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Maerchen aus Malula

Titel: Maerchen aus Malula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Ohrfeigen gegeben habe, die mir die Bauern versetzt haben. Er nahm heute mein Geld und wollte mir wieder seine Schundware andrehen.‹
    Der Händler sprang auf. ›Er lügt, ich habe kein Geld von diesem Halunken gesehen‹, schrie er. Der Kadi schaute mich an. ›Das kann man feststellen. Hast du ihm wirklich Geld gegeben?‹ fragte er mich.
    ›Sehe ich wie ein Lügner aus? Ich habe ihm vierhundertundfünfzig Piaster für die Jacken bezahlt. In drei Bündeln habe ich sie ihm überreicht, so wie meine gute Frau sie gezählt und mit einem roten Faden umwickelt hat. Sie hatte Angst, daß ich sie verliere. Meine Frau …‹
    ›Ist ja gut. Wir wollen hier keine Geschichten hören. Wenn das Geld beim Händler ist, dann muß er dir das Doppelte zahlen, damit er andere nicht mehr reinlegt. Doch wehe dir, Bauer, hüte dich vor meiner Gerechtigkeit, wenn du gelogen hast‹, rief der Richter und ließ zwei Polizisten in den Laden eilen. Ich rief ihnen nach: ›In die rechte Schublade am großen Tisch hat der Gauner das Geld gesteckt.‹
    Der Händler lachte über mich, doch er wurde blaß, als die Polizisten mit den drei Bündeln zurückkamen und berichteten, daß sie sie in der rechten Schubladegefunden hätten. Da tobte der Richter und verdonnerte den Händler, mir weitere vierhundertundfünfzig Piaster auszuzahlen.«
    Dem Textilhändler erging es am nächsten Tag nach Machuls Besuch nicht besser als dem Besitzer des Hosenladens, der es zur gleichen Zeit nicht mehr aushielt und vor Ziki nackt auf die Straße rannte.
    Machul zählte die Piaster und war nun zufrieden. »Morgen kümmerst du dich um die Einkäufe für deine Lieben, und ich nehme mir den freundlichen Gastgeber vor«, sagte Ziki.
    »Laß mich es machen. Ich werde ihm den Hals umdrehen, weil er die Gastfreundschaft mißachtet hat«, wandte Machul ein. Doch Ziki bestand darauf, das Vergnügen allein zu genießen. Er überließ seinem Freund das Pferd, damit er die Sachen aufladen konnte, die die Verwandten bestellt hatten, und machte sich auf den Weg zu der Gasse, wo der Gastgeber mit dem Korb der Wünsche lebte. Es war noch sehr früh am Morgen, als er sich nahe beim Haus des Gauners auf die Straße setzte und anfing, laut zu heulen: »Wäre ich nur nicht nach Damaskus gekommen. Ach, ich Unseliger, wäre ich nicht in diese gottverfluchte Stadt gekommen.« Er klagte so lange, bis der Gauner aus dem Haus trat. »Was ist mit dir, Bauer?« fragte er.
    »Die Städter haben mich um die Hälfte meines Geldes gebracht, wie soll ich bloß meinem Bruder in die Augen schauen«, jammerte er laut und schlugsich so stark auf den Kopf, daß der Gauner zusammenzuckte.
    »Hast du denn so viel Geld verloren?« fragte er, Besorgnis heuchelnd.
    »Viertausend Piaster. Er wollte einen Wagen voller Kleider für seine dreiunddreißig Söhne und Töchter. Gott, wäre ich Unglücksrabe doch nur nicht in diese Stadt gekommen«, wimmerte Ziki leise. »Ist halb so schlimm«, beruhigte ihn der Gauner. »Komm erst einmal etwas frühstücken, dann werde ich dir helfen«, lockte der Mann und zog Ziki an der Hand, aber der Koloß blieb wie ein Fels sitzen.
    »Du willst mich bestimmt ausrauben. Ich traue keinem mehr in dieser Stadt«, antwortete er und entzog seine Hand dem Griff des aufdringlichen Gastgebers.
    »Um Gottes willen, was denkst du bloß von mir. Ich bin ein gläubiger Mensch. Ich will dir nur helfen«, sagte er.
    »Gibt es auch gute Leute in dieser ungesegneten Stadt? Gott erbarme sich deiner Toten, weil du einem Bauern helfen willst«, erwiderte Ziki erleichtert und folgte dem Mann, der ihn, wie schon Machul, vor der Tür warten ließ. Ziki wartete geduldig, bis der Mann kam und ihn in das Gästezimmer führte, wo der ungedeckte Tisch unter dem großen Korb stand.
    »Wir wollen Quark und Käse essen. Honig und Oliven sollen auch nicht fehlen. Korb, o Korb, erfülle mir meine Wünsche«, rief der Gastgeber.
    »Nicht doch, was ist das denn? Willst du mich zum Narren halten?« Ziki mimte den Ahnungslosen. Der Gastgeber aber zog den Korb herunter und nahm die Teller und Schüsseln mit den Speisen heraus, die er sich gewünscht hatte. Doch Ziki leerte sie noch schneller, als der Mann sie auf den Tisch stellte.
    »Wenn das so ist, dann brauche ich ja keine Gewissensbisse zu kriegen. Laß deinen Korb mir ein mit Fleisch und Nüssen gefülltes Huhn nach diesen Vorspeisen bringen«, rief er begeistert. »Ich habe vor lauter Kummer seit Tagen nichts mehr gegessen.«
    »Am frühen Morgen Huhn.

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