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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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eine für solche, die andere um Geld und Gut gebracht und als Beamte das Fett des Volkes gefressen haben. Denen wird geschmolzenes Kupfer in den Magen und in die Gedärme gegossen, auch zieht man ihnen etwa die Haut ab.«
    Hu Di trat wieder vor den Höllenkönig.
    ,,Und bist du nun zufrieden?« sprach der König. »Du wirst nicht mehr sagen können, dass es keine Vergeltung gebe.«
    Darauf ließ er durch den Richter das Lebensalter des Hu Di nachschlagen.
    Der sprach: »Mit achtzig Jahren wird er ohne Krankheit sterben, nachdem er es zum Kreishauptmann gebracht.«
    Darauf nahm er ein Los-Stäbchen, schrieb einen Vermerk darauf mit roter Farbe und befahl, ihn wieder auf die Oberwelt zurückzubringen. Da kamen zwei Teufel und nahmen ihn mit sich. Sie fuhren dahin wie ein Sturmwind, und ehe er sich’s versah, waren sie an seinem Hause angelangt. Seine ganze Familie stand im Kreise umher und weinte. Ein Mann aber lag mit dem Gesicht nach oben auf dem Bett, und wie er hinsah, war es sein eigener Leichnam. Da versetzten ihm die Teufel einen kräftigen Stoß, und schon schlug er die Augen auf und kam wieder zu sich.
    Zwei Tage hatte er tot dagelegen. Als seine Leute von dem Ereignis im Tempel des Höllenfürsten gehört hatten, hatten sie ihn nach Hause geschafft. Weil aber in seiner Herzgrube noch ein wenig Wärme zu spüren war, war er noch nicht eingesargt worden. Nun aber wurde er wieder lebendig, und er erzählte die Geschichte, die hier aufgeschrieben ist.

44. Wie Muliän seine Mutter aus der Hölle holte
    Juliän war ein berühmter Buddhist aus der Tang-Zeit. In früher Jugend ging er ins Kloster und erwachte zur Erkenntnis des Sinns und ward zum Buddha. Seine Mutter aber war roh und neidisch in ihrem Wesen. Sie mißachtete die Gottesgaben, trat das Brot mit Füßen; Nahrungsreste lagen allenthalben bei ihr auf dem Boden umher. Und wenn ein Bettler kam und um Essen bat, so achtete sie seiner nicht. Darum bekam sie Schlingbeschwerden und musste lange Tage Hunger leiden. Dann starb sie. Zwei Teufel schleppten sie fort. Auf dem Wege ins Jenseits ging es über den Totenberg und den Fluss der Unterwelt, und die Teufel quälten sie auf jegliche Weise. Als sie in der Unterwelt ankam, war der Totengott sehr zornig und befahl, sie in die Hungerhölle zu sperren. Vor Hunger knurrten ihr die Eingeweide wie der Donner; aber kein Körnchen bekam sie zu essen. Jedesmal, wenn sie vor Hunger schrie, so stimmten alle hungrigen Geister ein. Darum hefteten die Schergen ihr die Zunge mit einer eisernen Ahle fest, dass sie keinen Laut mehr von sich geben konnte, und zündeten ihr zwei Lampen vor den Augen an, dass sie nichts mehr sah. Gerne wäre sie noch einmal gestorben; aber es ward ihr nicht zuteil.
    Zu jener Zeit hatte Muliän die Stufe des Buddha erreicht. Er wußte, dass seine Mutter tot war. So stieg er hinunter in die Unterwelt und trat vor den Totengott. Er wollte seiner Mutter eine Almosenschüssel voll Reis zum Essen bringen. Der Totenfürst gab die Erlaubnis, doch sagte er: »Ich fürchte, sie wird essen wollen, aber es wird ihr nicht gelingen. Der Strafe, die man sich selber zugezogen, entgeht man nicht.« Muliän ging nun zu der Hungerhölle und verlangte seine Mutter zu sehen. Da löschten die Schergen die Lampen vor ihren Augen und lösten ihre Zunge. Als Muliän seine Mutter erblickte, warf er sich schluchzend vor ihr nieder, und auch die Mutter weinte und sprach: »Ich bin sehr hungrig.« Muliän brachte ihr in seiner Almosenschale Essen dar. Aber wie sie es schlucken wollte, da schlug das Feuer in ihrem Leib ihr zum Munde heraus, so dass sie nichts zu sich nehmen konnte. Darauf schleppten die Schergen sie wieder in die Hölle zurück und schlossen die Tür hinter ihr zu.
    Muliän war schmerzlich ergrimmt und schlug aus aller Kraft mit seinem Eisenstabe gegen die Kerkertür, bis sie barst. Dann nahm er seine Mutter auf den Rücken und trug sie zum Himmel empor. Aber hinter ihm drängten sich Hunderttausende von hungrigen Teufeln nach, die sich nach allen Richtungen zerstreuten und sich wieder ins Leben stahlen. Der schrankenlosen Kraft eines Buddha wagte der Totengott sich nicht entgegenzusetzen; doch ließ er durch den Gott des Großen Berges dem Herrn des Himmels Meldung machen. Der entschied: »Muliän hat seine Mutter gerettet. Dabei zeigte er eine lobenswerte kindliche Gesinnung. Deshalb soll seiner Mutter verziehen sein. Er hat aber auch die eingesperrten Verbrecher alle herausgelassen, die über die lebenden

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