Märchen aus 1001 Nacht
einen Streich in der Stadt ausüben könnte. So wanderte sie von einer Gasse bis zur anderen, bis sie zu einer gefegten und gesprengten, mit Marmor gepflasterten StraÃe gelangte, in der sie ein gewölbtes Tor mit einer marmornen Schwelle erblickte, an welchem ein maghribitischer Pförtner stand. Das Haus gehörte aber dem Hauptmann der Leibwache des Kalifen, einem Manne, der eine Menge Ãcker und Grundstücke besaà und hohe Einkünfte bezog und den Namen Emir Hassan Scharr et-Tarik, das ist das Ãbel des Weges, führte, dieweil sein Hieb seinem Worte zuvorkam. Dieser Hauptmann war mit einem hübschen Mädchen verheiratet, das er liebte und dem er in der Brautnacht geschworen hatte, keine andere Frau neben ihr zu heiraten und auch in keinem anderen Haus die Nacht zu verbringen. Als er sich jedoch eines Tages in den Diwan begab und sah, dass alle die Emire einen oder zwei Söhne bei sich hatten, ging er hernach ins Bad und gewahrte, als er sein Gesicht im Spiegel betrachtete, dass das weiÃe Haar in seinem Barte bereits das schwarze verhüllte. Da sprach er bei sich: âWird der, welcher deinen Vater holte, dir keinen Sohn schenken?.
Alsdann trat er bekümmert bei seiner Gattin ein, die zu ihm sprach: âGuten Abend.â Er erwiderte jedoch: âGeh mir aus dem Weg; seit dem Tage, da ich dich sah, habe ich nichts Gutes gesehen.â Sie fragte: âWieso?â Und er versetzte: âIn der Brautnacht lieÃest du mich schwören, keine andere Frau auÃer dir zu heiraten und heute sah ich, dass jeder der Emire einen, ja zum Teil zwei Söhne bei sich hatte; da gedachte ich an den Tod und auch daran, dass ich weder einen Sohn noch eine Tochter hätte; wer aber keinen Sohn hat, dessen Name vergeht. Dies ist die Ursache meines Zorns, denn du bist unfruchtbar und wirst nicht schwanger von mir.â Da entgegnete sie ihm: âAllah strafe dich, du bist selber daran schuld, weil du ein plattnäsiger Maultierhengst bist.â Er erwiderte: âWenn ich von meiner Reise heimkehre, so werde ich eine andere Frau heiratenâ, worauf sie versetzte: âMein Los ist bei Allah.â Hierauf verlieà er sie und beide bereuten ihren Zank. Während nun seine Frau aus ihrem Fenster schaute, in ihrem Schmuck der Braut eines Schatzes gleichend, da stand mit einem Male Delila da und erblickte sie; als sie aber Schmucksachen und kostbare Kleider an ihr gewahrte, sprach sie bei sich: Delila, das wäre ein prächtiger Streich, dieses Mädchen aus dem Haus ihres Gatten zu entführen und ihr den Schmuck und die Kleider abzunehmen. Hierauf stellte sie sich hin und rief unter ihrem Fenster: âAllah! Allah! O ihr Heiligen Allahs, kommt herbei!â Da schaute Chatun, die Frau des Emirs Hassan, hinunter und gewahrte eine Alte in der weiÃen Tracht der Frommen. Ebenso schauten auch alle anderen Frauen in jener StraÃe aus den Fenstern und sprachen: âAllah schenke uns einen Segen durch die Hilfe dieser Greisin, deren Antlitz Licht ausstrahlt!â Während Chatun weinend zu ihrer Sklavin sprach: âGeh hinunter, küsse Scheich Abu Alis, des Türhüters, Hand und sprich zu ihm: âLass die fromme Greisin ein, damit wir einen Segen von ihr empfangen.ââ Infolgedessen ging die Sklavin hinunter, küsste des Türhüters Hand und sprach zu ihm: âMeine Herrin lässt dir sagen, du möchtest die fromme Greisin zu ihr einlassen, damit wir einen Segen von ihr empfangen.â
Da küsste er der Alten die Hand, sie aber wehrte es ihm, indem sie zu ihm sprach: âHinweg von mir, dass meine Waschung nicht aufgehoben wird! Du bist gleichfalls von den Heiligen Allahs aufwärts gezogen und gnädig angeschaut. Mag Er dich von deinem Dienst befreien, O Abu Ah!â Nun schuldete der Emir dem Türhüter für drei Monate Lohn, sodass er hierdurch in bedrängte Lage gekommen war und nicht wusste, wie er sein Geld vom Emir bekommen sollte; und so sprach er zu ihr: âMeine Mutter, lass mich aus deiner Kanne trinken, dass ich durch dich einen Segen empfange.â Da nahm sie die Kanne von ihrer Schulter und schüttelte sie in der Luft umher, dass der Palmenfaserpfropfen heraussprang, worauf die drei Dinare auf den Boden fielen. Als der Pförtner sie sah, hob er sie auf und sprach bei sich: Etwas um Allahs willen! Dies ist eine von jenen Frommen, die Wunder vermögen. Es wurde ihr offenbart, dass ich in
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