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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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hier in Ihrem Camp solch zarte Anwandlungen vermutet«, fuhr der Oberst ironisch fort. Dann zog er die Perlen hervor. »Sagt Ihnen das etwas?«
    »Was soll das sein?«
    »Sie kennen es nicht?«
    »Was soll ich kennen?«
    »Rosenkranzperlen. Von einem Priester vielleicht. Noch immer keine Erklärung?«
    »Nein.«
    »Auch nicht für das Blut, das ich am Geländer sah?« Das war mehr als ein Schuß ins Dunkel. Wieder zuckte der Mann zusammen, als hätte er auf einen hohlen Zahn gebissen. Und der Oberst wußte genau: Was dort oben die Sonne getrocknet hatte, war sicher nicht Farbe gewesen.
    Er sagte sanft: »Die Verschwörerrolle paßt nicht zu Ihnen. Ihr Gesicht ist zu ehrlich, es verrät alles.«
    »Scheren Sie sich zum Teufel!«
    »Ich hab’s nicht eilig. Dieses Vergnügen möchte ich auf fünfzig Jahre später verschieben.«
    Geduldig wartete der Oberst: Qual soll dieses Gesicht überziehen, der Zahn soll ein wenig fester aufbeißen. Dann sagte er: »Irgendwann einmal werden Sie es loswerden müssen. Wozu es in der Brust verschließen? Es wird Sie wie eine Viper beißen. Der Schmerz wird Sie verrückt machen.« Der Mann wandte ihm das Gesicht zu, und der Oberst fuhr fort, sanft, sehr sanft: »Ich bin wirklich Ihr Freund. Warum teilen Sie sich mir nicht mit?«
    Eine Eidechse huschte unter einem Stein hervor. Gespannt sah der Mann ihr nach, und der Oberst dachte: Nein, die macht dir nicht den Sündenbock, die trägt dir nicht deine Sünden fort.
    »Ich will Ihnen helfen«, begann er nochmals, »ob Sie es glauben oder nicht.« Zutraulich setzte er sich neben ihn, berührte ihn fast und sagte: »Ich beginne nun zu ahnen, in welch furchtbarer Zwangslage Sie sich befanden. Es ist nun einmal so: Die gefährlichsten Entscheidungen müssen immer von den Besten getroffen werden. Das Schicksal hat einen üblen Sinn für Humor. Ich bin Offizier. Im Gefecht mußte ich schon manchmal blutige Entscheidungen treffen, Entscheidungen, bei denen es mir den Magen umdrehte« – was eine Lüge war, denn der Oberst kannte das Schießen nur von Manövern, bei denen blind geschossen wurde, und auch das duldete er nur unter Protest, denn sie führten ihn von seiner Frau fort.
    Keine Antwort. Doch der Oberst wußte: Die Forelle kommt jetzt aus dem Dunkel hervor, in die Licht durchfluteten Stellen des Bachs, kommt dem Angelhaken näher. Bald habe ich sie gefangen.
    Er mimte Rechtschaffenheit. »Ich sage Ihnen etwas, ganz vertraulich: Ich bin Vorsitzender dieser Untersuchungskommission, wir sind in Lateinamerika, und die Gesetze hier sind dehnbar; man kann sie aus privaten Rücksichten ein wenig zurechtrücken. Großunternehmen, zumal Erdölgesellschaften, legen keinen Wert auf Publizität. Verstehen Sie mich?« Der Oberst log mit ehrlichem Gesicht. »Hätte ich es verlangt, könnte ich einen Cadillac und einen bezahlten Aufenthalt in Miami bekommen. Aber die Wahrheit geht mir vor. Ich bin ihr leidenschaftlicher Anhänger. Alles, was ich will, ist: Ihnen helfen. Und dazu brauche ich die Wahrheit.«
    Der Mann sah ihm prüfend ins Gesicht. Der Oberst dachte: Hier, ja, hier ist sie, glitzernd im seichten Wasser, komm näher, Forelle, komm zum Angelhaken!
    »Geld ist nicht alles«, setzte der Oberst fort und dachte: Ich werde den Vizepräsidenten noch so weit bringen, daß er sich wünschen wird, er hätte zwei Cadillacs, zwei Aufenthalte in Miami – und zudem ein kleines Geldgeschenk springen lassen. Der Teufel soll ihn holen, diesen Minister! Ich kannte ihn schon, als er noch ein kriecherischer kleiner Beamter war.
    »Vertrauen Sie mir, Senhor Harry«, flüsterte der Oberst. »Ich darf Sie doch beim Vornamen nennen?«
    Erschöpft nickte der Mann seine Zustimmung. Sein Gesicht schmolz, seine Augen verloren fast ihren Glanz.
    »Sprechen Sie sich doch aus über das, was geschehen ist!« sagte der Oberst. »Schütten Sie Ihr Herz aus! Betrachten Sie mich als Ihren Beichtvater! Sie und ich werden das nun in Ordnung bringen. Sie brauchen mir bloß zu erzählen, wie es begann, was geschah. Und Sie werden sich wie neugeboren fühlen. Gereinigt. Es gibt nichts Besseres als das kalte Bad der Wahrheit. Meine Aufgabe ist, Ihnen alles Schwere von den Schultern zu nehmen.«
    Die Lippen des Mannes begannen sich zu bewegen, noch drang kein Laut über sie. Der Oberst wußte: Nun habe ich dich am Haken. Kleine, müde Forelle, du bist gefangen!
    Da hörte er im Staub hinter sich eiliges Schlurfen. Laut verkündete der Schriftführer: »Er ist bereit, Herr Oberst.

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