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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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geraume Zeit gewohnt hatte, zog ich weiter nach dem inneren Maghrib und weilte dreißig Jahre lang in jenem Land. Während ich aber, o Weib meines Bruders, daselbst dasaß und an mein Land, meine Heimat und meinen seligen Bruder dachte, überwältigte mich die Sehnsucht, ihn noch einmal wieder zu sehen, so stark, dass ich über meine Fremdlingschaft und die Trennung von ihm zu weinen und schluchzen anhob; und die Sehnsucht ließ mir keine Ruhe mehr, bis ich mich entschloss, in dieses Land,die Stätte, auf der mein Haupt niederkam und meine Heimat zu reisen, um meinen Bruder noch einmal zu schauen. So machte ich mich reisefertig und sprach nach dem Freitagsgebet die erste Sure, worauf ich mich aufsetzte und nach vieler Drangsal und Beschwerde, während mich der Herr, der Mächtige und Herrliche, beschützte, zu dieser Stadt gelangte. Während ich nun vorgestern durch die Hauptstraßen wan- derte, sah ich Aladin, den Sohn meines Bruders, mit den Knaben spielen und, beim großen Allah, O Weib meines Bruders, sobald ich ihn erblickte, zog mich mein Herz zu ihm, denn Blut sehnt sich nach Blut und mein Herz sagte es mir, dass es meines Bruders Sohn war. All meine Mühe und mein Kummer waren bei seinem Anblick vergessen und ich wäre vor Freude beinahe geflogen. Als er mir jedoch sagte, mein seliger Bruder wäre zur Barmherzigkeit Allahs, des Erhabenen, abgeschieden, wurde ich vor Kummer ohnmächtig; und vielleicht teilte dir schon Aladin mit, wie ich hiervon ergriffen wurde. Jedoch tröstete ich mich anderseits über Aladin, den der Selige hinterließ; denn wer hinterlässt, ist nicht tot.”
    Nach diesen Worten schaute er Aladins Mutter an und sah, dass sie weinte. Da wendete er sich zu Aladin, um sie die Erwähnung ihres Gatten vergessen zu lassen und sie zu trösten, damit er sie mit seiner List gänzlich finge und sprach zu ihm: “Mein Sohn, Aladin, was für ein Handwerk hast du gelernt und was ist dein Geschäft? Hast du ein Handwerk erlernt, von dem du dich und deine Mutter ernährst?” Da neigte Aladin verlegen und beschämt sein Haupt und ließ es zu Boden hängen, während seine Mutter sagte: “Woher? Bei Allah, er versteht nichts. Einen solchen Taugenichts wie diesen Knaben habe ich mein Leben lang nicht gesehen. Er treibt sich mit den Taugenichtsen seines Schlages auf der Gasse umher und sein Vater, O Jammer, starb nur aus Kummer über ihn. Mir geht es jetzt ebenfalls recht erbärmlich; ich placke mich ab und spinne Nacht und Tag Baumwolle. So treibt er’s, O mein Schwager und, bei deinem Leben, er kommt nur noch zur Essenszeit zu mir und ich dachte schon daran, meine Haustür zu verschließen und ihm nicht mehr zu öffnen, damit er geht und sich sein täglich Brot sucht. Denn ich bin eine alte Frau geworden und habe keine Kraft mehr, mich zu schinden und mir auf diese Weise mein Brot zu verdienen. O Allah, ich muss mir mein täglich Brot verdienen, wo er für meinen Unterhalt zu sorgen hätte.” Da wandte sich der Maghribite zu Aladin und sprach zu ihm: “Weshalb, o Sohn meines Bruders, bist du solch ein Taugenichts? Pfui über dich! Das geziemt sich nicht für Männer deinesgleichen. Du bist ein Mann von Verstand, mein Sohn und ein Kind respektabler Leute. Es ist eine Schande für dich, dass dich deine Mutter, eine alte Frau, ernährt, wo du nunmehr ein Mann geworden bist und es dir ansteht, dir Mittel und Wege zu deinem täglichen Brot zu suchen, o mein Kind! Schau um dich, mehr Lehrmeister als in unserer Stadt gibt es gottlob nirgendwo. Erwähle dir daher das Handwerk, das dir gefällt, damit ich dich darin unterbringe; wenn du dann groß wirst, findest du den Beruf, von dem du leben kannst. Sollte deines Vaters Handwerk nicht nach deinem Geschmack sein, so suche dir ein andres aus, das dir gefällt. Lass mich’s wissen, dass ich dir mit allem, was in meinen Kräften steht, behilflich bin, mein Sohn.” Als nun aber der Maghribite sah, dass Aladin schwieg und ihm nichts auf seinen Vorschlag antwortete, merkte er, dass er zu weiter nichts als zum Herumlungern Lust hatte und sagte zu ihm: “O Sohn meines Bruders, lass dich meine Worte nicht hart ankommen, denn wenn dem so ist, dass du kein Handwerk lernen willst, so will ich dir einen Kaufladen mit den kostbarsten Stoffen auftun und du sollst unter dem Volk bekannt werden und nehmen und geben und kaufen und verkaufen und

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