Märchen aus 1001 Nacht
Vaters das kleine Gut, das er ihnen hinterlieÃ, untereinander zu gleichen Teilen verteilt und keine Zeit, es völlig durchzubringen, verloren hatten. Der ältere freite indessen die Tochter eines vermögenden Kaufmanns, sodass er, als sein Schwiegervater zu Allahs, des Erhabenen, Barmherzigkeit ab- schied, der Besitzer eines groÃen, mit seltenen Gütern und kostbaren Artikeln angefüllten Ladens wurde sowie eines Lagerhauses, das voll von kostbaren Stoffen war. Ebenso fiel ihm eine Menge in der Erde vergrabenes Gold zu, sodass er in der ganzen Stadt als ein reicher Mann bekannt war. Die Frau, die Ali Baba geheiratet hatte, war jedoch arm und mittellos, weshalb sie in einer schäbigen Hütte lebten und Ali Baba verdiente sich nur ein kärgliches Brot durch den Verkauf von Brennholz, welches er täglich im Dschungel sammelte und durch die Stadt auf seinen drei Eseln in den Basar schaffte.
Eines Tages traf es sich, dass Ali Baba hinreichend dürres Reisig und Brennholz gesammelt und auf seine Esel geladen hatte, als er plötzlich zu seiner Rechten eine Staubwolke aufwirbeln und schnell auf sich zukommen sah. Als er sie genauer betrachtete, gewahrte er einen Reitertrupp, der im Galopp herangesprengt kam und ihn fast erreicht hatte. Bei diesem Anblick erschrak er gewaltig und fürchtete, es könnte eine Banditenschar sein, die ihn erschlagen und seine Esel forttreiben wollte und begann fortzulaufen. Da sie aber bereits ganz nahe waren und er nicht aus dem Wald entkommen konnte, trieb er seine mit Holz beladenen Esel auf einem Seitenpfad ins Gebüsch, worauf er auf einen dicken Baum kletterte, um sich in seinem Laub zu verbergen und sich auf einen Ast setzte, von dem aus er alles unter ihm beobachten konnte, während niemand von unten etwas von ihm gewahr wurde; und es stand jener Baum neben einem Felsen, der hoch über die Häupter emporragte. Die Reiter, junge, flinke und tüchtige Burschen, kamen nahe an die Felsenwand herangeritten, wo sie abstiegen. Ali Baba, der sie genau betrachtete, fand, dass es ihrer vierzig waren und erkannte bald an ihrem Aussehen und Benehmen, dass es Wegelagerer waren, die eine Karawane überfallen und ihren Raub hierhergeschafft hatten, um ihn in einem Versteck in Sicherheit zu bringen. Als die Räuber unter dem Baum, auf dem Ali Baba saÃ, angelangt waren, zäumten sie ihre Pferde ab und fesselten ihnen die VorderfüÃe, worauf sie ihre Mantelsäcke abnahmen, die alle voll Gold und Silber waren. Dann schritt einer von ihnen, der ihr Hauptmann zu sein schien, mit seiner Last auf der Schulter durch Dickicht und Dornen voran, bis er zu einer Stelle kam, wo er die seltsamen Worte sprach: âSesam, tue dich auf!â Und sofort zeigte sich ein weiter Eingang in der Felsenwand. Alsdann traten die Räuber ein und zuletzt ihr Hauptmann, worauf sich das Portal von selber schloss. Sie blieben geraume Zeit in der Höhle, während Ali Baba gezwungen war, auf dem Baum sitzen zu bleiben, da er überlegte, dass, wenn er hinunter stiege, die Bande in demselben Augenblick herauskommen und ihn packen und erschlagen könnte. SchlieÃlich aber entschloss er sich, eines der Pferde zu besteigen und seine Esel zur Stadt zu treiben, als sich plötzlich das Portal wieder auftat. Der Räuberhauptmann kam diesmal zuerst heraus und stellte sich am Eingang auf, worauf er seine Leute vorüberpassieren lieà und sie zählte, bis alle herausgekommen waren. Dann sprach er das Zauberwort: âSesam, tue dich zu!â, worauf sich die Tür von selber schloss. Als alle vorbeigegangen waren, hing ein jeder seinen Mantelsack über und zäumte sein Pferd auf und als alle fertig geworden waren, ritten sie, angeführt von ihrem Hauptmann, in derselben Richtung fort, aus der sie gekommen waren.
Ali Baba blieb jedoch auf dem Baume sitzen und stieg nicht eher ab, als bis sie ihm völlig aus dem Gesicht entschwunden waren, damit ihn nicht etwa einer der Räuber erblickte, falls er umkehrte und sich umschaute. Alsdann aber gedachte er bei sich: Ich will auch einmal die Kraft dieser Zauberworte prüfen und sehen, ob mein Befehl die Tür öffnen und schlieÃen wird. Hierauf rief er laut: âSesam, tue dich auf! â Und kaum hatte er die Worte gesprochen, da sprang auch schon das Portal auf und er trat ein. Er erblickte eine groÃe gewölbte Höhle von der Höhe eines erwachsenen Mannes, die in den Felsen eingehauen und
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