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Maerchen aus Malula

Titel: Maerchen aus Malula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Stunden.
    Nacht für Nacht schlich der junge Händler zu seiner Geliebten. Nun, Liebe bleibt am wenigsten für den geheim, dem sie verweigert wird. So bemerkte der Prinz, dem die Tochter des Wesirs versprochen war, immer mehr ihre abweisende Haltung. Er ließ einen seiner Sklaven seine Verlobte überwachen, und dieser erfuhr alsbald, daß die Wesirstochter jeden Tag zum Laden ging, nicht nur, um ihren Geliebten zu sehen, sondern auch, um ihm genau zu sagen, wie er am besten heil zu ihr schleichen könne. Als der Prinz dem ahnungslosen Vater das erzählte, schäumte dieser vor Wut. Weil er aber unmittelbar danach in einer wichtigen Angelegenheit vor dem Sultan erscheinen mußte, bemühte er sich, seinen Zorn zu unterdrücken, doch der schlaue Sultan bemerkte bald den Kummer seines engsten Vertrauten.
    »Was ist mit dir, alter Knabe. Du bist heute ungenießbar!« Der Wesir versuchte sich herauszureden, doch der Sultan unterbrach ihn: »Mein Lieber, nun sind wir beide über dreißig Jahre zusammen. Wir sindmehr als Freunde geworden. Wie oft hast du mir mein Leben gerettet, und noch öfter, als ich dir je erzählen könnte, zerschlug ich die niederträchtigsten Intrigen, die gegen dich gerichtet waren. Nun erzähle mir, und ich verspreche dir, ich werde alles daransetzen, daß deine liebe Seele wieder munter wird.« Die Worte des Sultans erleichterten dem Wesir die Last, er erzählte von seinem Kummer, da er weder dem Bericht des Prinzen ganz vertraute, noch wollte, daß sich irgendein Fremder in diese Angelegenheit einmischte.
    »Da bleibt nur eins, alter Freund. Wir werden die Sache selbst in die Hand nehmen, und wehe dem Händler, wenn er deine Ehre in den Schmutz gezogen hat, dann wird er für sein leichtes Blut seinen Kopf verlieren.« Also legten sich die beiden Derwischkleider an und begaben sich zum Gewürzhändler. Sie verweilten in der Nähe des Ladens und beobachteten den schönen Mann. Nach einer Weile erblickte der Wesir eine Zofe seiner Tochter, die rasch auf den Laden zueilte. Der Sultan mischte sich unter die Kunden und lauschte den Worten der Sklavin. »Meine Herrin ist heute krank. Du sollst aber um Mitternacht kommen. Sie wartet auf dich«, flüsterte die Frau und eilte davon. Der Händler füllte eine große Tüte mit Rosinen, Nüssen und kandierten Früchten und übergab sie dem Sultan. »Guter Derwisch«, flehte er ihn an, »bete für meine Geliebte, und wenn sie gesund wird, bekommst du jeden Tag eine solche Tüte von mir.«
    »Ja, ja, ich werde für sie und dich beten«, näselte der Sultan und kehrte zum Wesir zurück.
    »Was hast du erfahren?« fragte dieser besorgt.
    »Du weißt, alte Herrscher haben schlechte Ohren«, erwiderte der Sultan. »Erst das Auge kann uns klüger werden lassen«, fügte er hinzu, aber in seinem Herzen fühlte er eine merkwürdige Angst. »Der Junge ist großzügig. Er gab mir diese Rosinen, Nüsse und kandierten Früchte und bat mich darum, für das Herrscherhaus und seine Minister zu beten. Hier, nimm, sie sind köstlich.«
    Aber den Wesir beschäftigte nur eine Frage: »Und wann sollen wir sie sehen?«
    »Um Mitternacht«, antwortete der Sultan, und so schlichen die zwei in den Garten des Ministers und kletterten dort in die Krone eines alten Walnußbaumes. Dort konnten sie die Tochter in ihrem Bett liegen sehen. Sie mußten nicht lange warten, denn schon ging das Fenster auf, und der junge Händler schlüpfte ins Zimmer hinein. »Wo kommt der jetzt so plötzlich her? Hast du ihn bemerkt?« flüsterte der Minister.
    »Nein, du siehst doch, er hat sich schwarze Kleider angelegt«, flüsterte der Sultan; seine Augen weiteten sich, als er sah, wie die Liebenden ihre Kleider ablegten und auf dem großen Bett ihr wildes Liebesspiel trieben. Genüßlich schaute er den beiden zu, doch der Minister eilte hinunter. »Den werde ich eigenhändig umbringen«, rief er.
    Unten angekommen, schrie er die verschlafenen Wächter an und hetzte sie ins Gemach seiner Tochter. Dort konnten sie ohne große Mühe den jungen Händler festnehmen. Die Tochter schrie, doch es half nichts.
    »Nun, du hast versprochen, ihn zu köpfen«, erinnerte der Wesir seinen Herrn.
    »Das werde ich morgen früh auch tun. Schade um seine Jugend und seine Schönheit«, seufzte der Sultan und ging schlafen.
    Am nächsten Morgen eilte der Wesir zum Palast. Der Sultan ließ den jungen Händler vorführen. »Du hast einer edlen Familie Schande zugefügt. Dafür mußt du sterben!« sprach er. Er gab seinem

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