Märchen aus 1001 Nacht
Monat lang gewandert und als Fremder in die Stadt gekommen war; wie ich den Schneider getroffen und das Mädchen unter der Erde gefunden hatte; wie ich dann dem Dämon entkommen war, trotzdem er beschlossen hatte, mich zu töten, alles was mein Herz erlebt hatte von Anfang bis zu Ende. Und ich dankte Allah und sagte: âMein Auge, doch nicht mein Leben!â Ehe ich die Stadt verlieÃ, ging ich ins Bad und lieà mir den Bart abrasieren; auch legte ich ein schwarzes, härenes Gewand an und begab mich dann sofort auf die Pilgerfahrt, O Herrin! Jeden Tag aber weine ich und denke an die Schicksalsschläge, die mich betroffen haben und an den Verlust meines Auges. Und jedesmal, wenn ich daran denke, was mir widerfahren ist, weine ich und spreche folgende Verse:
Verwirrt bin ich. Bei Allah, kein Zweifel ist an meiner Lage: Ringsum ist Trauer; ich weià nicht, woher sie auf mich dringt. Geduldig bin ich, bis Geduld ob meiner Geduld ermüdet; Geduldig bin ich, bis Allah meine Sache zu Ende bringt. Geduldig bin ich, überwunden, doch ohne zu klagen, geduldig, So wie ein dürstender Wandrer im heiÃen Tale ist.
Geduldig bin ich, bis Geduld es selber erfähret, dass ich
Geduldig war in einer Not, die bittrer als Abe frisst.
Es gibt nichts, das wie Geduld so bitter wäre und dennoch
Istâs bitterer als die beiden, wenn die Geduld mir bricht.
Meines Herzens Gedanken sind Dolmetsch meines Gewissens,
Wenn die innerste Stimme in dir so wie in mir spricht.
Hätten die Berge zu tragen, was ich trug, sie würden stürzen;
Das Feuer würde erlöschen, der Wind würde nicht mehr wehn.
Und wer da sagt: âSiehe, das Leben hat doch viele süÃe Dingeâ,
Fürwahr, der wird einen Tag noch bittrer als Abe sehn.
Dann begann ich zu reisen von einem Land zum anderen und von Stadt zu Stadt zu wandern und ich machte mich auf den Weg zur âStätte des Friedensâ, Bagdad, um dort vielleicht Eintritt zum Beherrscher der Gläubigen zu erlangen und ihm zu erzählen, was mir widerfahren ist. Ich kam heute Abend in Bagdad an und traf diesen meinen ersten Gefährten, wie er ratlos dastand. Ich sprach zu ihm: âFriede sei über dir!â und begann mit ihm zu plaudern, da trat unser dritter Gefährte an uns heran und sagte: âFriede sei über euch! Ich bin ein Fremdling.â Wir antworteten: âAuch wir sind Fremde und kamen hierher in dieser gesegneten Nacht.â Dann gingen wir weiter zu dritt, ohne dass einer unter uns die Geschichte des anderen gekannt hätte, bis uns das Schicksal an diese Tür führte und wir zu euch eintraten. Nun weiÃt du den Grund, weshalb mein Kinn und meine Lippen rasiert sind und ein Auge verloren ist.
Da sprach die Herrin des Hauses: âWahrlich, deine Geschichte ist wunderbar; führe deine Hand zum Kopf und gehe deines Weges!â Aber er rief: âIch gehe nicht fort, bis ich die Geschichte meiner Gefährten gehört habe.â Da trat der dritte Mönch vor und sagte: âErlauchte Herrin! Meine Geschichte ist nicht wie die der Gefährten, sondern noch wunderbarer und erstaunlicher; und sie ist der Grund, weswegen mein Kinn rasiert und mein Auge verloren ist. Jene hat Schicksal und Verhängnis betroffen, aber ich habe das Schicksal mit eigener Hand herbeigezogen und Trauer über meine Seele gebracht. Und dies ist meine Geschichte.
Die Geschichte des dritten Bettelmönchs
Ich bin ein König, der Sohn eines Königs. Als mein Vater starb, übernahm ich die Herrschaft nach ihm. Und ich regierte in Gerechtigkeit und Wohlwollen gegen die Untertanen. Nun hatte ich eine Vorliebe dafür, zu Schiff auf dem Meere zu fahren; denn meine Stadt lag am Meere und die See dehnte sich weit aus von dort. Um uns lagen viele groÃe Inseln mitten im Meere; und ich hatte auf dem Wasser fünfzig Handelsschiffe, fünfzig kleinere Schiffe zu Lustfahrten und hundertundfünfzig Galeeren bereit zum Krieg und dem Glaubenskampf. Einmal wollte ich eine Lustfahrt zu den Inseln machen und so zog ich mit zehn Schiffen aus und nahm Vorräte für einen ganzen Monat mit. Ich war schon an die zwanzig Tage auf der Fahrt, da, eines Nachts, erhoben sich widrige Winde gegen uns und das Meer schwoll in ungeheuren Wogen gegen uns empor; die Wellen peitschten einander und wir gaben uns schon verloren. Nun kam auch noch dichte Finsternis über uns, da rief ich aus: âWer sich in Gefahr begibt, wird
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