älteren Patienten »ganzheitlich« zu behandeln, begnügen sich viele Ärzte damit, ihnen lediglich

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