Männerfrei: Roman (German Edition)
seine Kreativstrategie hinterfragst. Ich habe mir seine Arbeit angesehen und die E-Mail gelesen und dein Recht verteidigt, solche Fragen zu stellen, obwohl ich den Entwurf nicht so kritisch gesehen habe…« Ich nicke. Er spricht von den Siebziger-Postkarten.
» Dann hat er also von dir verlangt, dass du mich rausschmeißt?«
» Nicht direkt«, antwortet Cooper. » Er meinte, er könnte einfach nicht mit dir arbeiten. Du wärst zu unerfahren, zu grün hinter den Ohren.« Ich spüre, wie mir das Blut ins Gesicht schießt und die unweigerlichen Tränen in meine Augen– ah, ja, Wuttränen. Cooper lehnt sich zurück. » Ich habe Andy gesagt, er soll sich eine Woche Zeit nehmen, um über seine Einstellung nachzudenken, und mich danach informieren, ob er uns nach wie vor verlassen möchte. Es ist nämlich völlig ausgeschlossen, dass ich dich gehen lasse.«
Jetzt ist mir erst recht nach Heulen zumute. Verhalte dich professionell, verdammt. Du willst schließlich mehr Geld von dem Mann. Ich räuspere mich und schenke Cooper ein Lächeln.
» Danke, Cooper. Das… freut mich sehr zu hören. Andy ist so ein…«
» Ich weiß«, fällt Cooper mir ins Wort.
» Dann… verlässt er uns tatsächlich?«
Cooper nickt. » Heute Morgen hat er mir seine Kündigung auf den Tisch gelegt. › Kündigung ‹ hat er übrigens falsch geschrieben… Egal, ich dachte, du solltest das wissen.«
Ich muss wegen des Seitenhiebs auf Andys Rechtschreibung kichern, doch meine Gedanken überschlagen sich. Was für ein Oberarsch. Ich überlege, ob Andy zu mir diese Woche besonders unhöflich war, aber ich habe nur mein übliches Ding gemacht und mich von ihm ferngehalten.
» Ja, das ist sehr interessant. Und wer soll ihn ersetzen?«
» Ich treffe mich heute Abend auf einen Drink mit Chris«, sagt Cooper.
» Chris!«, rufe ich begeistert. » Denkst du, er kommt zu uns?« Chris ist mein ehemaliger Art Director, mit dem Coop und ich in der großen Agentur zusammengearbeitet haben. Chris ist genial, absolut teamfähig und würde hervorragend zu uns passen.
» Ja, wenn das Geld stimmt«, entgegnet Cooper. » Ich habe ihn gestern Abend angerufen. Wir sind uns so gut wie einig.«
Ich huste. Jetzt oder nie. Zeit für meine Ansprache.
» Da wir gerade von Geld sprechen, Cooper, ich wollte mit dir über mein Gehalt reden. Ich weiß, momentan haben wir eine Wirtschaftskrise, aber du wirst mir sicher zustimmen, dass ich für jemanden mit meiner Erfahrung und Verantwortung deutlich unterbezahlt bin. Der Agentur geht es finanziell gut, und ich bin in alle Projekte einbezogen, und ich denke, du weißt, dass ich für die erfolgreiche Präsentation letzte Woche einen wesentlichen Beitrag geleistet habe.« Puh.
Cooper nickt, sagt jedoch nichts. Ich glaube, er will sehen, wie lange ich noch weiterrede, bevor mir die Argumente ausgehen.
» Ich habe ein bisschen recherchiert. Das Durchschnittsgehalt eines Werbetexters mit meiner Erfahrung liegt zwischen…« An dieser Stelle muss ich zensieren. Es macht Ihnen doch nichts aus, oder? Über Geld in der Öffentlichkeit zu reden schickt sich nicht. » …Und ich weiß ja, dass die wirtschaftliche Lage derzeit schwierig ist, aber unsere Firma ist davon nicht betroffen, und ich finde, ich habe einen wesentlichen Anteil daran.« Ups, das stand nicht im Script. Ich habe mich inhaltlich wiederholt. Was soll’s. Ich hole tief Luft und sehe Cooper an.
» Einverstanden«, meint er. Was? Ich dachte, er würde mit mir herumdiskutieren. » Ich habe mich schon gefragt, wann du damit ankommst. Wie viel?«
Verdattert nenne ich ihm die Zahl.
» Abgemacht.«
» Und ich möchte das Geld rückwirkend bis zu meiner letzten Beurteilung haben, als es mir schon zugestanden hätte«, füge ich hinzu. Das ist halbwegs improvisiert. Das war Kates Idee, als sie mir bei meiner Rede half, doch ich tat sie verächtlich ab, weil es mir unverschämt vorkam.
» Abgemacht.«
» Okay«, antworte ich. » Wow. Danke.« Ich bin zum zweiten Mal innerhalb von fünf Minuten sprachlos.
» Gut. Wenn Chris kommt, werden wir die Firma umstrukturieren. Du wirst mit ihm zusammen die Kreativabteilung leiten.« Meine Kinnlade klappt herunter. » Du bekommst zwar offiziell noch keinen neuen Titel, aber da wir unser Auftragsvolumen fast verdoppelt haben und ich in Zukunft viel öfter verreisen muss und nicht so präsent sein kann, wie ich gerne möchte, brauche ich dich, um das Kreativteam zu managen. Wir werden ein paar Texter und Grafikdesigner
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