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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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Der Zeuge …«
    Und der Mann namens Harry schien aus dem Traum zu fallen. Sein Mund preßte sich zusammen, er war zu sprechen bereit gewesen.
    Er sah den Obersten starr an, wischte sich die Müdigkeit aus den Augen, erhob sich ruckartig und ging.
    Beinahe, dachte der Oberst und blickte wutentbrannt auf den Schriftführer. Dem reiß’ ich noch den Kopf ab!
     
    Sie kehrten ins Lazarett zurück. Der Oberst setzte sich, sah auf die bleichen Zeugen, auf den langweiligen, bedachtsamen Vizepräsidenten der Erdölgesellschaft, auf den widerborstigen Ankläger und verkündete dann mit der klaren Stimme der Gerechtigkeit: »Nehmen Sie Platz, meine Herren! Die Untersuchung geht weiter.«

 
    VIERTER TEIL Die Untersuchung wird fortgesetzt

Achtes Kapitel
    Erster Zeuge, Juan Pereira, setzt seine Aussage fort.
    Vorsitzender: Lassen Sie sich Zeit. Es hat keine Eile.
    Juan Pereira: Herr Oberst, ich glaube, in meiner Lage wäre Eile geboten.
    Vorsitzender: Noch ein bißchen Wein?
    Juan Pereira: Nein, danke.
    Vorsitzender: Das kann ich Ihnen nachfühlen. Ich möchte auch nicht, daß mein Atem nach diesem Gesöff stinkt, wenn ich dem Allmächtigen begegne. Sind Sie jetzt bereit?
    Juan Pereira: Ja, Herr Oberst … Mittags überflogen wir den Hauptkamm. Ich hatte eine schlechte Nacht gehabt und wollte dösen, aber die Aufwinde aus den Schluchten warfen das Flugzeug hin und her, als segelten wir auf einer Feder durch die Luft. Schon allein der Anblick der Grate und Schroffen, furchterregend wie eine Mondlandschaft, genügte, mir den Schlaf zu rauben.
     
    Ich mußte eingenickt sein, denn eine Hand zerrte mich wach. Charley war es. Der hatte seinen Schlaf gehabt – mußte er mich um meinen bringen? Ich hörte ein seltsames Stakkato, ein Knallen: Einer der Motoren spie kleine Feuerzungen. Harry drosselte ihn, worauf er nur mehr eine Funkenspur hinterließ, dann fiel er aus. Wir befanden uns schon fast über dem Camp. Ich sah die Spitze des Bohrturms, die dürftige Piste, eine Schneise, die nicht breit genug schien, daß ein Floh landen könnte. Mit drei Motoren kurvten wir über dem Camp, wobei die eine Tragfläche etwas ungleich nachzog.
    Ich sah unsere Baracken, klein wie Spielzeug, das Rockefeller-Hotel und Männer, die hin und her gingen. Dann schossen wir wieder über Wald, das Camp verlor sich für kurz in der dichten grünen Wildnis.
    Wir kurvten ein, um zur Landung anzusetzen, sahen den Bohrturm knapp unter uns und auf der Plattform winkende Gestalten. Einem Stein gleich verloren wir an Höhe, was mir unbeschreibliche Angst einjagte. Aber Harry behielt die Kontrolle auch bei nur drei Motoren, und wir setzten am Ende der staubigen Bahn auf, kratzten knirschend im Sand und hüpften zwei- oder dreimal wie ein Ball, was mir das Herz bis in den Mund klopfen ließ. Dann aber rollten wir sanft dahin, so sanft es eben eine veraltete Hydraulik auf einer unebenen Piste zuläßt. Der abgestorbene Motor begann erneut zu knallen, doch die Bremsen quietschten, die Maschine verlor an Geschwindigkeit. Harry ließ sie auf das Betonviereck rollen, den Serviceplatz, wo auch die Baracken der Mechaniker liegen. Das Vibrieren der Maschine setzte aus.
    Als erster stieg ich aus, als nächster Charley. Miguel rief mir nach und reichte mir die Bündel der Mädchen herunter. Dann stiegen die Mädchen aus. Klein, verloren im Schleier des aufgepeitschten Staubs standen sie da und blickten verwundert um sich. Was sie sich erwartet hatten, weiß ich nicht: vielleicht gepflegte Rasenflächen, hübsche Landhäuser in Reihen gebaut, Kinder und Hunde, die in der Sonne spielen. Sie sahen, was ich sah: Die schäbigen Baracken der Arbeiter, das verwahrloste Rockefeller-Hotel mit schadhaftem Anstrich und zerbrochenen Schindeln. Sie hörten, was ich hörte: das dumpfe Schlagen des Bohrgestänges und das Brummen und Ziehen der Spülpumpen.
    Pater Luis, der sich neben mich gestellt hatte, schien mit einemmal vor Schreck erstarrt.
    Und da geschah es. Eigentlich war es schon vor zwei Minuten geschehen, aber ich hatte mich um die Bündel gekümmert und mir dann die Beine ausgeschüttelt und daher nichts bemerkt. Die Männer auf dem Bohrturm starrten ungläubig und verzückt auf die Mädchen. Plötzlich stand der Bohrmeißel still, die Spülung setzte aus. So still wurde es, daß ich das dünne, verrückte Kreischen der Aras auf den Bäumen hörte. Bei den Baracken standen ein paar Männer herum und starrten in der drängenden Stille ebenso gespannt auf die Mädchen.
    Und

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