Maennerschlussverkauf - Roman
lockert und in meinen Magen weiterwandert, um sich dort in Kalorien umzuwandeln und sich anschließend auf meinen Hüften niederzulassen. Wieder einmal hat Tom mich gerettet.
Doch anstatt mich bei ihm zu bedanken, starre ich meine Mutter an und frage sie ungläubig: »Was hast du da gerade gesagt?!«
»Aber Liebling, das wussten wir doch alle irgendwie. Nur wollte keiner von uns dir wehtun. Schließlich warst du so verliebt. Blind vor Liebe …«, seufzt sie weiter, und die Verräter um sie herum nicken schon wieder. »Aber das Kapitel ist zum Glück endgültig abgeschlossen!«, kräht sie betont fröhlich. »Wer mag noch ein Stück Torte? Sie, Tom?« Obwohl er ihre Frage verneint, legt sie noch ein extragroßes Stück auf den Teller. »Für dich lieber keins mehr, mein Schatz. Sahnetorte setzt ja so unglaublich schnell an, nicht wahr?«, flötet meine Mutter mir zu und schaufelt parallel noch zwei Stücke auf den Teller meines nicht gerade leichtgewichtigen Vaters.
Grrrrr. Ich könnte sie manchmal … Allerdings mag ich sowieso nicht noch mehr Torte, und nachdem ich fast daran erstickt wäre, ist mein Bedürfnis nach dem Sahnezeugs gestillt. Also sage ich nichts und lächele nur zuckersüß. Nicht ohne das unterdrückte Grinsen von Tom neben mir zu bemerken. Doch der wird schnell abgelenkt.
»Wie genau funktioniert das jetzt mit diesem Moderieren? Müssen Sie Ihre Texte auswendig lernen oder haben Sie einen Knopf im Ohr und bekommen alles vorgesprochen?«, fragt meine Oma und beugt sich so interessiert vor, dass ihre Perlenkette in das Tortenstück auf ihrem Teller hängt.
Tom blickt sie freundlich an und fängt an, meiner Oma zu erklären, was ein Teleprompter ist. Anderthalb Stunden später hat sie es annähernd verstanden. Wie gesagt, ich kann Tom nur bewundern. Vor allem da er auch die Nacht bei meinen Eltern verbringen wird.
Selbstverständlich hat meine Mutter uns ein gemeinsames Bett im Gästezimmer hergerichtet (mein Kinderzimmer hat sie schon kurz nach meinem Auszug in ein Fernseh-Rosenzucht-Bibliotheks-Bügelzimmer umgewandelt) und verabschiedet uns mit einem neckischen »Wir haben dicke Wände, also habt eine schöne Naahaacht!«. Bevor ich ihr ein Kissen nachwerfen kann, hat sie den Kopf allerdings schon aus der Zimmertür gezogen. Natürlich bringen wir eine keusche und ruhige Nacht hinter uns, denn die Angst, dass meine Mutter heimlich Kameras installiert hat und meine Oma die Bilder dann an ein Klatschmagazin verhökern könnte, ist zu groß. Stattdessen lassen wir kichernd den Tag Revue passieren und schlafen Arm in Arm ein. Das Frühstück im Kreise meiner Eltern und meiner Oma (die natürlich noch mal aus ihrer Einliegerwohnung hochgeschlurft kommt, um ja nichts zu verpassen) bringen wir auch gut hinter uns und dürfen danach guten Gewissens die Biege machen. Selbstverständlich bringt meine Mama uns noch zu Toms Auto und verabschiedet ihn theatralisch und für alle Nachbarn gut sichtbar mit Küsschen und einer großen Umarmung.
»Fahren Sie vorsichtig, Tom VANDERSCHEID !«, schreit sie ihm beim Einsteigen noch nach, und ich kann sehen, wie sich die Gardinen der Nachbarhäuser wie auf Befehl zur Seite bewegen. Dann bin ich dran. Meine Mutter herzt und drückt mich und flüstert mir ins Ohr, wie stolz sie auf mich und meine Männerwahl sei. »Du bist eben doch meine Tochter!«, stellt sie anerkennend fest, und während ich verwirrt frage, ob das etwa je zur Debatte stand, schiebt sie mich ins Auto und begibt sich in Winkposition am Bürgersteig. Selbstverständlich gut von allen Seiten einsehbar.
Kopfschüttelnd schnalle ich mich an und bin gleichermaßen peinlich berührt und erleichtert darüber, dass ich, dass wir alles gut überstanden haben.
»Los geht’s!«, sagt Tom, startet den Motor und legt den ersten Gang ein. Bevor meine Mutter ein Stofftaschentuch hervorkramen kann, um uns damit hinterherzuwinken, sind wir schon um die erste Ecke gedüst. »Anna Abendrot«, sagt Tom und schaut mich an. »Mir ist an diesem Wochenende so einiges klargeworden«, stellt er grinsend fest. »Aber vor allem eines: Selbst wenn du die schrecklichste Familie der Welt hättest – und ich sage nicht, dass dem so ist –, fände ich dich noch genauso bezaubernd wie bei unserem ersten Kuss. Apropos Kuss: dass ich mir eine Menge davon verdient habe, und zwar heute Abend bei mir vorm Kamin, das ist ja wohl selbstverständlich, oder?«, fragt er und fährt auf die Autobahnauffahrt.
»Tom Vanderscheid, du
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