Märchen aus 1001 Nacht
Hauptes Leben, O König der Zeit, ich habe ein Anliegen; vor allen Dingen gewähre mir jedoch Gnade, damit ich meine Sache vor die Ohren unsers Herrn Sultan bringen kann, da deine Majestät sie vielleicht sonderbar finden könnte.â Der Sultan, der ihr Anliegen gern vernommen hätte und ein sehr gütiger Herr war, gab ihr die Zusicherung seiner Gnade und befahl sofort allen Anwesenden, sich zurückzuziehen, sodass er und der GroÃwesir allein übrig blieben. Alsdann wendete er sich zu ihr und sprach: âTrag deine Sache vor, du bist in Allahs, des Erhabenen, Schutz.â Da sagte sie: âO König der Zeit, ich wünsche ebenfalls deine Vergebung.â Der Sultan versetzte: âAllah vergebe dir!â Hierauf sagte sie: âO unser Herr Sultan, siehe, ich habe einen Sohn, namens Aladin, der eines Tages den Ausrufer ankündigen hörte, dass niemand seinen Laden öffnen und sich auf den StraÃen der Stadt zeigen solle, da die Herrin Bedr el-Budur, die Tochter unsers Herrn Sultan, ins Bad ginge. Als mein Sohn dies vernahm, begehrte er, sie zu schauen und verbarg sich an einem Ort, wo er sie gut sehen konnte; und es war dies hinter der Tür des Bades. Als sie nun ankam, sah er sie und betrachtete sie genau und noch besser, als er wollte. Denn seit der Stunde, dass er sie erblickte, O König der Zeit, bis auf den heutigen Tag, ist ihm das Leben keine Freude gewesen und er verlangt von mir, dass ich bei deiner Glückseligkeit für sie anhalte, ohne dass ich ihm diesen Gedanken hätte aus dem Sinn schlagen können. Die Liebe zu ihr hat sein Herz ganz und gar in Beschlag genommen, sodass er zu mir sagte: âWisse, meine Mutter, wenn ich meinen Wunsch nicht erreiche, so sterbe ich ganz gewiss.â Und nun hoffe ich, dass deine Glückseligkeit in ihrer Milde mir und meinem Sohn diese Unverschämtheit vergeben und uns hierfür nicht strafen wird.â Als der König diese Geschichte von ihr vernommen hatte, fing er in seiner Güte an zu lachen und fragte sie: âWas ist das, was du da bei dir hast und was ist das da für ein Bündel?â Als aber Aladins Mutter sah, dass der Sultan, anstatt über ihre Worte sich zu erzürnen, lachte, öffnete sie stracks das Tuch und hielt ihm die Schüssel mit den Juwelen hin. Sobald sie jedoch das Tuch von den Juwelen nahm, schien es, als wäre der Diwan von Lüstern oder Kandelabern erleuchtet, sodass der Sultan, geblendet und verwirrt von ihrem Glanz, sich über ihre Pracht, GröÃe und Schönheit verwunderte und rief: âBisher schaute ich niemals Juwelen, so schön und groà und prächtig wie diese und ich glaube, dass in meinen Schatzkammern kein einziger Edelstein gleich diesen gefunden wird.â Alsdann wendete er sich zu seinem Wesir und sprach zu ihm: âWas meinst du, Wesir? Hast du wohl in deinem ganzen Leben so prachtvolle Juwelen gesehen?â Der Wesir versetzte: âNimmer sah ich dergleichen, O unser Herr Sultan und ich glaube auch nicht, dass sich in den Schatzkammern meines Herrn Königs einer findet, der auch nur dem kleinsten von ihnen gliche.â Hierauf sagte der König zu ihm: âVerdient nicht der, welcher mir diese Juwelen schenkt, der Bräutigam meiner Tochter Bedr el-Budur zu werden, da, soviel ich sehe, niemand ihrer würdiger ist?â Als der Wesir des Sultans Worte vernahm, war ihm die Zunge vor Kummer wie gelähmt, da der König ihm versprochen hatte, seine Tochter mit seinem Sohn zu vermählen. Nach kurzer Zeit versetzte er jedoch: âO König der Zeit, deine Glückseligkeit hatte die Gnade mir die Herrin Bedr el-Budur für meinen Sohn zu versprechen, es geziemt daher deiner Hoheit in ihrer Milde, mir eine Frist von drei Monaten zu gewähren. So Allah will, wird dann das Geschenk meines Sohnes prächtiger als dieses ausfallen.â Wiewohl nun der König wusste, dass dies weder dem Wesir noch dem mächtigsten König möglich war, bewilligte er ihm jedoch in seiner Güte die erbetene Frist von drei Monaten, worauf er sich zu Aladins Mutter wendete und zu ihr sagte: âKehre zu deinem Sohn zurück und sag ihm, ich gäbe ihm mein Wort, dass meine Tochter für ihn bestimmt sei, jedoch müsste ich sie erst ausstatten und das Nötige für sie besorgen, sodass er sich noch drei Monate lang zu gedulden hätte.â Aladins Mutter nahm diese Antwort an und dankte dem Sultan und segnete ihn,
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