Maennerschlussverkauf - Roman
vorher nie«, seufzt er, verabschiedet sich und läuft zu seinem wartenden Wagen.
»Jetzt heißt es Daumen drücken!«, erklärt mir Tom, als wir kurz darauf allein sind.
»Das tue ich längst!«, strahle ich ihn an und freue mich.
»Anna, das hast du wirklich gut gemacht!«, flüstert er daraufhin, nimmt kurz meine Hand und küsst sie.
Daraufhin rutscht mir das Herz gut vierzig Zentimeter nach unten, und als der Kameramann Tom zu sich ruft, weil er für eine Bildeinstellung Probe stehen soll, blicke ich ihm verträumt nach. Dann drehe ich mich um, sehe unter uns die Theresienwiese und weiß in mir drin schon ganz genau, wie alles aussehen wird. Fabelhaft! Und Tom und ich werden mittendrin sein. In diesem Moment freue ich mich so sehr auf die Fashion Week und die Zukunft mit Tom, dass mir fast die Luft wegbleibt.
Es ist noch nicht allzu lange her, da dachte ich, mein Leben sei gelaufen, und nun stehe ich hier an einem fantastischen Ort in einer fantastischen Stadt, habe einen fantastischen Job, plane ein fantastisches Event und habe einen fantastischen Freund. Das heißt, ist Tom überhaupt mein Freund? Na gut, wir haben uns geküsst, aber bedeutet das schon, dass wir auch zusammen sind? Immerhin hat er mich eben noch mal geküsst, zwar nur auf die Hand, aber immerhin. Und wir gehen heute Abend essen! Vielleicht sollte ich ihn einfach fragen?
Genau davon rät mir Leonie zwar später am Tag in meinem Zimmer dringend ab (O-Ton: »Wenn du einen Mann vor dem ersten Sex fragst, ob ihr ein Paar seid, denkt er entweder, du bist eine mormonische Spießerin, und schießt dich schneller ab, als du das Wort ›Beziehung‹ auch nur buchstabieren kannst, oder er sagt nein und versucht trotzdem, dich flachzulegen, um seinen Ehrgeiz zu befriedigen!«). Aber ganz ehrlich, Tom ist da anders, denke ich. Ein Mann, der nach einem derartigen Katastrophenabend wie der Filmpremiere noch zu mir hält, kann kein Mistkerl sein. Immerhin habe ich Til Schweiger angerülpst und die Premiere mit meinem Schluckauf gecrasht, und er lobt mich danach in jedem TV -Interview über den grünen Klee? Das kann nur Liebe sein, wie Manuel richtig festgestellt hat. Okay, von Til Schweiger weiß Tom nach wie vor nichts. Aber das mit dem Schluckauf reicht auch schon.
Jedenfalls schlage ich mir Leonies Stimme ganz schnell wieder aus dem Kopf, als ich abends mit Tom bei seinem Lieblingsitaliener sitze. Es ist total gemütlich hier. Auf den Tischen liegen rot-weiß-karierte Tischdecken, ein Bilderbuchitaliener mit Schnurrbart hat Tom mit lautem Singsang begrüßt, und vor uns stehen frische Oliven, ofenwarmes Brot und Prosecco vom Fass. Ich fühle mich sofort heimisch hier und bin froh, dass ich ausnahmsweise mal nicht auf meine Mitbewohner gehört habe. Momentan trage ich nämlich kein hautenges Cocktailkleid, sondern ein wesentlich bequemeres graues Print-Shirt über Lederleggings und bequemen schwarzen Stiefeln. Das sieht genauso sexy aus und lässt zu, dass ich statt einem Minisalat eine große Pizza verdrücken kann.
Seit meiner Schluckauf-Misere habe ich von Lebensmittelexperimenten genug und mir vorgenommen, bei Dates mit Tom künftig das zu essen, was ich möchte. Wenn er meine bisherigen Fauxpas so lässig hingenommen hat, wird er mich bestimmt nicht abservieren, nur weil ich eine Pizza esse. Im Gegenteil! Als ich dem Vorzeige-Italiener meine Bestellung in den Block diktiere, lächelt Tom und gratuliert mir dazu, zielsicher die beste Pizza auf der Karte ausgesucht zu haben. Zur Vorspeise teilen wir uns ein Carpaccio mit Trüffeln, und ich erfahre endlich, wie Tom zum Fernsehen gekommen ist.
Eigentlich hat er Politikwissenschaft studiert und wollte Nachrichtenjournalist werden, doch dann machte er ein Praktikum bei KNL , stand für ein paar Beiträge vor der Kamera und fiel durch sein Talent auf. Das hörte irgendein Programmboss. Zufällig sollte Flash! gerade als neues Magazin eingeführt werden, und als der ursprünglich dafür vorgesehene Moderator absprang, casteten sie Tom für die Sendung. Das war vor acht Jahren, und seitdem ist er nicht nur das Gesicht von Flash! , sondern auch einer der beliebtesten Fernsehmoderatoren Deutschlands.
»Ich dachte immer, solche Geschichten seien urbane Fernsehmärchen«, erzähle ich ihm und breche mir noch ein Stück von dem frischen Brot ab.
»Das sind sie eigentlich auch«, antwortet er. »Aber bei mir ist das Unmögliche irgendwie geschehen, und seitdem hören Generationen von Praktikanten diese
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