Märchen aus 1001 Nacht
die Zeit genommen, seine Kleider anzuziehen.â Und ein anderer sprach: âDer arme junge Herr! Vielleicht ist er eben nur aus der Schenke eines Bedürfnisses wegen hinausgegangen, da ist ihm der Wein zu Kopfe gestiegen, er hat den Ort, den er suchte, verfehlt und ist in die Irre gegangen, bis er zum Stadttor kam; das hat er geschlossen gefunden und hat sich dann zum Schlafe niedergelegt.â Während die Leute so über ihn hin und her redeten, hauchte die Morgenbrise plötzlich über Bedir Edin hin und hob den Saum seines Hemdes bis zu seinem Leibe empor; und es zeigten sich ein Leib und ein Nabelgrübchen, Schenkel und Lenden wie von Kristall. Da rief das Volk: âBei Allah, wie schön!â Bedir Edin aber erwachte und sah, dass er an einem Stadttor lag und dass viel Volks da war. Verwundert fragte er: âWo bin ich, ihr guten Leute? Und weshalb seid ihr zusammengelaufen und was habe ich mit euch zu tun?â Sie antworteten: âWir fanden dich hier beim Ruf zum Morgengebet, im Schlafe liegend und wir wissen sonst nichts. Wo aber hast du in dieser Nacht geschlafen?â Bedir Edin Hassan rief: âBei Allah, ihr Leute, ich habe diese Nacht in Kairo geschlafen.â Einer sagte: âdu hast wohl Haschisch gegessenâ; und ein anderer: âBist du von Sinnen: du verbringst die Nacht in Kairo und liegst am Morgen bei der Stadt Damaskus?â Er aber rief: âBei Allah, meine guten Leute, ich lüge euch wirklich nicht an; ich war gestern Nacht im Lande Ãgypten und gestern am Tage war ich in Basra.â Da meinte der eine: âNa, das ist aber gut!â und ein anderer: âDieser Jüngling ist besessen!â
Und sie klatschten ihn aus und redeten miteinander, indem sie sprachen: âWie schade um seine Jugend! Bei Allah, kein Zweifel, er ist irre!â Dann mahnten sie ihn: âNimm deinen Verstand zusammen und werde wieder vernünftig!â Aber Bedir Edin Hassan bestand darauf: âIch war gestern Bräutigam im Lande Ãgypten.â âdu hast wohl geträumtâ, erwiderten sie, âund das, was du erzählst, im Schlafe gesehen.â Da wurde Hassan an sich selbst irre, aber dennoch sprach er zu ihnen: âBei Allah, das kann kein Traum sein; und was ich erlebt habe, ist kein Schein! Ich bin sicher dort gewesen und da hat man die Braut vor mir entschleiert und noch ein Dritter war da, der Bucklige, der daneben saÃ. Bei Allah, meine Brüder, dies ist kein Traum und wäre es ein Traum, wo fände sich denn der Beutel mit Gold bei mir und wo mein Turban und mein Gewand und meine Hose?â Dann machte er sich auf, trat in die Stadt ein und ging durch die StraÃen und durch die Gänge der Basare; das Volk aber drängte sich um ihn und lief hinter ihm her, bis er in den Laden eines Garkochs eintrat. Nun aber war dieser Koch gescheit, das heiÃt, er war ein Dieb gewesen; aber Allah hatte ihm die Sünden vergeben und er hatte eine Garküche eröffnet. Alles Volk von Damaskus fürchtete ihn wegen seines gewaltigen Jähzorns und als sie sahen, dass der Jüngling in den Laden des Garkochs eintrat, gingen sie aus Angst vor jenem auseinander.
Der Koch aber sah Bedir Edin an; und als er seine Schönheit und Anmut bemerkte, gewann er ihn alsbald lieb. Er fragte ihn: âVon wo kommst du, O Jüngling? Erzähle mir deine Geschichte; denn schon bist du mir lieber als mein Leben.â Da erzählte Hassan ihm alles, was ihm widerfahren war. Der Koch sagte darauf: âO mein Herr Bedir Edin, das ist eine wunderbare Geschichte und dies sind seltsame Berichte. Mein Sohn, verbirg, was dir widerfahren ist, bis Allah deine Last von dir nimmt und bleib derweilen hier bei mir; denn ich habe keinen Sohn und will dich an Kindes statt annehmen.â Bedir Edin antwortete: âGern, lieber Onkel!â Darauf ging der Koch in den Basar und kaufte ihm prächtige Kleider und lieà ihn sie anziehen; und er ging mit ihm zum Kadi und erklärte ihn in aller Form für seinen Sohn. Nun wurde Bedir Edin Hassan also bekannt in der Stadt Damaskus als der Sohn des Garkochs; und er saà bei ihm im Laden und nahm das Geld ein und lebte so eine Weile mit dem Koch zusammen.
Lassen wir jetzt den Bedir Edin und seine Erlebnisse und wenden uns zu seiner Base Sitt el-Husn! Als der Morgen dämmerte und sie aus dem Schlafe erwachte, fand sie den Bedir Edin Hassan nicht mehr. Sie glaubte, er sei auf den Abtritt gegangen
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