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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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Wege. Abu Sir aber sprach zu Abu Kir: “Was ist das für eine arge Sache mit dir? Jedesmal, wenn einer dir etwas bringt, lässest du ihn dessen verlustig gehen. Wohin ist der Stoff dieses harten Menschen verschwunden?” Der Färber antwortete: “Lieber Nachbar, er ist mir gestohlen.” Da rief Abu Sir: “Sonderbar, jedesmal, wenn dir jemand etwas gibt, so stiehlt es dir ein Dieb. Bist du denn ein Sammelplatz aller Diebe geworden? Doch ich glaube, du lügst; nun erzähl mir deine Geschichte in Wahrheit!” “Lieber Nachbar”, erwiderte der Färber, “niemand hat mir etwas gestohlen.” Abu Sir fragte darauf: “Was machst du denn mit den Sachen der Leute?” Und der Färber gestand: “Wenn jemand mir etwas bringt, so verkaufe ich es und gebe den Erlös für mich aus.” Als aber Abu Sir fragte: “Ist dir das vor Allah erlaubt?” gab jener zur Antwort: “Ich tu es nur aus Not; denn mein Geschäft geht schlecht; ich bin arm und habe nichts.” Und nun begann er ihm zu klagen über die schlechten Geschäfte und über den Mangel an Mitteln; da hub auch Abu Sir an, ihm zu erzählen, dass es um sein Gewerbe schlimm bestellt sei, indem er sprach: “Ich bin ein Meister, meinesgleichen gibt es nicht in dieser Stadt. Aber niemand lässt sich bei mir scheren, weil ich ein armer Kerl bin; ich habe keine Lust mehr zu dieser Kunst, mein Bruder!” Da sagte Abu Kir, der Färber, zu ihm: “Auch ich habe keine Lust mehr zu meinem Gewerbe, weil es so schlecht geht; doch, mein Bruder, was hält uns denn in dieser Stadt fest? Wir beide, ich und du, wollen uns auf die Wanderschaft machen und uns in den Ländern der Menschen umsehen, mit unserer Kunst in unseren Händen; denn die gilt in der ganzen Welt. Und wenn wir reisen, kommen wir an die frische Luft und haben Ruhe vor dieser schweren Sorge.” Und Abu Kir fuhr fort, vor Abu Sir das Reisen schön auszumalen, bis auch der begierig wurde aufzubrechen. So einigten sich denn die beiden darüber, dass sie reisen wollten; nun war Abu Kir froh, dass auch Abu Sir Lust zum Reisen hatte und sang die Worte des Dichters:
    Zieh fort aus deinem Land, erstrebe hohe Dinge
    Und reise! Reisen bringt doch Nutzen fünferlei:
    Es macht von Sorgen frei, lässt dich dein Brot gewinnen,
    Bringt Wissen, feine Bildung, edle Kumpanei.
    Und wenn es heißt, das Reisen bringe Gram und Kummer
    Und Trennung der Gemeinschaft, schwerer Mühen Leid,
    So ist der Tod dem Manne besser als ein Leben
    Im Hause der Verachtung zwischen Hass und Neid!
    Nachdem die beiden sich also zum Aufbruch entschlossen hatten, sprach Abu Kir zu Abu Sir: “Lieber Nachbar, jetzt sind wir Brüder geworden und es gibt keinen Unterschied zwischen uns. Daher geziemt es uns, die Fätiha daraufhin zu sprechen, dass, wer von uns Arbeit hat, aus seinem Verdienst den ernähren soll, der keine Arbeit hat und dass wir alles, was übrig bleibt, in eine Truhe legen. Wenn wir dann nach Alexandrien zurückkehren, so wollen wir es zwischen uns gerecht und ehrlich teilen.” “So sei es!” erwiderte Abu Sir; und nun sagten beide die Fätiha her darauf hin, dass der Arbeitende aus seinem Verdienste den Arbeitslosen ernähren solle. Darauf schloss Abu Sir den Laden und übergab den Schlüssel ihrem Verwalter; Abu Kir aber ließ den Schlüssel bei dem Boten des Kadi und ließ den Laden ver schlossen und versiegelt zurück. Beide nahmen ihre Habseligkeiten mit und machten sich auf die Reise, indem sie eine Galeone bestiegen, die auf dem Salzmeer fuhr; noch am selben Tage gingen sie unter Segel und das Glück war ihnen hold. Zur höchsten Freude des Barbiers war unter allen, die sich an Bord der Galeone befanden, kein einziger Barbier, wiewohl dort hundertundzwanzig Menschen waren außer dem Kapitän und den Seeleuten. Als man nun die Segel des Schiffs gespannt hatte, hub der Barbier an und sprach zum Färber: “Bruder, hier auf dem Meere haben wir Essen und Trinken nötig; aber wir haben nur wenig Zehrung bei uns. Vielleicht wird einer zu mir sagen: “Komm her, Barbier, scher mich!” Dann will ich ihn scheren für einen Laib Brot oder für einen Para oder für einen Trunk Wasser; und so haben wir beide Nutzen davon, ich und du.” “Das kann nicht schaden”, antwortete ihm der Färber, legte sein Haupt nieder und schlief ein, während der Barbier sich

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