Maennerschlussverkauf - Roman
gar nicht so genau wissen will. Samuel dagegen schaut ähnlich entrüstet drein wie Manuel und murmelt etwas von »sexueller Diskriminierung«. Tom zeigt Mitgefühl und sagt zu Manuel, dass das bestimmt sehr schlimm für ihn gewesen sein müsse. Ich meine zwar eine leichte Ironie in seinen Worten zu erkennen, die er aber so gut verbirgt, dass Manuel sie nicht bemerkt und ihn dankbar anlächelt.
»Ja, dabei war das noch nicht mal das Schlimmste! Nachdem sie gemerkt hat, dass mein Varita mágica wirklich nicht hart war, meinte sie, ich sei nicht schwul, sondern impotent!«, kreischt der gute Manuel entsetzt in die Runde, woraufhin niemand von uns mehr Contenance bewahren kann und wir alle in hysterisches Lachen ausbrechen.
Manuels Entrüstung ist einfach zu herrlich! Erst reagiert er etwas sauer auf unseren kollektiven Ausbruch, aber dann merkt er, dass er uns mit seiner Geschichte alle gut unterhalten hat, und stimmt stolz in unser Gelächter ein. Wir lachen bestimmt zehn Minuten lang, bis wir uns wieder einigermaßen fangen können, der Alkohol tut sein Übriges, und die Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Als ich langsam wieder Luft bekomme und mir die Tränen aus den Augen gewischt habe, stehe ich auf und hole eine neue Flasche Crémant aus dem Kühlschrank. Bis ich an den Tisch zurückkomme, haben sich auch die anderen wieder beruhigt. Mit Ausnahme von Torben, der sich immer noch wegschmeißt. Allerdings klingt das Ganze bei genauerem Hinhören schon ziemlich hysterisch. Und er ist knallrot angelaufen. Auch die anderen betrachten ihn nun leicht verwirrt. Eigentlich klingt es auch gar nicht so, als ob er lacht, sondern vielmehr nach einem Husten oder … Röcheln.
»Alles okay mit dir, Torben?«, fragt Leonie ihn leicht panisch.
Immer noch röchelnd schüttelt er den Kopf und deutet mit dem Finger auf irgendetwas auf dem Tisch.
»Brauchst du ein Glas Wasser?«, frage ich ihn und will ihm eins reichen, doch er schüttelt weiter den Kopf und zeigt abermals auf den Tisch.
»Einen Schluck Crémant?«, fragt Manuel ratlos und zuckt mit den Schultern.
Sara, die Stewardess, ist inzwischen aufgesprungen und hinter Torben getreten, bereit irgendeinen tollen Lebensretterzaubertrick anzuwenden, falls er sich nicht beruhigen kann.
»Ich glaube, er meint die Schale da drüben!«, sagt Tom, der inzwischen auch aufgestanden ist und neben Torben steht.
Sämtliche Augen folgen Toms Finger und landen bei einem kleinen Schälchen, das mit einem giftig aussehenden Inhalt gefüllt ist. Oh nein! Leonie und ich blicken uns in die Augen. Torben hat Manuels Chili-Salsa gegessen!
»Milch!«, schreit Leonie und rennt in die Küche. Zehn Sekunden später steht sie wieder vor uns. »Wir haben keine Milch!«, kreischt sie und gerät zusehends in Panik.
»Brot!«, rufe ich, allerdings weiß ich nicht, ob Torben in seinem aktuellen Zustand überhaupt in der Lage ist, feste Nahrung zu konsumieren.
Doch nach meinem Ausruf streckt er auffordernd die Hände aus, und Tom reicht ihm schnell ein großes Stück Ciabatta, das sich Torben in kleinen Stückchen zwischen seinen Anfällen in den Mund schiebt. Langsam wird das Röcheln leiser, und Torbens Gesichtsfarbe nähert sich wieder einem hautähnlichen Ton. Wir anderen sitzen alle still da und beobachten ihn mit angehaltenem Atem. Leonie betrachtet mit sorgenvollen Augen abwechselnd ihn und Manuel, allerdings mit weniger sorgenvollem, sondern eher mit mordlustigem Blick. Manuel wendet sich verschämt ab und murmelt etwas von Schärfegraden, die bisher immer ganz anders waren.
»Ihr könnt wieder anfangen zu sprechen, ich sterbe heute nicht«, krächzt nach einer Weile bemüht unbekümmert ein totenblasser Torben. Ihm stehen Schweißperlen auf der Stirn, und seine Hände zittern. Dann sackt er zusammen.
»Kreislaufzusammenbruch«, diagnostiziert Sara recht nüchtern und bittet die Männer, ihr dabei zu helfen, Torben in eine möglichst bequeme, flache Lage zu bringen.
Weil mein Zimmer am nächsten liegt, tragen sie ihn kurzerhand in mein Bett, wo Leonie ihm die Schuhe auszieht und Sara seine Füße mithilfe eines Stapels Modezeitschriften hochlegt. Nachdem die Stewardess ihm den Puls gemessen hat und wir nach langer Diskussion zu dem Schluss kommen, dass Torben vorerst keinen Notarzt braucht, sondern in liegender Position unter der Aufsicht von Sara und ihrer mehr als besorgten Schwester gut aufgehoben ist, beginnen Tom und ich den Tisch abzuräumen. Manuel ist sichtlich peinlich berührt und
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