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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie sonst noch Zigaretten versteckt?«
    »Im Kleiderschrank. Unter der Wäsche.«
    »Und sonst?«
    »Keine mehr.«
    Beißelmann ging an den Kleiderschrank, schob die Hand unter die Wäsche und zog zwei Packungen hervor. Er steckte sie ein und verließ das Zimmer. Heinrich Dormagen drehte sich zu Frerich um, der mit dem Gesicht zum Fenster lag.
    »Sie, Herr Frerich … der hat Ihre Zigaretten weggenommen«, sagte er.
    Karl Frerich reagierte nicht darauf. Er starrte auf das geöffnete Fenster und in die Sonne, die gleißend das Fensterbrett vergoldete.
    Ich will nicht krepieren, dachte er. Bei Gott, dieser Zustand ist vorbei. Ich will wieder mit Evelyn leben und mich bemühen, glücklich zu sein.
    Als er wieder hustete und das Gefühl hatte, seine Lunge zerspringe dabei, überfiel ihn eine wilde Angst. Er hätte schreien können vor Angst, daß es zum Weiterleben nun doch zu spät geworden sei …
    *
    Schwester Inge hatte einen schlechten Nachmittag.
    Nachdem Prof. Morus wütend von der Besprechung mit Dr. Berg wieder im Krankenhaus angekommen war, tat er etwas, was in der Geschichte dieser Klinik noch nie vorgekommen war: Er rief alle Ärzte zu einer Konferenz zusammen. Sogar die Medizinalpraktikanten lud er zu sich ein, jene armen akademischen Würmer, die schon schief angeblickt wurden, wenn sie sich nur rührten. Auch Oberarzt Dr. Pflüger wurde aus dem Bett telefoniert und ins Haus befohlen. Sie standen in dem großen Chefzimmer herum, rätselten, was wohl vorgefallen sei, hatten im Winkel ihrer Herzen ein wenig Angst oder überdeckten sie mit burschikosen Bemerkungen wie »Der Chef will uns allen ein Bonbon geben … er hat sich vorhin eine Tüte saure Drops holen lassen …«
    Prof. Morus machte es kurz. Als er eintrat, begrüßte er alle umfassend durch ein Nicken, stellte sich hinter seinen Schreibtisch und sagte:
    »Meine Herren, ich hatte vorhin eine Aussprache mit Herrn Doktor Berg. Ich habe für unser Krankenhaus die nötigsten Dinge verlangt: mehr Betten, mehr Personal, eine Wachstation für Frischoperierte, einen Ausbau der Kinderabteilung und eine völlige Modernisierung der Kreißstation. – Die Antwort: Kein Geld! Man braucht die Millionen, damit sich ein afrikanischer Staatsmann ein Privatflugzeug kaufen kann. Dafür werden Gelder lockergemacht und verschleudert.
    Unterdessen müssen sich in diesem reichen Deutschland die Kranken Sorgen machen, ob sie rechtzeitig ein Bett bekommen. Es ist Ihnen auch bekannt, daß schon mehrmals Patienten im Krankenhaus gestorben sind, weil diesen von Krankenhaus zu Krankenhaus irrten und mehrfach abgewiesen wurden: Kein Bett frei! Und das geschieht mitten unter uns, in einem Land, das sich auf einer Woge von Wohlstand sonnt. Ein Land, dessen Politiker schöne Worte sprechen und sie schnell wieder vergessen.
    Sie werden fragen, warum ich Ihnen dies sage. Es besteht die Möglichkeit, daß man mich davonjagt. Ein Mahner ist unbequem. Obwohl ich kein eifernder Jüngling mehr bin, habe ich doch noch die Kraft und den Mut, für eine gute Sache auf die Barrikaden zu gehen.
    Das wollte ich Ihnen nur sagen, meine Herren, damit Sie sich nicht wundern, wenn ich eines Tages mit einem Tritt hinaus gefeuert werde.« Prof. Morus nickte wieder in die Masse der weißen Kittel hinein. »Ich danke Ihnen, meine Herren.«
    Die Ärzte blieben stehen. Morus hob verwundert den Kopf. Aus der ersten Reihe trat der II. Oberarzt hervor.
    »Herr Professor, im Namen Ihrer Ärzte darf ich Ihnen sagen, daß wir mit Ihnen einiggehen und jeder Angriff auf Sie auch ein Angriff auf uns ist.«
    »Das ist Dummheit. Sie vermauern sich alle Ihre Karriere.« Prof. Morus strich sich über die Haare. »Sie ahnen vielleicht gar nicht, wie tödlich es ist, sich den Haß der Behörden zuzuziehen. Die Blutrache ist ein Ammenmärchen dagegen!«
    »Wenn Sie, Herr Professor …«
    »Ich bin ein alter Mann. Das macht mich immun gegen Beamtenintrigen. Aber Sie sind noch jung, meine Herren. Ich verlange von Ihnen nicht, daß Sie sich opfern. Ich möchte nur, daß Sie sehen lernen, daß Sie die Augen aufreißen und wach bleiben in dem Chloroform der Versprechungen. Das ist alles.«
    Prof. Morus griff zu der Liste der für den morgigen Tag angesetzten Operationen und sah Dr. Pflüger an.
    »Herr Pflüger, Sie bleiben bitte noch hier.«
    Die anderen Ärzte drängten aus dem Chefzimmer. Auf dem Flur begannen die Diskussionen. Dr. Bernfeld war es, der klar ausdrückte, was alle anderen dachten: »Es wird schiefgehen, meine

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