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Maenner weinen nicht

Maenner weinen nicht

Titel: Maenner weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanz Loeffler
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erhöht sich das Risiko auf 30 bis 40 Prozent. Dabei geben die Eltern auch bestimmte Krankheitsmerkmale an ihre Kinder weiter, beispielsweise das frühe Auftreten der Erkrankung oder eine erhöhte Gefahr, immer wieder depressive Episoden zu erleben.
    Doch wie lassen sich diese Verkettungen genauer erklären? Bislang hat die Wissenschaft für das erhöhte Risiko innerhalb einer Familie kein einzelnes Gen entdeckt, welches das Erkrankungsrisiko sprunghaft anhebt. Vielmehr gehen die Experten davon aus, dass viele kleinere Veränderungen auf ganz unterschiedlichen Genen die »Anfälligkeit« für Depressionen erhöhen. Das Interesse der Forschung an den genetischen Zusammenhängen bei der Depression ist groß: Würde man alle Gene kennen, die beteiligt sind, könnten Wissenschaftler leichter Therapien entwickeln, um diese Gene zu reparieren oder auszutauschen. Bislang stehen mehr als 20 Gene im Verdacht, direkt oder indirekt für Depressionen verantwortlich zu sein. Therapeutische Konsequenzen hatte dieses Wissen bislang jedoch noch nicht.
    Das folgende Beispiel zeigt, wie schwierig es ist, selbst bei einem »Treffer« handfeste Aussagen zum Erkrankungsrisiko zu machen: Ein Gen, das bei Depressiven häufiger mutiert ist, ist das sogenannte 5- HT -Transporter-Gen. 5- HT oder 5-Hydroxytryptamin ist ein Synonym für Serotonin; ein Serotoninmangel erhöht bekanntlich das Risiko für eine Depression. Denn Serotonin – auch »Glückshormon« genannt – reguliert das seelische Wohlbefinden. Der Serotonintransporter sorgt dafür, dass Serotonin in das Innere der Zelle transportiert wird und dadurch nicht mehr wirkt. Wissenschaftler fanden nun Varianten in einer DNA -Sequenz, die die Aktivität des Serotonintransportergens beeinflussen. Dadurch verändert sich die verfügbare Serotonin-Konzentration im synaptischen Spalt.

    Serotonin-Transporter unterbricht die Serotonin-Wirkung,
indem er Serotonin in die Nervenzelle transportiert
    Seit einer Publikation im Jahr 2003 glaubte man zunächst, dass Menschen mit dem mutierten Gen häufiger an einer Depression erkranken, wenn sie zusätzlich ein persönlicher Schicksalsschlag trifft. Eine spätere Analyse aus dem Jahr 2009, für die Wissenschaftler 14 hochrangige Studien mit 14250 Patienten auswerteten, widersprach der früheren Studie: Kathleen Merikangas und ihre Kollegen vom Nationalen Amerikanischen Gesundheitsinstitut fanden keinen Zusammenhang zwischen mutiertem Serotonin-Transporter-Gen, tragischen Lebensereignissen und dem vermehrten Auftreten von Depressionen. Doch damit war die Diskussion noch immer nicht beendet. Anfang 2011 veröffentlichten Katja Karg und Srijan Sen von der Universität Michigan eine Studie mit 41000 Teilnehmern. Ihren Untersuchungen zufolge erhöhte die veränderte Variante das 5- HT -Transporter-Gens die Gefahr an einer Depression zu erkranken nur dann, wenn der Betroffene auch eine schwere körperliche Erkrankung hatte oder in der Kindheit missbraucht worden war. Bei anderen Schicksalsschlägen zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Genom und Lebenssituation.
    Doch was bedeutet das für den Einzelnen, was für Sie als Betroffenen? »Zweifellos haben Gene auf die Entstehung der Depression einen Einfluss. Wie groß dieser tatsächlich ist, wissen wir bislang nicht genau«, sagt Florian Holsboer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München. Denn Genvarianten spielen nicht nur eine Rolle dabei, ob jemand depressiv wird. Ihre Reichweite ist noch viel größer: Sie beeinflussen auch unsere Risikobereitschaft, fand der amerikanische Psychiater Kenneth Kendler heraus. Menschen mit einer bestimmten genetischen Ausstattung manövrieren sich also häufiger in schwierige Lebenssituationen – die sie möglicherweise so traumatisieren, dass sie depressiv werden. Umgekehrt kann es von genetischen Faktoren abhängen, ob ein Mensch gut gegen einschneidende Erlebnisse gewappnet ist und diese besser wegsteckt. Genetische Bedingungen und Umweltfaktoren wirken also wechselseitig aufeinander ein. Die Bedeutung beider Einflüsse unterstreichen auch Zwillingsstudien: Ist von eineiigen Zwillingen – die genetisch identisch ausgestattet sind – einer depressiv, bleibt der zweite Zwilling in der Hälfte der Fälle beispielsweise gesund.
    Die Epigenetik, eine noch junge Wissenschaft, beschäftigt sich damit, wie persönliche Erfahrungen das Erbgut eines Menschen beeinflussen können. Damit widerspricht die Forschung der lange gültigen Annahme, dass die

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