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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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meinem Nabel zwölfmal, dann wird sich das Tor öffnen.” Da betrachtete er den Reiter genau, bis er einen starken und festen Nagel fand und rieb diesen zwölfmal, worauf das Tor sofort mit Donnerschall aufsprang. Dann trat der Scheich Abd es-Samad, der ein gebildeter Mann war und alle Sprachen und Schriften kannte, ein und gelangte in einen langen Gang, der ihn auf einer Reihe Stufen in einen Raum mit hübschen Bänken hinabführte, auf denen tote Männer saßen, über deren Häuptern prächtige Schilde, scharfe Schwerter, besehnte Bogen und gekerbte Pfeile hingen; hinter dem Stadttor aber befanden sich eine eiserne Stütze, hölzerne Barrikaden, feine Schlösser und andere feste Versicherungen. Da sprach der Scheich Abd es-Samad bei sich: Vielleicht befinden sich die Schlüssel bei jenen Toten und ging zu ihnen. Als er nun unter ihnen auf einer hohen Bank einen Scheich sitzen sah, welcher der Oberste unter ihnen zu sein schien, meinte er: Wer weiß, vielleicht sind die Schlüssel der Stadt bei diesem Scheich; möglichenfalls ist er der Stadtpförtner und die anderen sind seine Untergebenen. Mit diesen Worten trat er an ihn heran und fand, wie er sein Kleid hob, die Schlüssel an seinem Leib hängen. Bei diesem Anblick flog dem Scheich Abd es-Samad fast der Verstand vor Freude fort; er nahm die Schlüssel, trat wieder ans Tor, öffnete die Schlösser, zog an dem Tor, den Barrikaden und Versicherungen, bis er sie losbekommen hatte und nun sprang das Tor infolge seiner Größe, seiner schreckenerregenden Beschaffenheit und seiner starken Versicherungen mit lautem Donnergetöse auf. Da rief er: “Allah Ak- bar! Allah ist groß!” und die Leute erwiderten ihm hocherfreut mit dem gleichen Ruf und dankten ihm für seine Tat, während sich der Emir Musa ebenfalls darüber freute, dass der Scheich Abd es- Samad unversehrt geblieben war und das Tor geöffnet hatte. Als nun aber alle Truppen um die Wette durchs Tor eindringen wollten, rief ihnen der Emir Musa zu und sagte zu ihnen: “Ihr Leute, wenn wir alle auf einmal eindringen, so sind wir nicht sicher, dass uns irgendetwas zustößt; es soll daher nur die eine Hälfte eintreten und die andere Zurückbleiben.”
    Hierauf trat der Emir Musa mit der Hälfte seiner Mannschaft, die alle ihre Kriegswehr trugen, durchs Tor ein und sie begruben zunächst ihre toten Gefährten. Dann sahen sie die Pförtner, Eunuchen, Kämmerlinge und Offiziere auf seidenen Pfühlen liegen, doch waren alle tot. Hierauf gelangten sie zum Basar der Stadt, der lauter hohe Gebäude von gleicher Größe hatte und fanden die Läden offen, die Waagen aufgehängt, die Messinggefässe aufgereiht, die Chane mit Waren aller Art angefüllt; doch saßen die Kaufleute tot auf ihren Bänken, teils mit eingetrockneter Haut, teils mit verfaulten Knochen, eine Lehre für alle, die sich belehren lassen. Weiter gewahrten sie dann vier Basare mit getrennten Läden, die alle voll von reichem Gut waren; doch verließen sie sie und begaben sich zum Seidenwarenbasar, auf dem sie Seidenstoffe und Brokate, durchwirkt mit rotem Gold und weißem Silber auf bunten Farben, fanden, doch lagen ihre Besitzer tot auf roten Ziegenledern da, wiewohl es fast so aussah, als wollten sie sprechen. Von hier gelangten sie zum Basar für Juwelen, Perlen, Hyazinthe und von diesem zum Basar der Geldwechsler, die in Läden voll Gold und Silber auf allerlei seidenen Teppichen saßen. Von hier gelangten sie zum Basar der Parfümeure, deren Läden mit allerlei Parfüms und mit Moschusblasen, Ambra, Abe, Kampfer und dergleichen Spezereien angefüllt waren; doch lagen die Inhaber der Läden alle tot da und nichts Essbares befand sich bei ihnen. Nahe bei dem Basar der Parfümeure stießen sie auf ein fest erbautes und schön verziertes Schloss und traten ein; darin fanden sie nun entrollte Banner, gezückte Schwerter, besehnte Bogen, Schilde, die an goldenen und silbernen Ketten aufgehängt waren und vergoldete Helme. In der Vorhalle jenes Schlosses standen Bänke aus Elfenbein, beschlagen mit gleißendem Gold und mit Seide, auf denen Männer lagen, deren Haut an ihrem Gebein zusammengeschrumpft war; ein Tor hätte sie für Schlafende gehalten, doch waren sie aus Mangel an Nahrung umgekommen und hatten den Tod geschmeckt. Als der Emir Musa dies sah, blieb er stehen, Allah, den

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