Maennerschlussverkauf - Roman
Krankenhauses aussteigen und sucht einen Parkplatz. Also übernimmt Leonie die Führung und erkundigt sich am Empfang nach Tom.
»Vanderscheid ist der Nachname!«, höre ich sie sagen.
Wie durch ein Wunder nennt die Dame am Empfang uns ohne Probleme die Station, auf der er liegt. Sofort düsen wir los.
»Aber die Besuchszeit ist vorbei!«, schreit die Dame uns noch hinterher, doch wir ignorieren sie geschlossen.
»Immerhin liegt er nicht auf der Intensivstation, das ist ein gutes Zeichen«, beruhigt mich Leonie, als wir im Aufzug sind.
»Ja«, schniefe ich und kann es kaum erwarten, dass wir oben ankommen. Als sich endlich die Türen öffnen und wir auf den Krankenhausflur stürmen, pocht mein Herz wie verrückt, und in meinen Ohren rauscht es.
»Da vorn muss es sein!«, ruft Manuel und läuft voraus.
Ich stürme hinterher. Gleich sind wir da! Gleich bin ich bei Tom, kann seine Hand halten, mich entschuldigen und ihm alles erzählen, was in der Zwischenzeit passiert ist. Niemand wird meine Erlebnisse so nachvollziehen können wie Tom.
»Stopp!«, brüllt plötzlich eine Stimme wie ein Reibeisen, die uns sofort innehalten lässt.
Unwillkürlich muss ich an Kriegsfilme und brüllende Generäle denken. Hoffentlich ist der Flur hier nicht mit Landminen versehen! Ähnlich dramatisch hat der Schrei eben auf jeden Fall geklungen. Verwirrt drehen wir uns um. Auf uns eilt eine schnaufende Krankenschwester zu, ungefähr drei Köpfe größer als ich und ähnlich kompakt gebaut wie ein Minivan.
»Was machen Sie hier, und zu wem wollen Sie?«, herrscht uns der Minivan in Schwesternuniform an, als er uns erreicht hat.
»Zu Tom Vanderscheid!«, antworte ich dem vermeintlichen General und bin immerhin wieder in der Lage, für mich selbst zu sprechen.
»Auf gar keinen Fall! Die Besuchszeit ist längst vorbei, und Herr Vanderscheid braucht Ruhe«, entgegnet G. I. Joe mir im knallharten Armeeton.
»Aber ich muss ihn sehen, ich bin seine Freundin. Ich war dabei, als er … den Zusammenbruch hatte. Wie geht es ihm?«, sprudelt es voller Verzweiflung aus mir heraus.
Kritisch beäugt die Kampfschwester mich. »Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Aber wenn Sie seine Freundin sind und angeblich dabei waren, wo waren Sie dann bei seiner Einlieferung? Es tut mir leid, Sie dürfen da nicht rein. Außerdem hat Herr Vanderscheid mich gebeten, niemanden zu ihm zu lassen. Und wenn ein Patient keinen Besuch möchte, dann bekommt er auch keinen«, entscheidet sie und verschränkt die muskelbepackten Arme vor der Brust.
»Das verstehe ich«, versuche ich es auf die verständnisvolle Tour. »Aber wissen Sie, ich bin seine Freundin, er würde mich sicherlich gerne sehen. Außerdem muss ich mich dringend bei ihm entschuldigen …«, fahre ich fort, und beim letzten Wort rutscht mir schon wieder die Stimme weg, und meine Augen füllen sich mit Tränen.
»Madl«, setzt die Krankenschwester nun etwas freundlicher an. »Es tut mir leid, aber er hat ausdrücklich gesagt, dass ich niemanden zu ihm lassen soll. Das schließt Sie leider ein«, beendet sie das Gespräch, tätschelt mir leicht den Arm und weist uns den Weg zurück zum Aufzug.
»An der kommen wir lebend nicht vorbei«, flüstert Leonie mir ins Ohr, während wir mit hängenden Köpfen zurücktrotten.
Mir laufen die Tränen übers Gesicht.
Wir kommen gerade vor dem Aufzug an, da gehen die Türen auf, und Alex kommt uns entgegen. Als er unsere Gesichter sieht, erstarrt er. »Was ist los? Ist er …?«, fragt er schockiert.
»Er will niemanden sehen. Auch Anna nicht. Oder erst recht Anna nicht«, erklärt ihm Manuel.
Sofort heule ich auf. So mitleidig, wie mich die Rambo-Krankenschwester zum Schluss angeschaut hat, scheint das zu stimmen. »Niemand« ist offenbar eine Art Codewort für »Anna«. Oh Gott! Ich dachte, er würde mich anschreien, aber dass er nicht mal meinen Anblick erträgt, damit hätte ich nicht gerechnet.
»Gib ihm Zeit«, meint Leonie und legt einen Arm um mich. »Das ist alles zu frisch. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
Wie gerne möchte ich ihr glauben, aber es fällt mir schwer. Das heute war ein bisschen heftiger als meine Schluckaufattacke neulich im Kino. Tom liegt im Krankenhaus und konnte die wichtigste Sendung seiner Karriere nicht moderieren. Und das alles nur meinetwegen. Kein Wunder, dass er mich nicht sehen will!
»Jetzt fahren wir erst mal alle zusammen nach Hause und trinken eine große, heiße Schokolade, ihr
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